Theoretisches zur Fiftit%-Tagung am 4. November 2005
von Juliane Alton.
A. Netzwerke, Interessenvertretung, Allianzen – eine Begriffsklärung
Ursprünglich aus der Kybernetik entlehnt, ist der Netzwerkbegriff mittlerweile auch in der Soziologie und der Betriebswirtschaftlehre (Soziales Netzwerk, Netzwerkorganisation) geläufig. Er bezeichnet eine Menge von mit-einander auf definierte Weise verbundenen, autonomen Objekten, die ein gesamtes System bilden. Auch in der Politikwissenschaft wird der Netzwerkbegriff verwendet, im Sinn vom Zusammenwirken privater (Unternehmen, Interessensgruppen) und öffentlicher Akteure (Regierung, Ministerien etc.) in bestimmten Politikbereichen. Das Ergebnis sind nicht-hi-erarchische, dezentrale politische Netzwerke. Ein wichtiges Element von Netzwerken ist der Austausch von Ressourcen zwischen den beteiligten Akteuren.
Grundgedanke der Interessenvertretung ist immer die Mitbestimmung, das heißt, Men-schen und Unternehmen, die von gesellschaft-lichen Entscheidungen und Entwicklungen betroffen sind, die Gelegenheit der Mitsprache und zur Beteiligung an Entscheidungen zu geben. Das geschieht über die gemeinschaft-liche Entwicklung einer einheitlichen Position, die dann von den Mitgliedern getragen und von den Vertretern nach außen artikuliert wird. Prinzipien sind daher die repräsentative Demokratie und dass Neuzugänge die Satzung und bestehende Strukturen akzeptieren.
Die Allianz ist demgegenüber relativ offen. Es ist schlicht ein Bündnis. Wer sich zu welchem Zweck für welche Zeitspanne in welcher Weise verbindet, obliegt den Partner/innen. Viel-leicht liegt in dieser Freiheit die große Attrak-tion der Allianz, es muss keine gemeinsame Körperschaft gebildet werden, Vereinbarungen oder Verträge zwischen den Bündnispartner/innen definieren die Bindungen. Eine Allianz kann sich z.B. (anders als das Netzwerk) über einen gemeinsamen Gegner definieren.
B. Wozu sind Allianzen gut?
Allianzen sollen natürlich der Stärkung dienen, damit ein Vorhaben realisiert werden kann. Die Art des Vorhabens und die eigene politische Position bestimmen die Wahl der Bündnispartner/innen. Die möglichen Nutzen sind vielfältig und wer-den hier nur kursorisch aufgelistet: Aufteilung der Arbeit und der Verzicht auf einen gemein-samen Rechtskörper schonen die eigenen Ressourcen, die öffentliche Präsenz nimmt zu, Kerngruppen können wachsen, bestehen-de Netzwerke öffnen sich für die Mitglieder der Allianz, mögliche Gegner können über Bündnispartner/innen neutralisiert werden, die Gefahr der Marginalisierung der Anliegen nimmt ab.
Damit eine Allianz funktionieren kann, muss zunächst deren Zweck, dem sich alle Partner/innen verpflichten, geklärt werden. Darüber hinaus muss jede/r Einzelne eigene Kerninte-ressen an der Allianz definieren (sonst werden die allmählich vergessen, und es bleibt das Gefühl, nur reinzubuttern).
Eine Allianz kann einen (oder mehrere) innere und äußere Kreise haben. Der Zweck des Bündnisses darf allerdings nicht beliebig erweitert werden, sonst passiert eine Abfla-chung. Strategische Partner/innen sind selten diejenigen, welche die Arbeit tragen, die zu entwickelnden Arbeits- und Kommunikati-onsregeln müssen das berücksichtigen. Die Kommunikation der Mitglieder des inneren Kreises muss klar vereinbart sein (Zeitabläufe, Vertretungsbefugnisse, Zuständigkeit für Einzelbereiche…).
C. Woran scheitern sie?
Die inhaltliche Verzettelung ist da sicher vor-rangig. Eine Allianz hat derart verschiedene Partner/innen, dass es unbedingt notwendig ist, einen kleinen Kern an gemeinsamen Anlie-gen zu definieren. Sie müssen in Übereinstim-mung formuliert sein und allen so wichtig sein, dass sie bereit sind, ihnen Arbeit zu wid-men. Gefälligkeitspartner können höchstens als Groupie-Rand mitgedacht werden. Als Teil der Allianz würden sie wie Bremsklötze wirken.
Hierarchienbildung passiert leicht, oft zunächst unbemerkt und wird dann zum Pro-blem, wenn gemeinsam erarbeiteter Nutzen in konventioneller Form verteilt wird (egal ob Geld, Projekte, Auftrittsmöglichkeiten etc.). Das Ergebnis sind regelmäßig Alpha-Männ-chen-Strukturen bzw. der Kampf dagegen. Wenn Hierarchie sich jedoch nur über inhalt-liche Kompetenz und entsprechende Verant-wortung für einzelne Themen manifestiert, hat sie nicht unbedingt böse Folgen.
Die Selbstrepräsentanz der einzelnen Bünd-nispartner/innen ist auch in diesem Zusam-menhang absolut notwendig und muss in allen Teilbereichen realisiert werden. Sonst gibt es im Nu Aktive und Passive, wobei letz-tere sich im besseren Fall nur vereinnahmt im schlimmeren Fall als Opfer instrumentalisiert sehen.
Was hier theoretisch kurz angerissen ist, soll am 4. November bei der FIFTITU%-Tagung (siehe Inserat Seite nächste Seite) vertieft und mit aussagekräftigen Beispielen aus dem Kulturbereich dargestellt werden.
Juliane Alton
Allianz = Bund (lat. alligare = anbinden)
Juliane Alton ist Geschäftsführerin der IG Kultur Vorarlberg und Gründungsmitglied des Österreichischen Kulturrats.