Personalrochaden im Landeshauptblatt kommentiert Luigi Gabinetto.
Die Schonfrist ist vorbei. „Verwaltungsräte der Kretinose Aktiengesellschaft und Direktoren der vereinigten Banalitätswerke“ waren noch die mildesten Verbalinjurien, mit denen Karl Kraus die Berichterstatter und Kommentatoren des kulturellen Lebens bedachte. Wie würde der Großmeister der Medien- und Literaturkritik heute zulangen müssen, angesichts der Entwicklungen in der heimischen Printmedienproduktion? Das sich selbst Landeshauptblatt betitelnde Giornale hat eine neue Kulturchefin. Sie sei, hört man, vor allem deswegen zur Ressortleiterin gekürt worden, weil sie sich dafür eingesetzt habe, dass das vertrottelte und hinfällige Karaoke-Wettsingen Starmania auf der Kulturseite seinen Platz gefunden hat und nicht in den Klatschspalten wo es schon eher hinpasste. Neue Besen kehren bekanntlich gut, so hat die neuen Chefin kurzerhand einige Reformen (das Wort ist in seiner Bedeutung wirklich zur Bedrohung geworden) durchgesetzt.
Dank ihrer Initiative können wir nun alle zwei Wochen die Volkskultur-Kolumne „Da Gumpenberger“ verfolgen. Dieser belehrte uns kürzlich über die „uralten Spiele der Landjugend“. Er berichtet, dass „eine große Gaudi das ,Stockschlagen‘ (war). Ein Spieler musste ’einschauen‘ und den erraten, der ihm auf den Hintern geschlagen hat.“ Und, dass „die Termine des gemeinsamen Spielens bei der nachbarlichen Arbeit oder beim Kirchgang vereinbart“ worden sind. Ora et labora.
Nicht, dass uns das Gazzetino auf diese Weise die „Idiotie des Landlebens“ (Marx) vorführen möchte. Das ganze Geschnarre ist wirklich ernst gemeint, der Autor wird als „Volkskultur-Experte“ hofiert. Franz Gumpenberger, ist, wenn er nicht gerade „Volksleben, Bauernregeln, Frömmigkeit und Naturpraktik“ erklärt, von Zivilberuf Richter. Den Gedanken, welche Strafen diesem Mann vorschweben, wenn für ihn Stockhiebe lustige Gesellschaftsspiele sind, sollte man weiterführen. Die übelriechende Mischung aus neoliberaler Markthysterie und völkischem Aufmarsch ist stärker am Dampfen denn je. Sie ist bis auf die Kulturseite durchgesickert. Der Vorgänger, eine angenehme Pension sei ihm gegönnt, hat sich bis zuletzt dagegen gewehrt.
Ein Rätsel für die werte Leserschaft. Von wem stammen diese Zeilen, über die beliebte Fernsehshow Musikantenstadel? „In den Wohnzimmern der Nation trifft man sich vor den Fernsehern zum geselligen Stelldichein, Sitzdichein, Tanzdichein, Trinkdichein – und nach dem zweiten Vierterl schallt es unisono von Mattscheibe und Familie kennst du die Perlee, die Peerle Tirols und man weiß wieder was Heimat ist und Tradition und echte gewachsene Volkskultur, wei’s a woa is.“ (Facetten 1989. Hervorhebungen im Original) Richtig, von der neuen Kulturchefin. Dies war keineswegs eine kritische Auseinandersetzung mit der mediatisierten Massenverdummung, wie es von wohlmeinenden Lesern missverstanden worden ist. Im Gegtenteil, heute ist klar, es waren erste zögerliche, und, wie bei jugendlichen Liebhabern, etwas grobe Avancen an die völkischen Kulturbeobachter. Sie ist ihren Weg konsequent weitergegangen. Wenn wir uns an die ebenso talentfreien musikalischen Versuche von Irene Systeme erinnern, wissen wir, warum Starmania auf den Kulturseiten gelandet ist.
Luigi Gabinetto mailto:luigi4gabinetto@yahoo.de