Notwendigkeit von Gegenstrategien

Kristina Hofer, Klemens Pilsl und Olivia Schütz machen Männerdominanz im Kulturbereich sichtbar

Initiative „Männer sichtbar machen“
Seit geraumer Zeit – die eine oder der andere werden es hoffentlich schon bemerkt haben – zieren kleine schwarze Pickerl mit dem Text „initiative männer sichtbar machen“ den öffentlichen und halböffentlichen Raum rund um Kulturinitiativen. Plakate sind damit ebenso beklebt wie Wände, Klos und Türen. Nicht einmal die Eingangstür des KUPF-Büros ist verschont geblieben!
Doch was und wer steckt hinter der „initiative männer sichtbar machen“ mit den schicken schwarzen Pickerln? Harmlose Blödelei? Herbert Haupt? Ein paar angepisste AntifeministInnen? Oder ist das alles ganz anders gemeint?
Ist es natürlich. Hinter dem Ganzen steht der „Arbeitskreis gegen Sexismus in und um Kulturinitiativen“, der damit einen Schritt in die Öffentlichkeit wagt.

 

 

 

 

 

Zur Erinnerung:
Der Arbeitskreis „Sexismus in und um Kunst- und Kulturinitiativen“ wurde Ende November 2002 gegründet. Ziel des Arbeitskreises ist es, die Thematik von (Alltags-) Sexismus in und um Kunst- und Kulturinitiativen in einer regelmäßig stattfindenden Diskussionsrunde zu reflektieren und dadurch die vielfältigen Zugänge und Erfahrungen der TeilnehmerInnen im Arbeitskreis zusammenzufassen. Neben VertreterInnen verschiedener Einrichtungen wie Stadtwerkstatt Linz, Radio FRO, waschaecht, Kunstraum Goethestrasse, KUPF, Fiftitu%, Medea, KAPU, Maiz, Prairie, Röda, BS3 oder qujOchÖ gehören dem Arbeitskreis auch MusikerInnen, KünstlerInnen und feministische Wissenschafterinnen der Universität Linz an. Der intensive Austausch im Gespräch gewährt dabei Einblicke in Ereignisse und Erlebnisse, die im alltäglichen Umfeld der TeilnehmerInnen stattfinden und ermöglicht den in vielerlei Hinsicht notwendigen Kommunikations-, Reflexions- und Handlungsbedarf. Wie verlaufen beispielsweise die internen Entscheidungsprozesse in Kunst- und Kulturinitiativen? Wo existieren für Frauen Zugangshürden in der Kulturarbeit und im Kunstschaffen, wo strukturelle Barrieren innerhalb der Initiativen? Welche Strategien können von Frauen entwickelt und welche Mechanismen angewandt werden, um sexistischen Handlungen – auch langfristig – entgegenzuwirken?

Die Pickerl:
Sinn der Sache ist es, einmal mehr (und wieder und wieder) darauf hinzuweisen, dass auch im Umfeld von „fortschrittlichen“ und „alternativen“ Kulturinitiativen Kultur im wesentlichen von Männern „gecheckt“ wird. Punktum. Meistens stehen Männer auf der Bühne, hinter den Scheinwerfern und dem Mischpult, meist buchen Männer Veranstaltungen, meist besetzen Männer die Vorstände der KI’s und meist sind es Männer, die für ihre Arbeit auch bezahlt werden.
Als Gegenstrategie versuchen viele KI’s sogenannte „Frauenkunst“ zu fördern: Infolgedessen machen Männer „Musik“, Frauen „Frauenmusik“. Männer machen „Literatur“, Frauen „Frauenliteratur“. Männer machen Vereine, Frauen „Frauenvereine“. Männer sprechen über „Themen“, Frauen über „Frauenthemen“. Viele produzierende Frauen haben das zweifelhafte Vergnügen, sich qua Geschlecht in eine Exotinnenposition marginalisieren lassen zu müssen – ob sie das jetzt für sich als passend empfinden oder auch nicht. Das kann Handlungsräume beschneiden und Zugänge verbauen. Und sich dabei aber den Anschein geben: Alles ist in Ordnung, alles ist „normal“ – es „ist“ halt eben so.

Um abseits solcher Kategorisierungen auf das Ungleichgewicht der Geschlechter aufmerksam zu machen, hat der „Arbeitskreis Sexismus“ die „initiative männer sichtbar machen“ gestartet und die Pickerl produziert. Mit Augenzwinkern und ohne erhobenem Zeigefinger soll die Dominanz von Männern im Kulturbetrieb ins Gedächtnis gerufen und die Notwendigkeit von Gegenstrategien einmal mehr betont werden.
Es ist gut, es ist wichtig und es ist richtig, wenn Frauenkulturarbeit durch Nomenkomposition mittels „Frauen-“ sichtbar gemacht wird. Aber des Pudels Kern ist ein ganz anderer: Männer machen sich gerne breit – in Vereinen, in Bands, in der Technik und im Büro. Männern wird es in dieser Gesellschaft leichter gemacht, gewisse Positionen zu erreichen, und auch in den Kulturinitiativen sind sie nur selten bereit, ihre Vormacht einfach so in Frage zu stellen oder gar aufzugeben.

Eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, ist es, diese Verhältnisse offen zu legen. Der AK will diese Möglichkeit mit der „initiative männer sichtbar machen“ wahrnehmen: ab jetzt wird jede male-only-Veranstaltung, die uns unterkommt, jedes Kulturbüro, indem mehr Männer als Frauen sitzen, jede Bühne, die mehr Männer als Frauen trägt, gekennzeichnet. Mit den schicken Pickerln.
Viel hat sich getan, keine Frage, aber dennoch ist der Weg zu einer gleichberechtigten Kulturarbeit noch ein weiter und – wie die Erfahrung zeigt – auch steiniger.

Wer auch Pickerl picken mag, schreibt am Besten an: platzmachen@servus.at