Geld zurück!

Daniela Koweindl über Strafmaßnahmen gegen KünstlerInnen, die zu wenig verdienen.

 

Wie viele KünstlerInnen haben im Jahr 2001 unter 3.554 Euro verdient? 600! Wer hat das festgestellt? Der Künstlersozialversicherungsfonds. Und warum? Um Strafmaßnahmen zu setzen. Wer zu wenig verdient, muss draufzahlen. Nicht nur einmal, sondern doppelt.

Seit gut fünf Jahren gibt es den so genannten Künstlersozialversicherungsfonds. Dort können selbstständig erwerbstätige KünstlerInnen um einen Zuschuss zum Pensionsversicherungsbeitrag ansuchen. Eine der Voraussetzungen, um den Zuschuss zu erhalten, ist das Erreichen einer Mindesteinkommengrenze aus künstlerischer Tätigkeit. Wer zu wenig verdient, erhält auch keinen Zuschuss. Wer wider Erwarten die vorgeschriebene Mindesteinkommengrenze nicht erreicht, muss den erhaltenen Zuschuss zurückzahlen. Mit Rückzahlungsforderungen des Fonds ist auch Jahre später noch zu rechnen.

In einer umfassende Kontrollaktion hat der Fonds die Einkommen aller ZuschussbezieherInnen aus dem Jahr 2001 übergeprüft. Das Ergebnis nach monatelanger Arbeit ist fatal: 600 KünstlerInnen sollen den Zuschuss zurückzahlen, weil sie zu wenig verdient haben. Während der Fonds im Geld schwimmt (zuletzt 11,4 Millionen Euro an Reserven), wird das Kapitalvermögen durch Rückzahlungen der KleinverdienerInnen weiter aufgefettet. Koste es, was es wolle: Gegenüber der Öffentlichkeit wird ohnehin behauptet, dass die Wiedereintreibung der Zuschüsse keinen Mehraufwand bedeutet.

Schluss mit Rückzahlungsforderungen!

Während der Fonds im Namen des Gesetzes KünstlerInnen an den Kragen geht, fordert der Kulturrat Österreich einen sofortigen Stopp aller Rückzahlungsforderungen und hat einen entsprechenden Aufruf mit Unterschriftenaktion initiiert. Die Entscheidungsverantwortlichen sollen die zynische Entwicklung des Fonds vom Förderungsinstrument zum Forderungsinstrument endlich zum Anlass für eine Gesetzesnovelle nehmen. Nach nur wenigen Tagen war der Aufruf bereits tausendfach von Kunst- und Kulturschaffenden unterzeichnet. Die beeindruckende Liste hat der Kulturrat Österreich beim verantwortlichen Staatsekretär abgegeben. Franz Morak aber hat auf jede Kritik an „seinem“ Fonds seit Jahren nur eine Antwort: Es ist ein Erfolgsmodell, es ist ein Erfolgsmodell, es ist …

Streichung der Mindesteinkommensgrenze als Voraussetzung für einen Zuschuss!
Das Fonds-Gesetz ignoriert die Lebensrealitäten von KünstlerInnen. Einschränkungen der Erwerbstätigkeit in Mutterschutzzeiten oder durch Kinderbetreuungspflichten werden zur doppelten sozialen Falle. Unabhängig von Lebens- und Arbeitsumständen gilt für alle KünstlerInnen dieselbe Mindesteinkommensgrenze, die pro Kalenderjahr zu erzielen ist. Wer krank wird und längere Ausfallszeiten hat, läuft ebenso Gefahr den Zuschuss zu verlieren. Das Gesetz nimmt keine Rücksicht. Auch Stipendien und Preise werden zum finanziellen Risiko. Denn diese sind in Österreich – zumindest, wenn sie von öffentlichen Förderstellen stammen – von der Einkommenssteuer befreit, werden vom Finanzamt steuerlich nicht erfasst und zählen daher auch nicht für den Fonds als Einkommen. Eine wichtige Steuererleichterung wird KünstlerInnen damit zum Verhängnis gemacht. Wer nämlich von einem Geldpreis oder Stipendium lebt, aber nicht zusätzlich ausreichend Gewinn erwirtschaftet, wird vom Zuschuss ausgeschlossen. Für den Fonds zählt einzig und allein das Ergebnis im Einkommenssteuerbescheid.

Gesetzesnovelle jetzt!
Als Sofortmaßnahme muss eine Gesetzesnovelle her. In einem 10-Punkte-Katalog hat der Kulturrat Österreich den wichtigsten Änderungsbedarf an dem Künstlersozialversicherungsfonds- Gesetz ausgearbeitet. Doch damit ist es bei weitem nicht getan. Auch die Versicherungsgesetze selbst ignorieren die zeitgenössischen Arbeitsverhältnisse – nicht nur von KünstlerInnen, die wie auch viele andere prekär Beschäftigte seit einigen Jahren als „Neue Selbständige“ gelten. Mehrfachversicherung hier. Ausschlüsse aus der Versicherung dort. Und soziale Absicherung stets gekoppelt an Erwerbsarbeit. Ziel muss die Schaffung einer sozialen Absicherung sein, die die prekäre Arbeitssituation – nicht nur ! – von Kunst- und Kulturschaffenden anerkennt. Die grundsätzliche Forderung des Kulturrats Österreich lautet daher: Recht auf soziale Rechte für alle! Unabhängig von Aufenthaltsstatus und Erwerbsarbeit.

Aufruf unterzeichnen:
www.kulturrat.at/agenda/sozialerechte/aufruf2006

Daniela Koweindl ist kulturpolitische Sprecherin der IG Bildende Kunst (www.igbildendekunst.at) und im Vorstand des Kulturrats Österreich (www.kulturrat.at) aktiv.