Über die Einrichtung eines Landeskulturpreises – Teil II

Über die Einrichtung eines Landeskulturpreises berichtet Gerlinde Schmierer.

 

“Ich führe die Diskussion gerne weiter. Sie beginnt sich im Kreis zu drehen.” LAbg. Gunther Trübswasser

In der Jurysitzung für den ersten Landeskulturpreis für Kunst im interkulturellen Dialog wurde Ende Oktober der Kulturverein MEDEA ausgewählt. – Ein Kulturverein, dessen AkteurInnen MigrantInnen und MehrheitsösterreicherInnen sind, die für eine selbstbewusste Teilnahme an Kunstund Kulturpraxen stehen und bewusst keine starren Grenzen zwischen Kunst, initiativer Medienarbeit, Bildung oder Politik ziehen. Wir gratulieren MEDEA herzlich! Gedanklich hängen wir trotzdem noch bei der Einrichtung des Preises, also quasi hinten nach, oder, wie im Gespräch darüber mit LAbg. Gunther Trübswasser zu erkennen und zu benennen war, in einer Schleife. Grund dafür sind die unterschiedlichen Profile des einerseits vom Forum Interkulturalität und von der KUPF – Kulturplattform OÖ vorgeschlagenen Landespreises für Kulturarbeit von MigrantInnen und dem, nach erfolgter Aufnahme in das Vorschlagspaket des Landeskulturbeirates 2003, nunmehr initiierten Landeskulturpreises für Kunst im Interkulturellen Dialog. Gunther Trübswasser hält diesbezüglich dezidiert fest, dass dieser Landeskulturpreis keine ‚missglückte Umsetzung’ der Empfehlung des Landeskulturbeirates sei, sondern eine bewusste Veränderung der Ausschreibung zugunsten einer Würdigung des künstlerischen Gegenwartsschaffens von MigrantInnen. Dabei unterstreicht er die wichtige Rolle, die MigrantInnen aufgrund ihrer Erfahrungen, in der Erneuerung und Fortentwicklung künstlerischer Ausdrucksformen spielen würden. Die positiven und befruchtenden Aspekte sollten gerade auch deswegen hervorgehoben werden, weil man Migration in der täglichen Erfahrung sehr leicht mit der Bewältigung von Problemen verbinden würde.

Ausgangspunkt der ursprünglichen Projektidee war ebenfalls die Bedeutung von Anerkennung und Wertschätzung als wichtiges Signal sowohl für MigrantInnen als auch für die Öffentlichkeit. Im Hintergrund stand die Tatsache, dass die künstlerische und kulturelle Betätigung von MigrantInnen einerseits stark unterrepräsentiert ist und andererseits oft nur unter sozialen, integrativen oder folkloristischen Aspekten gesehen oder gefördert wird. So wundert es nicht, dass die Frage nach der Bedeutung der in der Ausschreibung erwähnten Würdigung für Künstlerinnen und Künstler, Einzelpersonen, Initiativen oder Projekte, die sich besondere Verdienste um die Implementierung von ‚Kunst mit Migrationshintergrund’ erworben haben, wieder kehrt. – Verbunden mit einigen anderen Fragen. Welches Konzept einer Positionalität und welche Zuschreibungen stehen hinter eines auf diese Weise formulierten Würdigungspreises für MigrantInnen?

Die Zuschreibungen, die an minoritäre Kulturproduzentinnen herangetragen werden, sind meist widersprüchlich, entbehren aber in Bezug auf die Herstellung und Bewahrung diskursiver Machtverhältnisse doch nicht einer gewissen Systematik. Ökonomische und politische Dominanz legitimieren sich traditionell durch die Behauptung einer immanenten Rückständigkeit. Die Kehrseite dieses Verfahrens bildet der Hinweis auf mögliche ‚Bereicherungen‘ durch anderen Kulturen. Hito Steyerl beschreibt in einem mit “Kultur und Arbeitsteilung” betitelten Absatz wie Minoritäten selbst, als Personen im Allgemeinen und als Kulturschaffende im Besonderen, dieser zwiespältigen Einschätzung unterworfen werden. “Einerseits wird erwartet, dass sie sich ausschließlich mit ihrer ‚eigenen‘ Kultur identifizieren, da diese vom Standpunkt der Mehrheitsgesellschaft aus besonders ‚originell‘ wirkt. Auf der anderen Seite wird ihnen die ‚Ursprünglichkeit‘, deren es dazu angeblich bedürfe, mit Hinweis auf ihre vielfältige Identität abgesprochen. Der Zwiespalt zwischen ‚originell‘ und ‚ursprungs-und wurzellos‘ wird oftmals dazu verwendet, die Kulturfähigkeit der Minoritären einerseits in Zweifel zu ziehen, andererseits aber auch zu fetischisieren.” Es ist klar, dass die Intension der Einrichtung des Landespreises für Kunst im interkulturellen Dialog eine andere ist, aber auch diskussionswürdig, ob dessen Definition einer Essentialisierung von Identität widersteht und wirklich im Sinne einer gleichberechtigten, selbstbewussten Teilhabe von MigrantInnen am gesellschaftlichen und kulturellen Leben in Oberösterreich formuliert ist.

Um “Über die Einrichtung eines Landeskulturpreises – Teil II” einstweilen abzuschließen, noch einmal ein Rückblick auf Teil I, denn auch die Frage nach Kriterien für eine Zusammenarbeit von MehrheitsösterreicherInnen und MigrantInnen, wie sie nach Ausschreibung möglich sein soll, und die damit verbundene Gefahr, dass Projekte gewürdigt werden, in welchen MigrantInnen als Alibi instrumentalisiert werden, ist offen geblieben. Ebenso wie die Frage nach Vermittlungsstrategien, um MigrantInnen mit der Ausschreibung gezielt anzusprechen. In Teil I war zu lesen, dass aus Gesprächen mit LAbg. Gunther Trübswasser zu erwarten wäre, dass diese Aspekte bei der Vergabe des Preises berücksichtigt werden würden. Dem war auch so. Aus dem letzten Gespräch geht hervor, dass die geforderten Änderungen der aufgeweichten Ausschreibungskriterien in weite Ferne gerückt scheinen, die Diskussion würde jedoch gerne weiter geführt. – Sie dreht sich also noch.

Gerlinde Schmierer

Gerlinde Schmierer ist im Vorstand von FIFTITU% und Studienassistentin an der Kunstuniversität Linz.

1 “Über die Einrichtung eines Landespreises”, Rubia Salgado, Zeitung der Kulturplattform OÖ Nr.112, Juli 2005, S. 6. http://servus.at/medea/news/index.de.htm