Über das gleichnamige IT-Projekt bat Birgit Pichler Radio SPACEfemFM zum Interview.
Der KUPF-Innovationstopf (ausgeschrieben von der Kulturplattform OÖ, finanziert durch das Land OÖ) ruft seit nunmehr 12 Jahren zur Einreichung von Projekten zu einem bestimmten Schwerpunkt auf. Der Innovationstopf 2005 „Lebendige Archive“ lud ein, sich mit neuen Formen der Archivierung von Wissen und alternativen Zugangsmöglichkeiten auseinanderzusetzen.
Das Projekt „Brüche“ der SPACEfemFM – Frauenradioredaktion (seit Jänner 2006 Mitglied der KUPF) erforscht und dokumentiert anhand von Radiofeatures die Lebensrealitäten tschechischer Frauen. Ein Interview mit Helga Schager und Susanne Wiesmayr.
Bitte gebt einen kurzen Überblick über euer Projekt!
SW: Wir wollten uns einem Land annähern, das lange Zeit von uns abgeschnitten war. Wir wollten wissen, was sich in den letzten Jahren in der Tschechischen Republik, seit dem Fall des eisernen Vorhanges, verändert hat, konkret in den Lebenswelten der Frauen. Wir haben uns nach Prag, Budweis, Krumau begeben und haben vor Ort Interviews mit den Frauen geführt.
Warum ist für euch persönlich dieses Thema so spannend?
SW: Weil die Tschechische Republik ein Nachbarland von uns ist und wir als in Oberösterreich Lebende zwar nicht weit davon entfernt leben, aber trotzdem nicht viel über das Leben in diesem Land wissen. Mir persönlich geht es zumindest so. Nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Weltsystems habe ich mich viel mehr darauf konzentriert, wie sich die Umstände in Deutschland nach dem Fall der Berliner Mauer verändert und entwickelt haben. Aber wie es in der Tschechischen Republik war, habe ich nicht so genau mitverfolgt.
HS: Mir geht es ähnlich. Aber abgesehen von der tschechischen Geschichte, mit der wir uns sehr intensiv beschäftigt haben, ist für mich persönlich der ‚Mensch als lebendiges Archiv‘ am spannendsten. Da wir sehr viele Interviewpartnerinnen und auch -partner gehabt haben, decken wir ein breites und vor allem vielfältiges Spektrum von Meinungen und Lebenswelten mit unseren Radiofeatures ab.
Nach welchen Kriterien habt ihr die InterviewpartnerInnen ausgewählt?
SW: Zuerst haben wir uns Themenfelder überlegt. Da sieben Frauen an dem Projekt beteiligt sind, hat sich die Aufteilung durch unsere unterschiedlichen Interessen sehr einfach ergeben: Politk, Gesellschaft, Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Bildung, Kultur. Jede hat dementsprechend recherchiert, welche interessanten Frauen es in dem jeweiligen Bereich gibt.
Wie haben die einzelnen tschechischen Frauen den Veränderungsprozess der letzten Jahre wahrgenommen?
HS: Wir haben Frauen im Alter von 20 bis 64 Jahren interviewt, teilweise aus ganz unterschiedlichen Berufsfeldern. Natürlich gibt es da ganz unterschiedliche Wahrnehmungen.
SW: Es macht einen Unterschied, wo man herkommt, wie man aufgewachsen ist. Das Alter spielt eine Rolle, die Erziehung und der Bildungsstand. Es macht auch einen Unterschied, ob man in einer Stadt oder auf dem Land lebt oder aufgewachsen ist.
HS: Wo sich wirklich alle Interviewpartnerinnen einig waren, ist, dass sie nach wie vor die Öffnung sehr schätzen – im Besonderen die Reisefreiheit, die man plötzlich hatte, das war für alle ganz wichtig.
SW: Auch die Tatsache, endlich frei sprechen zu dürfen. In Zeiten des Kommunismus haben die Frauen ja arbeiten und sich gleichzeitig um die Familie kümmern müssen. Jetzt haben sie zumindest die Freiheit, zu entscheiden. Dementsprechend hat sich auch eine Freiheit im Zugang zu feministischen Theorien und der Auseinandersetzung damit ergeben können. Auch über eine künstlerische Ebene, plötzlich war es möglich, sich politisch zu äußern. Von Seiten der jüngeren Frauen war aber auch ein gewisses Bedauern zu spüren, dass die ältere Generation diesen Umbruch nicht mehr so für sich nutzen konnte.
Wie hat sich eure persönliche Wahrnehmung nach diesem Projekt verändert?
HS: Für mich persönlich hat sich sehr viel verändert. Abgesehen von der Auffrischung der tschechischen Geschichte ist durch die verschiedenen Erzählungen der Frauen eine Wärme zu unserem Nachbarland entstanden, alles ist fassbarer geworden.
SW: Ich hatte die Chance, sehr interessante Menschen und deren Sichtweisen kennen zu lernen. Auch für unsere Redaktionsgruppe war es eine neue Erfahrung, ein Projekt in dieser Größenordnung zu realisieren.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
Beginn der 9-teiligen Sendereihe „Brüche“ am Freitag, den 15.09.2006
Die SPACEfemFM-Sendungen sind jeden 1., 3. und 4. Freitag im Monat von 19:00 bis 20:00 Uhr (Wiederholung jeweils Samstags von 10:00 bis 11:00 Uhr) auf Radio FRO 105.0 MHz oder unter: www.fro.at zu hören.
SPACEfemFM Redaktionsteam:
Sonja Auer, Claudia Dworschak, Hildegard Griebl-Shehata, Edith Karl, Elfriede Ruprecht- Porod, Helga Schager, Michaela Schoissengeier, Susanne Wiesmayr
Birgit Pichler ist Mitarbeiterin der KUPF und im Vorstand von FIFTITU%.