Förderpolitiken!

Stefan Haslinger im Gespräch mit Josef Ecker, Alois Fischer und Harald Schmutzhard.

 

Ein Gespräch mit Mag. Josef Ecker (Landeskulturdirektion), Alois Fischer (Jazzatelier Ulrichsberg) und Harald Schmutzhard (Social Impact) zu Fragen der Fördervergabe, Transparenz und zu dem Gefühl dass die Politik doch immer mitmischt.

KUPF: In den letzten Jahren wurde verstärkt von einem Wandel im kulturellen Feld gesprochen. Das Aufbrechen von Grenzen der Kulturarbeit hin zu anderen Bereichen wie Soziales, Migration, aber auch die “Vermischung” von Kunst und Kultur. Herr Mag Ecker, sie sind seit mehr als 15 Jahren in der Kulturverwaltung tätig. Wie haben sie diesen angesprochenen Wandel wahrgenommen? Wo gab es Änderungen, Einschnitte mit denen sie konfrontiert waren?

Josef Ecker: Es hat sich in den letzen 15 Jahren irrsinnig viel getan. Der Bereich Zeitkultur ist als eigener Förderbereich entstanden. Die ersten 5 Jahre brachten einen massiven Wandel, es musste erst einmal Verständnis herbeigeführt werden für diese Förderschiene. Das spiegelt sich in den Budgetzahlen wider, die in diesen Jahren, Anfang der 90er, sehr stark gestiegen sind.
 

KUPF: Hat es, bezogen auf den Wandel des kulturellen Feldes, einen Reaktionsbedarf gegeben? Damit meine ich, dass Initiativen entstanden sind, die ein spezielles Segment der Kulturarbeit abdecken wie MigrantInnen, Frauen, Medien, und nicht in das ”klassische” Bild der Kulturinitiativen passen.

JE: Zu der Zeit, als diese Initiativen entstanden, war das keine Überraschung mehr, dass Vereine gekommen sind mit einem eigenen Aufgabenfeld, mit eigenen Richtungen die sie da verwirklichen. Wenn das vor 15 Jahren der Fall gewesen wäre, hätte das anders ausgeschaut.

KUPF: Wie ist eure Wahrnehmung als Fördernehmer in Bezug auf die Förderpraxis den Kulturinitiativen gegenüber?

Alois Fischer: Ich würde einmal sagen, dass diese jahrelange Forderung der KUPF nach einer Drittel-Förderung durch das Land aus der Sicht des Jazzatelier stabil gewährleistet ist. Selbst das Thema der mehrjährigen Förderverträge finde ich im Grunde relativ gut gelöst so wie es bei uns ist, dass das Vertrauen und die Sicherheit besteht, dass bei gleichem Programmumfang, bei gleicher Qualität im etwa gleichen Ausmaß weitergefördert wird. Unsere Situation ist relativ berechenbar. Wir haben keine Riesenprojekte, die das Budget explodieren lassen.

Harald Schmutzhard: Aus der Sicht von Social Impact stellt sich die Situation anders dar. Uns ist es in den 9 Jahren unseres Bestehens eigentlich nie gelungen, entsprechend öffentliche Förderung zu bekommen, von keiner Körperschaft, was bei uns immer Diskussionen hervorruft. Social Impact zählt zu den anerkanntesten Initiativen Oberösterreichs, und wir sind auch international tätig. Es ist für uns immer sehr überraschend, wenn wir abschlägige Bescheide auf unsere Förderansuchen bekommen. Bei Bereichen, wo es um Juryentscheidungen geht, bei Wettbewerben, bei Preisen finden wir dagegen sehr guten Anklang. Das führt dazu, dass die Stadt München mehr für Social Impact zahlt als das Land OÖ. Hier ist die Frage, wie so etwas zustande kommt.

KUPF: Die Frage, die du aufwirst, ist sicher eine spannende. Wie kommt es zu Förderentscheidungen? Es gibt Förderrichtlinien, aber wie wird konkret über Förderungen entschieden?

JE: Das erste und wichtigste Kriterium ist die inhaltliche Komponente. Hier geht es um die Frage: Wie weit ist zur Kultur ein Bezug herzustellen? Inwieweit ist das innovativ? Sind das kulturelle Äußerungen, die unterstützenswert sind? Dann schauen wir, wie weit das finanzierbar ist, ob sich die öffentliche Hand beteiligen kann. Andere Bezüge sind noch z.B. das regionale Umfeld und die Professionalität. Das sind die wesentlichen Punkte.

KUPF: Hinter diesen Kriterien muss aber noch etwas stecken. Die Letztentscheidung trifft ja der Referent. Und dieses Zusammenspiel hat ja den Beigeschmack, dass es auch um ein Politikum geht.

JE: Der politische Referent hat letztendlich das Sagen über Förderungen. Nur aufbereiten müssen es wir. Ein Politiker kann nicht in jedem Gebiet Fachmann oder Fachfrau sein. Hier gibt es die Leute in der Fachabteilung. Wir schlagen nach den Kriterien – die ich erwähnt habe – vor, welche Förderung möglich ist, und die meisten Fälle gehen auch so an die Förderwerber weiter.

