Das Universitätsgesetz 2002 (UG) bescherte Österreichs Universitäten ein neues oberstes Organ: den Universitätsrat.
von Jakob Bögl
Einem Aufsichtsrat vergleichbar wird er gemeinsam mit dem Rektorat und dem Senat das Schicksal der jeweiligen Uni lenken und mit darüber bestimmen, ob sie sich zur vielbeschworenen „Weltklasse“ zählen darf oder nicht. Neben der Regelung personeller und wirtschaftlicher Angelegenheiten wie der Wahl der Rektorin/des Rektors, der Genehmigung des Entwicklungs- und Organisationsplans der Uni und des Rechnungsabschlusses kommt dem Unirat auch im Hinblick auf die Lehre und das Studienangebot ein Stellungnahmerecht zu.
Angesichts dieser vielfältigen und verantwortungsvollen Aufgaben des Unirates hätte die Bestellung seiner Mitglieder den Gründungskonventen der Universitäten und dem Ministerium, die den Unirat jeweils zu gleichen Teilen beschicken, eine geschichtlich wohl einmalige Chance geboten, Akzente im Hinblick auf Geschlechterdemokratie, Interdisziplinarität und Internationalität zu setzen.
Doch diese Chance ging ungenutzt vorüber. An der Johannes-Kepler-Universität (JKU) ließ der Gründungskonvent ein Bekenntnis zu den Werten, die eine Uni von Weltrang kennzeichnen sollten, vermissen. Die JKU schmückt sich zwar mit dem österreichweit einzigartigen Institut für Frauen- und Geschlechterforschung, bei der Besetzung der Uniräte vertraute man aber lieber auf den „old boys‘ club“ und holte sich mit Werner Steinecker (Vorstandsmitglied der Energie AG OÖ, Philistersenior bei der Burschenschaft Austro-Danubia), Herbert Steinwender (ehemaliger Generalsekretär der VA Technologies AG, EU-Beauftragter des Landes OÖ), Erich Wolny (Magistratsdirektor Linz, Mitglied des Universitätsbeirates der Universität Linz, Geschäftsführer des Linzer Hochschulfonds) und Norbert Nagele (Vizepräsident der oö. Rechtsanwaltskammer, nach Angabe des DÖW Akademischer Burschenschafter der Oberösterreicher Germanen zu Wien) keine Unbekannten in den Unirat. Wolny, Universitätsdozent am Institut für Verwaltungsrecht, hielt bis vor kurzem noch Lehrveranstaltungen an der JKU ab. Auch Nagele hat schon länger Fäden zur Universität geknüpft. Die Walter-Haslinger-Stiftung, der Nagele als Vorstandsmitglied angehört, gründete im November 2002 an der JKU ein Institut für Bankrecht. Dahinter verbirgt sich ein Verein zur Förderung von Wissenschaft, Forschung, Lehre und Weiterbildung auf dem Gebiet des Bankrechts. Weitere Mitglieder dieses Vereins sind Universitätsprofessor Martin Karollus, Vorsitzender des Gründungskonvents und Universitätsassistent Meinhard Lukas, als Vertreter des Mittelbaus im Gründungskonvent. Beide zeichnen für die Bestellung der Uniräte mitverantwortlich.
Dem Beirat des Instituts für Bankrecht gehört auch Ludwig Scharinger, Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank OÖ und Burschenschafter der Austro-Danubia an, der mittlerweile als einer der mächtigsten Männer an der JKU gilt. Der größte Hörsaal der Universität und ein Forschungspreis tragen seinen Namen, nun wurde er auch von den acht UnirätInnen als neuntes Mitglied und als Vorsitzender in den Unirat gewählt.
Für einen wenigstens 30%igen Frauenanteil im Unirat sorgte Wissenschaftsministerin Elisabeth Gehrer mit der Bestellung von Michaela Keplinger-Mitterlehner (Bank-Austria Creditanstalt OÖ), Monika Leisch-Kiesl (Universitätsprofessorin Katholisch-Theologische Privatuniversität Linz), Gabriele Petrovic (kaufmännische Geschäftsführerin der Statistik Austria), und als weiterem männlichen Unirat bestellte Gehrer Veith Risak (ehemaliger Präsident der Österreichischen Computer-Gesellschaft). An der Dominanz von VertreterInnen aus der Wirtschaft änderte Gehrer nichts, einzig die Bestellung von Leisch-Kiesl, die auf massiven Protest des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen der JKU hin einen Platz auf der Wunschliste an das Wissenschaftsministerium erhielt, beweist ein zaghaftes Bekenntnis zu Interdisziplinarität und Weltrang: Leisch-Kiesl steht dem einzigen Institut für Kunstwissenschaft und Ästhetik in Europa vor.
Auf wenig Freude stößt die Besetzung des Unirates der Kunstuniversität Linz durch das Ministerium. Hatte hier der Gründungskonvent besser gewählt und sich mit Valie Export eine anerkannte Avantgardekünstlerin in den „Aufsichtsrat“ geholt, sorgt doch die Bestellung von Peter Weiß (Chef des Wiener Karolinger-Verlages) durch Ministerin Gehrer für Empörung. Weiß‘ Verlag war nach Angaben des Dokumentationsarchives Österreichischer Widerstand zumindest bis 2001 an dem Verlag beteiligt, der Eigentümer des FP-nahen Wochenblatts Zur Zeit ist. Auch die Veröffentlichung des „Ravensberger Tagebuchs“ des bekennenden Faschisten Armin Mohler erfolgte durch den Karolinger Verlag.
Ob mit dieser Startposition ein Sprung in die Weltrangliste der Universitäten zu schaffen sein wird, muss sich an beiden Linzer Universitäten noch zeigen. Die Gelegenheit, wenigstens seitens des Gründungskonvents bei der Bestellung der UnirätInnen der Zwangsverwirtschaftung österreichischer Universitäten entgegenzuwirken, blieb – zumindest an der JKU – ungenutzt.
Jakob Bögl