Das röda im Steyrer Wehrgraben ist seit zehn Jahren ein subventioniertes Kulturhaus, das eine damals aufblühende subkulturelle Landschaft in sich vereint. Eine Geschichte über den Steyrer Kulturverein von Peter Königsgruber
Eine Geschichte über den Kulturverein röda könnte man ganz pathetisch beginnen. Mit Tocotronic z.B., die in „let there be rock“ die Jugendlichen besingen, die sich in der langweiligsten Landschaft der Welt etwas selbst aufgebaut haben oder mit Rio Reiser, der lauthals verkündet, dass das jetzt unser Haus sei. Doch – weder betreibt der Kulturverein röda ein besetztes Haus noch steht es in der langweiligsten Landschaft der Welt. Ganz im Gegenteil. Das röda im Steyrer Wehrgraben ist seit zehn Jahren ein subventioniertes Kulturhaus, das eine damals aufblühende subkulturelle Landschaft in sich vereint.
Meine aktive röda-Geschichte beginnt mit den Vorbereitungen zu den 5-Jahres-Feiern 2002. Geplant war einiges an medialer Produktion (Zeitung, Radio, …) und natürlich eine obligate mehrtägige Sause im Haus. Das »Jahrhunderthochwasser« verwandelte diese Bestrebungen in Benefizveranstaltungen, um das röda wieder sauber und trocken zu kriegen. Seitdem bin ich im röda »engagiert«, wie es so schön heißt. Engagiert in allen Ecken und Enden, die ein Kulturverein eben bietet.
Natürlich gab es auch eine Zeit vor dem röda. Die Möglichkeiten, sein kulturelles Engagement in Steyr auszuleben, waren aber nur begrenzt vorhanden. Im Kulturverein Kraftwerk z.B., der damals unregelmässig und in unterschiedlichen Räumen Konzerte veranstaltete. Oder in Form von privaten / schulischen Initiativen, die auf eigene Faust veranstalteten. Aber es gab keine Anlaufstelle, keine Telefonnummer, keinen Fixpunkt, der diese Energien bündeln konnte. Es dürfte also ziemlich schwer gewesen sein, von der KonsumentIn zur ProduzentIn zu werden. Etwas, das heute (theoretisch) einfacher geht. Einfach ins röda reinmaschieren, sich durch etablierte Strukturen kämpfen und schon ist man dabei im „offenen, alternativen und selbstverwalteten Raum für junge zeitgenössische Kunst und Kultur in Steyr“ wie es in der Selbstbeschreibung auf roeda. at heißt – theoretisch. Praktisch gilt es sich zu arrangieren mit einer Handvoll Leute, die das Haus auf (ihrem) Kurs halten wollen/müssen/ dürfen/können. Einen guten (und leider auch den einzigen) Überblick, woher sich das röda entwickelt hat und wessen Spuren wo sichtbar sind bietet der Band „Jugendkultur in Steyr“. Die Wurzeln reichen da bis in die späten siebziger Jahre.
Die offizielle Geschichtsschreibung geht etwa so: Das röda öffnete Ende November 1997 mit einem dreitägigen Fest feierlich seine Pforten. Ein Jahr lang wurde eine ehemalige Schnitzerei von ehrenamtlichen KulturaktivistInnen zu einem lang erkämpften Kulturhaus umgebaut. In drei weiteren Jahren wurde das Haus vervollständigt. Ein Veranstaltungssaal, Proberäume für Bands, ein Beisl mit Gastgarten, ein Jugendzentrum, Büro- und Backstageräume finden in der rund 1.000 qm großen Liegenschaft im Besitz der Stadt Steyr Platz. Zuvor fand diese (sub)kulturelle Energie Ausdruck in Form des Kulturverein Kraftwerk, der bereits jahrelang Konzerte in wechselnden locations veranstaltete. Heute organisiert der Kulturverein röda über hundert Konzerte, Lesungen, DJ-lines, … mit tausenden BesucherInnen pro Jahr und bietet einem Jugendzentrum sowie privaten Initiativen Raum. Zehn Jahre lang fährt das röda-Schiff also bereits. Ständig am Limit – sowohl finanziell wie auch personell. Ein Schicksal, dass wohl jeder Kulturverein teilt und sich auch in Programm und Ästhetik spiegelt. Die Euphorie der Aufbaujahre sowie der Elan der Post-Hochwasser- Wiederaufbau-Monate sind einem professionellen Veranstaltungsalltag gewichen, der mit einigen Angestellten und vielen ehrenamtlichen Stunden abgewickelt wird.
20 Jahre röda Nachdem die Feierlichkeiten zum Geburtstag vorüber, die Hymnen verfasst und die verdienten Mitglieder geehrt sind, wird der Blick wieder nach vorne gerichtet. 2017 steht das Haus immer noch, mit welchen Inhalten es gefüllt sein wird, hängt aber vom Engagement und Bedarf der Steyrer Kulturszene ab. Laute Musik, wilde Parties und vereinsinterne Kämpfe werden auch dann noch Saison haben.
Meine aktive röda-Arbeit wird dann wohl Geschichte sein. Gelernt habe ich allerdings ein ganze Menge. Von ganz praktischem Veranstaltungs-Know-How bis hin zu strategischem Agieren in Interessenskonflikten. So ein Kulturverein ist eine gute Schule, und vielleicht ist daraus in zehn Jahren eine staatlich anerkannte Kulturvermittlungsinstitution geworden, die mit fetten Förderungen und großen Freiräumen die Akteure der cultural industry 2027 produziert. Falls es in zehn Jahren den Staat noch gibt, aber das ist ein anderer Traum.
Das Buch „Jugendkultur in Steyr“ der Edition Wehrgraben (ISBN 3-901166-07-6) gibt’s im röda sowie im gut sortiertem Buchhandel.
Peter Königsgruber ist seit fünf Jahren im Kulturverein röda in den verschiedensten Funktionen tätig.