Gerlinde Schmierer über eine Aktion des Labels „Wodka für die Königin“
Bericht über eine Aktion des Linzer Künstlerinnen Labels „Wodka für die Königin“ Alle, das wären Sie also auch. Sie würden nachts um Halbzwei auf eine Straße in ihrer Wohngegend mit Rolle und Dispersionsfarbe einen Zebrastreifen malen – genau dort, wo sie ihn die längste Zeit vermissen.
AnrainerInnen wären morgens freudig überrascht, AutofahrerInnen würden vor dem geschützten Übergang halten und Reifen und Regen würden die Farbe binnen vier Wochen wieder gänzlich abgetragen haben. – Nicht so schlimm, denn Sie wollten gar nicht, dass er ewig bleibt und dass das alle machen. Grund für vier selbstgemalte Zebrastreifen in der Volksgarten-, Auersperg- und Gesellenhausstraße war für Janina Wegscheider in erster Linie ein sicheres und einfaches Bestreiten des täglichen Weges zum Kindergarten in der Humboldtstraße mit ihrem Sohn Milan. Sie will nicht das Gefühl haben müssen, mit ihrem Kind besser von der Stadt auf s Land zu ziehen, sondern sehen, dass sich die Stadt entsprechend verändern kann und lebenswert sein kann. „Es geht einfach nicht, dass die Autos so im Vorteil sind. Milan ist eh immer mit mir unterwegs, trotzdem darf es nicht so kompliziert sein.“ Eigentlich hat sie Regeln, die öffentlichen Raum und ihre tägliche Situation bestimmen, dem Versuch einer Änderung unterzogen und das auch so fürs polizeiliche Protokoll angegeben. „Da ich kontrollieren wollte, ob sich das Verhalten der Autofahrer verändert, wenn an den Kreuzungspunkten Zebrastreifen angebracht wären, fasste ich den Entschluss, selber welche aufzumalen.“ Die Entscheidung, die Zebrastreifen selbst zu malen, hat vielleicht auch damit zu tun, dass Darstellung, in einer Form, die zusätzlich so viel Witz und Charme hat wie diese „selbstgerollten“ Zebrastreifen, eingesetzt werden kann, um „Vertretung“ geltend zu machen. Für Janina ist es wichtig, Straßen- oder generell Stadtraum als eigenen Lebensraum zu begreifen, den sie mitgestalten kann und in dem sie bestimmte Rechte einfordern kann. Die nur noch zum Teil sichtbaren Zebrastreifen signalisieren also auch einen Widerstand, „in freundlichster Form“, wie sie ihn mit zufriedenem Lächeln benennt und sich über die AutofahrerInnen freut, die immer noch anhalten. Die Polizisten, die von einem Mann eines Wachdienstes gerufen wurden, weil er Janina für eine Autoeinbrecherin hielt, waren ebenfalls „echt nett“. Fehlt meines Erachtens nur noch, dass sich auch das Städtische Tiefbauamt die „flüchtige Präsenz mit performativem Aspekt“ der verblassenden Zebrastreifen gönnt und sie nicht mit teuren Reinigungskosten ahndet.
Anmerkung der Redaktion: Das Magistrat hat die Zebrastreifen mittlerweile mit Hochdruckreinigern entfernen lassen. Die Rechnung dafür muss von Janina Wegscheider, bzw. vom Künstlerinnenlabel „Wodka für die Königin“, beglichen werden. Die Polizei erstattete Anzeige wegen Sachbeschädigung. Ob es zu einem Gerichtsverfahren kommen wird, steht noch in den Sternen.
Mag.a Janina Wegscheider ist freischaffende Künstlerin und Gründungsmitglied vom Künstlerinnen Label „Wodka für die Königin“.
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Gerlinde Schmierer ist Studentin an der Kunstuniversität Linz und im Vorstand von Fiftitu%.