HS: Ich bin selber in der Kulturpolitik im Linzer Gemeinderat tätig gewesen. Gerade in der Politik war es immer das Anliegen, dass im wesentlichen gleiche Anträge auch ähnlich zu behandeln sind. Hier fällt uns auf, dass es oft gravierende Unterschiede gibt. Bei Social Impact macht die Jahresförderung des Landes einen Bruchteil dessen aus, was vergleichbare Initiativen aus dem Großraum Linz bekommen. Wie kommt dieses Ungleichgewicht zustande? Gibt es eine politische Einflussnahme? Ist die Freiheit der Kunst nur ein Lippenbekenntnis?

JE: Die Gleichbehandlung ist ein ganz wichtiger Faktor. Wenn ähnlich gelagerte Fälle da sind, dann schauen wir, dass das zusammenpasst. Ich glaube aber nicht, dass ich dazu da bin, Förderfälle von Social Impact duchzubesprechen. Ich sag es grundsätzlich: Bei Social Impact ist der Inhalt ein anderer. Ihr Selbstverständnis ist sicher, dass andere ähnlich arbeiten wie sie, aber es sind noch Unterschiede da, die wir bewerten. Und Projekte, wenn sie einen Kulturbezug haben, werden auch in Zukunft gefördert werden.

HS: Das klingt jetzt so, als ob Social Impact nur ein Einzelfall ist, und es die Gleichbehandlung grundsätzlich gibt. Es geht darum, dass wir mit Social Impact dezidiert gesellschaftspolitisch agieren und intervenieren, und dass hier – um es einmal euphemistisch zu sagen – doch sensibler seitens des Kulturreferenten gefördert wird.

JE: Sie haben doch auch sehr viele Projekte, die stark in die soziale Schiene gehen. Die künstlerische Komponente dabei, also den künstlerischen Anteil, den können wir fördern.

KUPF: Dieses Aufsplitten von Kultur- und Sozialbereich in einem Projekt stelle ich mir relativ schwierig vor. Das Projekt wird ja nicht als mehrere Teilbereiche konzipiert, aber auf der anderen Seite probiert die Verwaltung diese Bereiche zu extrapolieren.

JE: Natürlich ist das schwierig, und wir können das nicht exakt machen. Es gibt auch keinen Berechnungsmodus wie das geht. Wir schauen uns das Gesamtprojekt an und ob künstlerisch gearbeitet wird.

KUPF: Was aber zu der Frage führt, wie eine Förderstelle adäquat auf solche Fälle reagieren kann, die in diesen Grenz- bzw. Schnittbereichen arbeiten. Wäre z.B. ein Modell mit Förderbeiräten für Oberösterreich denkbar? Bringt so ein Modell mehr Transparenz, mehr Spannung, oder klingt es eher zu aufwändig?

HS: Ich hab ein wenig Erfahrung mit diesen Modellen aus Deutschland. Dort funktioniert das so, dass im Herbst des Vorjahres das Jahresprogramm für das nächste Jahr eingereicht wird und ein Beirat alle Projekte für das ganze Jahr vorliegen hat. Damit kann auch die Gleichbehandlung gewährleistet werden. Wenn das Wissen über die Fülle an Projekten nicht da ist, ist es viel schwieriger, eine Gleichbehandlung zu bieten. Ich kann mir vorstellen, dass es in diesem Bereich Probleme für Kulturinitiativen gibt. Uns wurde z.B. im Juni 2005 bei einem Termin mit LH Pühringer gesagt, dass kein Geld mehr für dieses Jahr da ist. Entweder ist das ein einfaches Zurückziehen, oder wenn es wirklich so ist, dann ist die Planbarkeit und Gleichbehandlung von Initiativen gar nicht möglich. So gesehen wäre ein Modell mit Beiräten sicher fairer.

JE: Das ist sicher eine Denkvariante wie man Förderungen vergibt. Die Nachteile müssen aber auch bewusst gemacht werden. Durch so ein Modell kann es sein, dass einige Förderwerber unter den Tisch fallen. Wenn Dinge kritischer angeschaut werden und der Fördertopf gleich bleibt, dann lässt man, um neue Sachen zu ermöglichen, Alte weg. Dazu kommt der bürokratische Aufwand, Beiratssitzungen müssen gemacht werden, die Ansuchen müssen termingerecht da sein.

AF: Ich glaube, es wird durch so ein Modell möglicherweise unnötig verkompliziert. Die Problemlage von Social Impact ist sicher eine andere, aber hätten – angenommen – der Grossteil der von der KUPF vertretenen Initiativen das Gefühl, dass das System funktioniert, dann weiß ich nicht, ob man sich den Mehraufwand für einen Beirat antun sollte.

KUPF: Die Kritik von Harald war auch, dass ein großer Teil des Gesamtbudgets durch fortgeschriebene Förderungen gebunden ist, und der Spielraum für neue Projekte oder Initiativen relativ gering ist. Wie können Startförderungen für junge Vereine oder eine explizite Projektförderung dann gewährleistet werden?

