von Shikrieh Nassr Salaheddin
Bevor ich vor 23 Jahren nach Österreich gekommen bin, habe ich die europäischen Frauen beneidet, weil sie sich frei bewegen und öffentlich ihre Meinung äußern können. Deshalb wollte ich so rasch wie möglich alles über die Kultur, die Menschen und die Sprache erfahren. Nach kurzem habe ich die deutsche Sprache beherrscht und im Laufe der Zeit bin ich immer mehr in das Alltagsleben der Österreicherinnen und Österreicher eingetaucht. Ich habe dabei eine Überraschung nach der anderen erlebt und gesehen, wie sehr die österreichischen Frauen durch die Gesetze an ihre Männer gebunden sind:
+ bei der Heirat z.B. nimmt die Frau den Namen ihres Mannes an (im Islam behält die Frau für immer ihren Mädchennamen), + die Frauen verdienen hier für die gleiche Arbeit weniger als die Männer, + sie werden indirekt bestraft, wenn sie ihre Rechte verlangen. Sie werden im Alltagsleben hart behandelt, körperlich wie seelisch (auf diese Art: „Du willst deine Rechte haben, du sollst mit deiner Gesundheit dafür zahlen“), + die Gesetze werden seit tausenden von Jahren von Männern für Frauen gemacht und wirken teilweise bis in das 21. Jahrhundert.
Dieser Eindruck hat sich auch bestätigt als ich, mittlerweile österreichische Staatsbürgerin, vor einem Jahr versucht habe, meine Nichte aus Syrien einzuladen. Nachdem ich alle nötigen Formulare beim Notar bestätigt hatte, schickte ich sie zur Österreichischen Botschaft in Damaskus. Nach zirka drei Wochen erhielt ich die Papiere mit dem Argument zurück, dass auf der Einladung für meine Nichte die Unterschrift meines Mannes fehlt. Mein Mann ist Beamter, ich bin freiberuflich tätig. Als Ehefrau habe ich vor dem Gesetz ein Recht auf sein Einkommen. Meine Unterschrift war aber in diesem Fall weniger Wert als die Unterschrift eines Mannes. Anscheinend habe ich als Ehefrau, Mutter und freiberuflich Tätige vor dem Gesetz weniger Wert als ein Mann. Was soll eine Frau tun in dieser Männergesellschaft? Wie lange sollen die Männer noch alleine über die gesamte Menschheit bestimmen?
Es wird zwar immer behauptet, dass die Frauen im Islam weniger Rechte hätten, als die Männer. Aber ich habe hier erlebt, dass die Frauen in Österreich in vielen Bereichen weniger Rechte haben als die Männer. Die Frauen tragen gleichzeitig eine große psychische Belastung am Arbeitsplatz und in der Familie.
Shikrieh Nassr Salaheddin