Bericht über ein KUPF-Innovationstopf-Projekt von maiz.
Im Rahmen des Projektes „Strategien der Eindringlinge“ (maiz / Kupf-Innovationstopf 2004) fanden in den letzten Monaten eine Reihe von Workshops und Diskussionsrunden statt. Schwerpunkte der Veranstaltungen waren: Zusammenarbeit zwischen Migrantinnen und Mehrheitsösterreicherinnen im Kulturbereich und Formen der Repräsentation migrantischer Anliegen. Die folgenden Texte wurden von Migrantinnen geschrieben, die am Projekt teilgenommen haben.
Ich mit mir selbst. Bin ich rassistisch? Wie? Inwieweit? Welche Vorurteile habe ich gegenüber anderen ethnischen Gruppen? Warum? Sind die überhaupt begründet? Ich habe festgestellt wie oberflächlich die Menschen sein können. Ich auch. In der Mehrheit von Migrantinnen: Was glauben die anderen Migrantinnen? Welche Vorurteile haben sie? Warum? Zwischen der Mehrheit von Migrantinnen und der Mehrheit der Österreicherinnen: Inwieweit kann man Kulturarbeit zusammen gestalten? Welches Ziel haben die Migrantinnen und welches die Österreicherinnen? Warum überhaupt eine Zusammenarbeit? Sind die Hintergründe wichtig um eine qualitative Zusammenarbeit zu leisten? Wie kann man vermeiden, dass Migrantinnen in der Kulturarbeit nicht nur die Rolle der Schauspielerin spielen? Wie können sie sich auch als ,,Produzentin’’ und ,,Projektentwicklerin’’ hervorheben? Der Workshop war für mich ein Platz wo der Strudel auf jede Lage durchgesucht wurde ; wo meine anonymen, persönlichen Ängste, Erfahrungen und Meinungen öffentlich, bewusst und politisiert wurden; ein Platz wo Rassismus und Diskriminierung in kulturpolitischer Arbeit thematisiert und hintergefragt wurden. Florina Platzer
Symmetrie in der gemeinsamen Kulturarbeit. Der Workshop war sehr wichtig, da wir viel über unsere Situationen als Migrantinnen reflektiert haben. Wir haben thematisiert, wie wir unser Bild dargestellt sehen wollen, wir haben darüber gesprochen, dass wir uns Rechte für alle hier lebenden Migrantinnenwünschen, auch das Recht die Sprache nicht zu sprechen. Interessant war auch über Bilder oder Klischees, die wir von anderen Migrantinnen und von den Mehrheitsösterreicherinnen haben, zu diskutierten. Natürlich gingen wir von unserem Blickpunkt aus und ich habe verstanden, dass Vorurteile die wir mit uns herumtragen, wie Fallen sind, in die wir jeden Tag stürzen. Das Erkennen ist wichtig, um zu reagieren, es anders zu machen in unserer Sprache, unserem Konzept, unseren Analysen. Zukünftige Projekte mit österreichischen Künstlerinnen sind sinnvoll aber nur wenn ein Versuch existiert, Symmetrie zwischen Migrantinnen und österreichischen Künstlerinnen zu haben, ohne die Migrantinnen als Objekt, als exotische und folkloristische Figuren in der Hand der Kolonisatoren zu sehen. Ich weiss, ich spreche nicht gut deutsch aber ich denke, baue, zerstöre und handle und sage zu euch allen: ich weiss mehr als ich euch sagen kann.
Marissa Lobo Obczernitzki
Den Mut haben, mehr zu machen. Wir haben uns oft getroffen und über Probleme von Migrantinnen diskutiert. Das Ziel war: Wie können wir ein Projekt mit österreichischen Künstlerinnen machen. Beim ersten Treffen waren wir nur Migrantinnen, und da habe ich offen – auch über meine Vorurteile und Zweifel – gesprochen. Die wichtigsten Punkte waren bzw. sind es immer noch: 1) Ich will nicht akzeptiert werden, aber wir haben das Recht, hier zu sein und zu bleiben, und nicht mehr “Entschuldigung” sagen zu müssen, weil wir hier sind. 2) Ich habe Vorurteile wie auch alle anderen, aber ich kann über sie nachdenken und mich verändern. Ich kann nicht gut deutsch sprechen. Aber wenn wir mit österreichischen Künstlerinnen zusammenarbeiten möchten, habe ich das Recht meine Meinung zu sagen. Ich kann meine Meinung über die Arbeit sagen, wenn die Arbeit sich symmetrisch gestaltet, aber nicht wenn die Österreicherinnen die Lehrerinnen sind und wir die Lernenden. 4) Gut in den Workshops war das Gefühl, ich bin nicht allein. Wir sind hier viele Frauen mit gleicher Meinung, und ich fühle mich nach den Workshops besser und mit mehr Mut, um zu machen was ich möchte: weiter studieren und eine gute Arbeit finden.
Cristiane Tasinato
www.maiz.at