Lamborghini Briefe

Doppelagentin Mata Hari als Kleinstzelle des antialkoholischen Rauschwiderstandes

 

Ach, ach Liebling, was hab ich mich gefreut, endlich eine Gelegenheit, dich persönlich kennen zu lernen, liebster Martin, der durch die Gazetten reitet auf Gazellen um gleich im nächsten Moment auf den Elefanten zu wechseln, der ja ein recht aggressives Tier im Porzellanladen sein soll. Aber Moment mal, gar nichts ist passiert: da flattern bei all den anderen Showgirls und Showboys die Einladungen zum persönlichen Gespräch ein, nur mein Briefkasterl bleibt leer. Alle hatten so schöne Briefe zu lesen, wie »Liebe(r) Soundso, du hast so harsche Kritik an Linz09 geübt, wir würden gerne mal mit dir plaudern, weil es uns interessierst, was du zu sagen hast. Komm und besuch’ uns doch mal in unserer schönen Hütte, ich spendier dir ein Original Linz09 Sodawasser.« Ich warte und nichts passiert, keine Doppelagentinnenkollegin, die mir vertraulich zu zwinkert und sagt, da, ein Kassiber für dich, nix und das seit Wochen. Vielleicht liegt es ja auch daran, dass du und deine Crew Satire nicht versteht, aber muss ich noch messerschärfer werden, dass du mich als Kleinstzelle des antialkoholischen Rauschwiderstandes wahrnimmst? Ich werde mit dir noch ein paar Sodalaschen köpfen, bis deine Spionageabteilung endlich alle dreckigen Ecken, alle gestopften Vernissagen und hippen Donaumusicboxdampfer nach mir durchkämmt hat. Aber vielleicht weißt du eh, dass du mit mir und den Kumpaninnen kein so ein leichtes Spiel hast. Weil wir haben längst durchschaut, worauf du stehst: »This is my highschool!« singen die Lesbians on Ecstasy in ihrem Lied »Pleasure Principal«, und als das würdest du dich sicher gern sehen. Der strenge, aber gerechte Prinzipal einer Highschool irgendwo in einem Teil einer verkommenen Stadt, die einmal tüchtig durchgeputzt werden muss. Zuerst wird eine Sporthalle gebaut, weil das Trillerpfeiferl ist deine beste Freundin, dann werden Kameras aufgehängt, um der Graffiti-Gang eine aufzulegen und dann ladest du dir die kritischen Gscheiteln ein, um ihnen zu sagen, wo es lang geht. Kritik kanalisieren, so nennt das das Managementhandbuch, Kritik einnähen, so nenn’ ich das. Mit dem »Ich spreche mit allen und jedem!« verfolgst du nur eine Autoimmunisierung gegen unerwünschte Beurteilung von illegitimen KulturstreiterInnen. Wir kennen uns aus mit dem Feudalismus in OÖ, da reicht es nicht, auf einem Elefanten daherzureiten und zu schreien: »Provinz, überall wo ich hinschau – MEINE Provinz.« Irgendwann, wenn dann die Stahlstadt deinen Elefantendung verschluckt hat, werden wir mit Stereo Total und dem Chor der Verdammten singen: Du bist schön von hinten Mit ein paar Metern Entfernung Schön bist du im Nebel, wenn du gehen musst Bitte, bleibe nicht bei mir Zeig mir deinen Rücken Am Schönsten bist du, wenn du gehen musst Löse dich in Luft auf Hinterlass keine Spuren Zeig, wie du aussiehst, wenn du nicht mehr bist Ich bedanke mich herzlich Ich hatte viel Spaß mit dir Aber ohne dich war es auch nicht schlecht Vielleicht besser sogar Und tschüss, Mata

Mata Hari ist Doppelagentin und arbeitet hie und da.