Renate Dobler berichtet über eine Veranstaltungsreihe von FIFTITU%.
Nicht nur aus Anlass des internationalen Frauentages am 8. März 2006, sondern auch wider das Verdrängen und Vergessen organisiert FIFTITU% in Zusammenarbeit mit 4 anderen KUPF-Mitgliedsvereinen und 3 weiteren Kulturinitiativen in fünf verschiedenen Städten die Veranstaltungsreihe „Vom Leben und Überleben” – Frauen die das KZ Ravensbrück überlebten. Die Veranstaltungen bestehen aus Film, Referat und anschließender Diskussion mit der Zeitzeugin Irma Trksak.
Es ist politisch-kulturell und gesellschaftlich von Bedeutung, dass Geschichte erinnert und anerkannt wird, dass die Opfer gewürdigt werden, dass die Zusammenhänge erkannt werden. Diese Veranstaltungsreihe widmet sich mit einem feministischen Zugang der Erinnerungsarbeit, die immer auch eine Arbeit für eine humanere Zukunft ist. Nur wenigen der 132.000 Frauen, die in das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück verschleppt wurden, wurde die Gnade und gleichermaßen die Qual der Erinnerung zuteil. Eine Erinnerung, die schwer zu teilen, schwer mit-zu-teilen ist.
Die größte Achtung gebührt den Zeitzeug- Innen, die den Mut und die Ausdauer haben gegen das Vergessen anzukämpfen und die Macht der Erinnerung einzusetzen, um zu verhindern, dass das Unfassbare wiederkehrt. Es ist politisch-kulturell und gesellschaftlich von großer Bedeutung, dass Geschichte erinnert und anerkannt wird, dass die Opfer gewürdigt und die Zusammenhänge erkannt werden. Das politische und kulturelle Erbe der NS-Zeit drückt auch heute noch sehr schwer auf das kollektive und bei nicht wenigen Menschen, wenn auch mittlerweile in zweiter oder dritter Generation, auch auf das individuelle Bewusstsein und Unterbewusste.
FIFTITU% – die Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur in OÖ, hat in Kooperation mit der Local-Bühne Freistadt, Kikas Aigen-Schlägl, Medien Kultur Haus Wels, Frauenforum Ebensee, Zeitgeschichtemuseum Ebensee und dem Moviemento Linz eine Veranstaltungsreihe organisiert, die sich der Erinnerungsarbeit aus feministischer Sicht widmet. Die feministische Perspektive soll dabei nicht nur als Ergänzung eines männlich- zentrierten Geschichtsbildes verstanden werden. Sie fordert uns vielmehr heraus, übernommene Konzepte zu überdenken und die, spezifisch gegen Frauen, ihre Körper und ihre Sexualität gerichtete Gewalt sichtbar zu machen.
Eine der Frauen, die im Film „Vom Leben und Überleben” (Bernadette Dewald, Gerda Klingenböck, VideoArchiv Ravensbrück, A 2003, 110 min) zu Wort kommen, hat vor einiger Zeit ihre Lebensgeschichte, ihre Erinnerungen an das Konzentrationslager Ravensbrück niedergeschrieben. „Ich war keine Heldin” ist der Titel jenes Buches: ein Titel wie ein Motto – nicht nur gültig für seine Autorin Antonia Bruha, sondern wohl auch für die anderen fünf im Film interviewten Frauen, Regina Chum, Helene Igerc, Rosa Winter, Katharina Thaller und Aloisia Hofinger. „Ich war keine Heldin” – das bedeutet: Frauen wurden willkürlich nach Ravensbrück deportiert, sie wurden von den politischen Ereignissen rund um 1938 aus ihrem vertrauten Alltag gerissen und in den Alltag einer – wie Helene Igerc es ausdrückt – „Erdenhölle” verbannt. Von den 34 im Rahmen eines Oral History Projekts aufgezeichneten Interviews mit Österreichischen RavensbrückÜberlebenden haben Bernadette Dewald und Gerda Klingenböck sechs Frauen ausgewählt, deren Geschichten ihr Film thematisch parallel montiert.
Jede Geschichte ist zugleich eine Reflexion über ihre eigene Unmöglichkeit: Vieles ist unbeschreibbar, anderes ist unbesprechbar geblieben und manches scheint nur in ritualisierten Formeln sagbar. Ravensbrück ist ein Off im Leben dieser Frauen, weil es ein Off im Gedächtnis der Nachwelt ist. „Vom Leben und Überleben” holt die unerwünschten Erinnerungen an die Oberfläche und gibt dem Ungeheuren, ja fast schon Unglaublichen Namen und Gesicht. (Sylvia Szely)
Im Anschluss an den Film bietet das Referat von Helga Amesberger (Sozialwissenschaftlerin) noch mehr Hintergundinformationen für die anschließende Diskussion und das Gespräch mit der Zeitzeugin und Überlebenden des Frauen-KZ Ravensbrück, Irma Trksak. Die Veranstaltungsreihe hat nachdrücklich einen feministischen Zugang.
Weitere Infos zum Thema: MALMOE Glossar „Nach der Freiheit…” (Ausgabe Spätherbst 2005) und Eva Egermann: „Nach der Freiheit…” (Projekt im Rahmen des Kunstwettbewerbs Utopie: Freiheit) www.utopie-freiheit.at/teilnahme/#C3118_A3130
Österreichische Lagergemeinschaft Ravensbrück und Freundinnen www.videoarchiv.ravensbrueck.at/index_fla.htm
Renate Dobler ist Mitarbeiterin bei maiz, Aktivistin bei FIFTITU%.
„VOM LEBEN UND ÜBERLEBEN” – ein Film über Frauen, die das KZ Ravensbrück überlebten, anschließend Referat und Diskussion mit der Zeitzeugin Irma Trksak/Wien
Termine der Veranstaltungsreihe:
Mo, 13. März 2006 Freistadt Local-Bühne Freistadt, Salzgasse 25, 4240 Freistadt Beginn 19 Uhr. Eintritt frei!
Di, 14. März 06 Aigen Schlägl KIKAS, Marktplatz 27, 4160 Aigen Beginn 19 Uhr. Eintritt € 5,-
Di, 15. März 2006 Wels Medien Kultur Haus, Pollheimerstr. 17, 4600 Wels Beginn 19 Uhr. Eintritt € 5,-
Do, 16. März 2006 Ebensee Zeitgeschichtemuseum, Kirchengasse 5, 4802 Ebensee Beginn 19 Uhr. Eintritt € 5,-
Fr, 17. März 2006 Linz Moviemento, Dametzstraße 30, 4020 Linz Beginn 19 Uhr. Eintritt € 5,-