HS: Die Frage ist einfach, wie junge Initiativen in den Status kommen, ein gewisses Grundkapital zu bekommen, um überhaupt ein Jahresprogramm vorbereiten zu können. Social Impact ist mit 9 Jahren keine junge Initiative, aber 3.000 EUR sind auch keine Grundsicherung.

JE: Das ist nicht so, wie Sie das darstellen, dass es nicht möglich ist. Junge Initiativen sind vielleicht im ersten Jahr noch nicht so ausgestattet wie im zweiten. Es gibt einen gewissen Anteil am Budget, der jährlich für Projekte verwendet wird. Die andere Seite sind die Jahresförderungen, die in etwa gleich bleiben. Alles wird aber nicht immer fortgeschrieben.

KUPF: Vielleicht noch einmal zum Thema Transparenz. Für Social Impact z.B. ist es offensichtlich nicht nachvollziehbar, warum wie entschieden wird. Könnte ein Mehr an Transparenz eine andere Diskussionsbasis herstellen, bzw. ist

das ein Kriterium, auf das Wert gelegt wird?

HS: Das Problem ist, dass es nicht darauf ankommt, wie die Förderrichtlinien formuliert sind, sondern es geht um den Willen jener, die damit beschäftigt sind. Appellieren würde ich hier an die Arbeitsweise. Die Schwierigkeit ist ja, Modalitäten für Transparenz zu schaffen, die nicht nur mehr Aufwand sind, sondern wirklich auch eine zusätzliche Qualität erreichen helfen. Wahrscheinlich wird der Förderbericht, wenn der öffentlich zugänglich ist, gewisse Erleichterung schaffen, weil man zwischen Initiativen vergleichen kann. Ohne den Hintergrund der Kulturvereine zu kennen, ist das auch schwierig.

JE: Es ist so wie Sie sagen. Nur anhand der Zahlen Vergleiche anzustellen ist schwierig, weil im Förderbericht nichts über das Programm oder die Arbeitsweise der Vereine steht.

AF: Es muss darauf geachtet werden, dass sich hier nicht etwas verkehrt in etwas, was keiner will. Aus meiner Sicht ist die Situation nicht so, dass es so viel mehr transparent sein müsste. Mir ist es nachvollziehbar wie entschieden wird.

HS: Über den Förderbericht kann vielleicht ein Druck von Initiativen erzeugt werden, indem sie mit vergleichenden Beispielen bei der Verwaltung auch die Gleichbehandlung einfordern können, und die Verwaltung Entscheidungen argumentieren muss.

AF: Spannend finde ich, dass man durch den Förderbericht in einigen Fällen vielleicht zu der Frage kommen könnte, ob gewisse Sachen nicht eher aus Tourismusmitteln gefördert werden müssten. Aber noch einmal, ich habe das Gefühl, und es tut mir Leid hier neben Social Impact so zu argumentieren, dass für die meisten das System, wie es ist, zufriedenstellend ist.

HS: Ich habe halt das Gefühl, je mehr man sich mit gesellschaftspolitischen Themen, sei es Migration, sei es Demokratisierung, beschäftigt, umso schwieriger wird es in diesem gut funktionierenden System, zu Förderungen zu kommen.
 

AF: Damit sprichst du von politischer Einflussnahme. Vermutest du, dass es politische Referenten gibt die sagen, nein das fördern wir nicht?

HS: Da es mit dem Budgetumfang, mit der Qualität und der Außenwirkung nicht argumentierbar ist, ist der Verdacht derzeit noch nicht ausgeräumt. Wir haben zu Prostitution gearbeitet, mit gebrochenen Wahlversprechen von der Landtagswahl, wir haben über die Einwanderung, über Polizeigewalt gearbeitet, und bei solchen Themen merkt man, dass es schwierig wird.

JE: Es war nie die Rede von politischer Einflussnahme.

AF: Was heißt das dann? Dass es ein Problem der Ressortzuordnung ist?

JE: Polizeigewalt usw., das sind aus unserer Sicht heraus in erster Linie soziale Themen mit einer künstlerischen Komponente.

KUPF: Bei Social Impact steht immer die Kunst im Vordergrund, so wie bei Ulrichsberg die Musik im Vordergrund steht. Bei Social Impact geht es um die künstlerische Aufbereitung gesellschaftspolitischer Themen. Die Argumentation, dass das soziale Themen sind, ist ein bisschen dünn.

JE: Es gibt ja einen Kulturanteil, den wir gefördert haben, aber warum soll nicht ein anderes Ressort auch fördern.

KUPF: Wie kann man das schaffen, dass dieser Verdacht ausgeräumt wird?

HS: Das einzige, was wir machen können, ist, dass wir unsere Aktivitäten auf den Tisch legen. Zur Zeit läuft kein einziges Projekt, das dem Sozialbereich zuzuordnen ist. Dann werden wir sehen, ob sich hier etwas ändert, wenn nicht, wird man sehen, was von diesem Verdacht zu halten ist.

Stefan Haslinger

www.social-impact.at
www.jazzatelier.at

Stefan Haslinger ist Geschäftsführer der KUPF – Kulturplattform OÖ und im Vorstand der IG Kultur Österreich.