Legitime Diskriminierung

Schwarze sind nicht erlaubt, Rassendiskriminierung schon? Ikechukwu Okafor über eine Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates.

 

„Ausländer sind nicht erlaubt“. Mit diesen Worten wurden im Juli 2001 einem Religionslehrer, einem afrikanischen Diplomaten und einem Caritas Mitarbeiter, allesamt dunkler Hautfarbe, der Zutritt zu einem Linzer Lokal verwehrt. Nachdem einer der Beteiligten seinen österreichischen Pass vorgezeigt hatte, wurde er vom Türsteher neuerlich abgewiesen, aber diesmal hieß es „Schwarze sind nicht erlaubt“. Der Türsteher handelte nach ausdrücklicher Anweisung des Chefs. Dieser Fall wurde zur Anzeige gebracht, der Lokalbesitzer und der Türsteher wurden im August 2002 durch das Bezirksverwaltungsamt zu einer Geldstrafe von je 750 Euro verurteilt.

So weit so gut (oder besser schon nicht mehr gut). Aber die weitere Entwicklung dieses Vorfalles ist in seiner Tragweite in der Tat erschreckend und zutiefst Besorgnis erregend: Der Lokalbesitzer und der Türsteher legten Berufung ein. Daraufhin hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) das Urteil aufgehoben, und unter anderem wie folgt begründet: „Die aus Sicherheitsgründen ergangene Anweisung der Geschäftsleitung in nächster Zeit nur farbiges Stammpublikum ins Lokal zu lassen, sollte dem (…) Problem des Drogenverkaufs durch Schwarzafrikaner im Lokal begegnen. (…). Es kann überhaupt nicht zweifelhaft sein, dass bei dieser Ausgangssituation eine verschärfte Zugangskontrolle bezüglich jener Personen, die auf den ersten Blick – also rein äußerlich und oberflächlich betrachtet – als Drogendealer in Betracht kommen könnten, der Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmens entspricht und daher vollkommen legitim erscheint“.

Also wie war das??? … Schwarz …. Drogendealer…..?! Na also, jetzt ist es sogar schon amtlich: Schwarze sind potentielle Drogendealer! Dementsprechend ist es also vollkommen legitim und entspricht der Sorgfaltspflicht eines jeden ordentlichen Bürgers, entsprechende Maßnahmen zum Schutz oder zur Vorbeugung zu ergreifen!? Wie etwa Wohnungen nicht an Schwarze zu vermieten, ihnen keine Arbeit zu geben, sie nicht in Gaststätten, Hotels, Parks usw. einzulassen, …. Wo kommen wir da hin? Bzw. wo sind wir schon? Es ist wohl kein Geheimnis, dass derartige Diskriminierungen auf der Tagesordnung stehen. Welcher Mensch mit dunkler Hautfarbe (Mensch?…. Jawohl, Mensch!) kann Ihnen nicht derlei Erlebnisse erzählen? In so einigen Lokalen sind sie nicht erwünscht und werden auch erst gar nicht eingelassen, Wohnungen sind urplötzlich bereits vermietet, kaum steht der dunkelhäutige Anwerber vor der Tür, der Platz neben ihnen in der Straßenbahn ist meist der allerletzte, der besetzt wird, usw. Regelmäßige von verschiedenen Medien durchgeführte „Rassismus-Checks“ in Lokalen bestätigen im Übrigen diese Berichte. Auch bei der Arbeitssuche sind sie allein wegen der Hautfarbe und der damit verbundenen Vorurteile benachteiligt. So findet z.B. ein Fernfahrer afrikanischer Herkunft keine Arbeit mehr in seinem Beruf aufgrund des Vorurteils, Schwarze hätten etwas mit Drogen zu tun. Es stellt sich an dieser Stelle die uralte Frage: Wo fängt es an und wo hört es auf? Leider ist dies nicht der Anfang. Einen Zwischenbericht zu dieser Frage hat die Begründung eben dieses Urteils des UVS des Landes Oberösterreich abgegeben. Diese Begründung öffnet Tür und Tor für weitere rassistisch motivierte Diskriminierungen.

