Crisis? What Crisis?

Ein Supertramp-Album wirft die selben Fragen auf wie die aktuelle Kulturpolitik, meint Stefan Haslinger.

 

Schon gehört? In Zeiten der Krise bleibt alles anders. Die Krise hat sich zum Erklärungsbegriff Nr. 1 für alles etabliert. Die Krise ist unser täglich Brot.

Im Kulturbereich in Österreich war die Krise bis jetzt nicht sehr präsent, einmal abgesehen davon, dass für die Absage des Projekts »Der heilige Berg« bei Linz 2009 sie auch die dankbare Erklärung lieferte.

Aber im Gegensatz zu Deutschland, wo sich der Deutsche Kulturrat schon Anfang des Jahres Gedanken über ein Konjunkturpaket für die Kultur machte, war die Krise bislang noch kein großes Thema, wenn es um Kultur(politik) ging.

Doch plötzlich scheinen sich die Vorzeichen zu wenden. Bei der Eröffnung der Landesausstellung in Schlierbach, im April 2009, verwendete LH Pühringer einen Gutteil seiner Eröffnungsansprache darauf, die Umwegrentabilität und somit den Nutzen für die Region durch die Landesausstellung zu erörtern. Ein kurzer Auszug aus der Rede: »Aus Studien wissen wir, dass gerade von diesen Investitionen (Verbesserungen der Infrastruktur, Anm.) eine hohe regionale Wertschöpfung ausgeht. Jeder von der öffentlichen Hand investierte Euro wird der Region fünf- bis siebenfach zugute kommen.«

Was passiert hier? Ist Wahlkampf und gleichzeitig Krise? Ist es plötzlich so, dass – in Zeiten der Krise – Kultur hauptsächlich über ökonomische Faktoren legitimiert werden muss, und der gesellschaftliche Wert ins Hintertreffen gelangt?

LH Pühringer hat dies auf Nachfrage verneint, und meint dazu: »Ich bin zutiefst überzeugt, dass es einem grundlegenden Bedürfnis des Menschen entspricht, sich mit Dingen auseinander zu setzen, die sich nicht mit dem Maßstab des Nutzbaren messen lassen. Künstlerisches und kulturelles Schaffen hat enorme Bedeutung für eine Gesellschaft und ihre Weiterentwicklung. Neben dem ideellen Wert der Investitionen in Kunst und Kultur sind sie in manchen Bereichen aber in der Lage, materiellen Wert zu lukrieren. Hier meine ich etwa die 250 Millionen Euro, die das Land Oberösterreich in Kulturbauten in Linz investiert. Alleine beim Musiktheater bringt das 1.600 Arbeitsplätze während der Bauphase. Dazu kommen erfolgreiche Ausstellungsprojekte, wie die Oö. Landesausstellungen, wo jeder investierte Euro sechsfach zurück kommt. Dieser Zusatznutzen zum ideellen Wert, der selbstverständlich im Vordergrund zu stehen hat, wird oft vergessen.«

Das alles stellt ein Problem dar. Denn die simple Konklusio aus diesem Statement kann nur sein, dass dort, wo finanziell potente InvestorInnen (wie das Land OÖ) tätig sind, auch materieller Wert lukriert werden kann.

Und in der öffentlichen Wahrnehmung geht es (meistens) ums Geld, wenn es um Kultur geht. Auch wenn LH Pühringer von einem grundlegenden Bedürfnis spricht, welches vorhanden sein mag oder nicht, ist der Verdacht trotzdem nahe liegend, dass die Legitimation von Kultur(arbeit) sich nicht mehr auf den gesellschaftlichen Mehrwert reduzieren kann, sondern andere (materielle) Werte zu gelten haben. In Zeiten der Krise.

Diese materiellen Werte zu produzieren sind die Initiativen der freien Kulturarbeit nicht in der Lage. Und die finanziell bewertbare Umwegrentabilität ist wohl auch vernachlässigbar.

Gerade aber deshalb braucht es ein politisches Bekenntnis für die Arbeit freier Kulturinitiativen, die nicht mildtätig oder karitativ tätig ist, aber auch keinen Geldwert produziert. Ein Bekenntnis für eine freie Kulturarbeit, die aber gerade deshalb so notwendig ist, um eine Ausgewogenheit und gleichzeitig eine Vielfalt auf dem kulturellen Feld schaffen.

Und gerade in Zeiten der Krise muss dieses Bekenntnis hörbar sein!