Ausnahmezustand Heimat

„Rebranding Images“ lautet der Titel des von Franz Fend empfohlenen Buches.

 

Vor mehr als zehn Jahren hat die KUPF ein Organisationshandbuch herausgegeben, welches die Aktivistinnen in den Mitgliedsvereinen in ihrer täglichen Arbeit unterstützen sollte. Der Historiker und frühere KUPF- Aktivist Martin Wassermair hat nun in Zusammenarbeit mit der Kulturwissenschafterin Katharina Wegan „ein streitbares Lesebuch zur Geschichtspolitik und Erinnerungskultur in Österreich“ herausgegeben, dem ein ähnlicher Erfolg zu wünschen wäre, wie dem Organisationshandbuch. Es sollte in keiner Kulturvereinsbibliothek fehlen, es sollte immer wieder zur kulturpolitischen Gewissenserforschung in den Initiativen herangezogen werden. Denn viele der Mitgliedsvereine sind in einer Zeit entstanden, als es wieder weniger anrüchig war, sich positiv auf Heimat zu beziehen. Viele sind sogar angetreten, Heimat wieder heimeliger zu machen, mit ihrer Kulturarbeit Heimat mit alternativen Inhalten zu füllen. Heimat ist als Rückzugsterrain gegen Europäische Integration oder gegen die Folgen der allgegenwärtigen Globalisierung verhandelt worden. Viele Kulturinitiativen haben ihren (oft ungewollten) Beitrag dazu geleistet, dass rückwärtsgewandte Identitätspolitiken und nationalistische Erzählungen hegemonial werden konnten.

Insbesondere das so genannte Gedenkjahr 2005 brachte einen ungeheuerlichen Aufschwung an revisionistischen Geschichtsbildern. Österreichs Geschichte der zweiten Republik wurde in eine „Erfolgsgeschichte“ umgedeutet, die Mittäterschaft an den Verbrechen des Faschismus aus der Geschichte hinausgedeutet, faschistische Kontinuitäten ausgeblendet, Heimat und Patriotismus als Paradigmen etabliert, an denen es mehr festzuhalten gelte, als an den Prinzipien der liberalen Demokratie, wie dies der damalige Salzburger Landeshauptmann Schausberger kund tat.

Wassermair und Wegan haben in „Rebranding Images“ eine Auswahl von Aufsätzen versammelt, die den herrschenden Geschichtsbildern, wie sie vor allem vom öffentlich rechtlichen Fernsehen in die Köpfe des Publikums eingebrannt worden sind, entgegenhalten und Gegenbilder in Umlauf zu bringen, welche die herrschenden Identitätspolitiken dekonstruieren. Es geht den HerausgeberInnen nicht um eine Vereinheitlichung des kritischen Gegenblicks, sonder darum, viele kontroversielle Gegenpositionen darzustellen. Ein wichtiger Beitrag in einer Zeit, in der der Ausnahmezustand das herrschende Paradigma des Regierens geworden ist, wie die Giorgio Agamben dies formulierte. Patriotismus und Heimattümelei sind wesentliche Werkzeuge zur Herstellung dieses Ausnahmezustands.

Franz Fend lebt und arbeitete in Linz.