Und weil’s „so schön“ war gleich noch einmal: Es entspricht der Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmens und ist vollkommen legitim, Menschen, die rein äußerlich als Drogendealer in Betracht kommen könnten, den Zugang zu verwehren. Folgerichtig kann es in Zukunft wohl auch sinnvoll sein, Männern mit Bart den Zutritt zum Einkaufshaus zu verweigern. Es könnten ja potentielle Al Kaida-Kämpfer sein, die einen Terror-Anschlag planen. Zu extrem? Durchaus nicht! Wohin solche und ähnliche Vorurteile führen können hat die Geschichte der Menschheit leider schon allzu oft gezeigt. Aus der aktuellen Tagespolitik wissen wir, dass vage Verdächtigungen genügten um einen militärischen Präventivschlag gegen ein anderes Land zu rechtfertigen. „Wehret den Anfängen“ lautet ein Sprichwort. Demnach ist es höchst an der Zeit, sich lauter und vehementer gegen jegliche Diskriminierung von Einzelpersonen und gesellschaftlichen Gruppen – sei es nun auf Grund von Hautfarbe, ethnischer Herkunft, Staatsbürgerschaft, Geschlecht, Weltanschauung, Behinderung, Religion oder sexueller Orientierung – aufzutreten. Dieser Fall kommt einer Pauschalverdächtigung aller Menschen mit dunkler Hautfarbe gleich und ist damit zutiefst rassistisch. Viele Organisationen haben ihre Empörung ausgedrückt und diesen Bescheid verurteilt. So wurde jenem Richter des UVS, der die Aufhebung der Straferkenntnisse wie oben genannt begründet hat, von den Grünen die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ übermittelt. Gülcan Gigl, die Migrationssprecherin der Grünen Linz sagt dazu „Nur aufgrund der Hautfarbe auf kriminelle Absichten zu schließen, ist rassistisch und eine grundlegende Missachtung von Menschenrechten.“ Dieser Bescheid werde noch Wellen schlagen, die auch über die Grenzen Österreichs hinausgehen könnten, meint Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Österreich: „Normalerweise greifen wir Urteile und Bescheide unabhängiger Gerichte in Ländern mit einem funktionierenden Rechtssystem nicht an. Aber was hier von der Behörde kommt, ist blanker Rassismus.“

Der Ausländer-Integrationsbeirat Linz (AIB) fordert schon seit längerem ein Antidiskriminierungsgesetz und hat diese Forderung bereits durch einen entsprechenden Resolutionsantrag im Linzer Gemeinderat eingebracht. Ein solches Gesetz erscheint höchst notwendig und überfällig, um zumindest in Oberösterreich in Zukunft rassistisch motivierten Diskriminierungen entgegen zu wirken. Viele, oder vielleicht die meisten Österreicher sind wohl auch entsetzt über die Tragweite dieses Bescheides und finden eine Entwicklung in diese Richtung nicht in Ordnung. Wie aber fühlen sich die Betroffenen, diejenigen, welche in dieser Haut stecken? Schon bisher wurden sie von einigen nur widerwillig geduldet und argwöhnisch betrachtet. Wie mögen sie sich wohl fühlen, jetzt nach derlei Pauschalverdächtigung in ein kriminelles Eck gedrückt.

„Was steckt hinter den Blicken der Menschen, im Kaufshaus, in der Straßenbahn, beim Spazieren gehen, auf der Parkbank,… Stumme Anschuldigungen, Verdächtigungen, Mitleid oder einfach nur Neugierde oder etwa gar nichts? Soll ich fragen, mich rechtfertigen, verteidigen? Was? Gegen wen und wozu? Alles was ich ,getan habe‘ ist schwarz sein und schwarz werde ich bleiben. Vieles ändert sich im Laufe eines Lebens, die Hautfarbe nicht. Sie allein darf nie und niemals der Maßstab sein an, dem ich gemessen werde.“