Pamela Ripota & Oliva Schütz über den Arbeitskreis „Sexismus in und um Kunst und Kulruinitiativen“.
Der Arbeitskreis „Sexismus in und um Kunst- und Kulturinitiativen“ gibt der „schleichenden Sensibilisierung“ im Umgang mit Alltagssexismen einen Kick.
Ein altes Sprichwort besagt, dass man(n) nicht vergessen sollte, vor der eigenen Tür zu kehren. Nicht selten kommt es nämlich vor, dass in den eigenen vier Wänden die gleichen oder ähnliche Missstände herrschen, wie außerhalb dieser. Einen solchen Missstand stellt beispielsweise der immer wieder bzw. immer noch auftretende Sexismus in und um Kunst- und Kulturinitiativen dar. Dank der in den letzten Jahren zunehmenden antisexistischen Initiativen in diesem Feld, welches sich bekanntermaßen Begriffe wie „fortschrittlich“, „innovativ/inventiv“, „alternativ“ oder „frei/offen/autonom“ auf seine Fahnen geheftet hat(te), ist zwar einiges in Bewegung gekommen, doch offensichtlich mangelt es immer noch an einer offenen, kritischen und reflexiven Auseinandersetzung.
Aus diesem Grund hat sich der Arbeitskreis „Sexismus in und um Kunst- und Kulturinitiativen“, initiiert von Stadtwerkstatt Linz und qujOchÖ – multiples Plateau für Kunst und Kultur, zum Ziel gesetzt, die Thematik von (Alltags-)Sexismen in der Diskussion zu reflektieren und dadurch die vielfältigen Zugänge und Erfahrungen der VertreterInnen von (vorerst) Kulturverein Waschaecht, Kunstraum Goethestrasse, KUPF, Verein Fiftitu%, Verein Medea, Kulturverein KAPU, Verein MAIZ, Prairie, Undergroundsound, Kulturverein Röda sowie von einzelnen MusikerInnen, KünstlerInnen und feministischen Wissenschafterinnen des Instituts für Rechtsgeschichte der Johannes Kepler Universität Linz zusammenzufassen.
Dieser intensive Austausch im Gespräch gewährt vorerst Einblick in Vorkommnisse, die im alltäglichen Umfeld stattfinden, denn in vielerlei Hinsicht besteht Kommunikations-, Reflexions- und Handlungsbedarf. Wie verlaufen z. B. die internen Entscheidungsprozesse in Kunst- und Kulturinitiativen? Wo existieren Zugangshürden für Frauen, wo strukturelle Barrieren innerhalb der Initiativen? Wie sieht es im Umgang mit offensichtlich sexistisch agierenden Künstlern aus? Welche Mechanismen können von Frauen angewandt und welche Strategien entwickelt werden, um sexistischen Handlungen (auch langfristig) entgegenzuwirken? Die sich dabei herauskristallisierende Vielfalt gilt es auf einen Nenner zu bringen. Hilfreich dabei, ist die thematische Unterfütterung mit Hilfe von Beteiligten des Arbeitskreises, die ein fundiertes Wissen über den Begriff „Sexismus“ mit einbringen. Die daraus resultierenden Prozesse und Ergebnisse sollen in Form von Projekten, Aktionen oder medialer Aufbereitung auch eine politische Außenwirkung erzielen, um einen antisexistischen Standpunkt auf verschiedenste Weisen sichtbar zu machen.
Im ersten Treffen des Arbeitskreises, welches Ende November, in den Räumlichkeiten der Stadtwerkstatt Linz stattfand, lag der inhaltliche Schwerpunkt vorwiegend auf dem Thema „Alltagssexismus“ in und um Kunst- und Kulturinitiativen, welcher durch hegemoniale gesellschaftliche Strukturen, die auch in „innovativen“ Kunst- und Kulturinitiativen – oft unbewusst – wirken, reproduziert wird. Der Zugang für Frauen, sich in diesen bzw. auch in den Strukturen der Musikszene, gleichberechtigt betätigen zu können, wird durch den großen Überhang der dort tätigen, männlichen Kulturarbeiter und Künstler, und der damit einhergehenden männerdominierten Entscheidungsfindung, erschwert. Arbeitsbereiche wie Booking, Programmgestaltung oder die Partizipation in einer Band sind männerdominierte Bereiche. Nicht zuletzt deshalb, weil Männer meist bestehende Seilschaften nützen können, die für Frauen versperrt bleiben. Frauen erwägen die Möglichkeit und das Selbstverständnis in diese Bereiche einzudringen, viel zu selten für sich; wagen sie es dennoch, wird ihnen doppelt so genau auf die Finger gesehen wie ihren männlichen Kollegen.
Einen weiteren Themenbereich umfasste die Sexualisierung der Künstlerinnen auf der Bühne, Zwischenrufe wie etwa „Ausziehen“ sind oftmals die typische Rezeption des männlichen Publikums auf Auftritte von Künstlerinnen. Viele Kulturarbeiterinnen standen und stehen vor der Erkenntnis, dass die bestehenden Strukturen für Frauen ständig neue gläserne Decken (re-)produzieren. Als einzige Konsequenz, der angesprochenen Problematik entgegenzutreten, sahen und sehen sie die Schaffung eigener, ausschließlich mit Frauen besetzter Initiativen und Netzwerke. Im zweiten Treffen des Arbeitskreises lag der Focus auf einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Begriff „Sexismus“. Dieser wurde von den Teilnehmenden als ein strukturelles, gesellschaftliches Problem wahrgenommen. Determiniert durch ein konstruiertes Rollenverständnis einer „heterosexuellen Matrix“ und einhergehend mit dem Mechanismus der Disziplinierung der Geschlechter in ihren zugeschriebenen Rollen.
Beim nächsten Treffen des Arbeitskreises, das nach Redaktionsschluss am 10. Februar 2003, um 19:00 Uhr in der KAPU, Kapuzinerstrasse 36, 4020 Linz stattfand, lag die Schwerpunktsetzung auf dem aktuellen Diskurs des „Gender Mainstreamings“ und der „queer theory“ sowie Aktionsformen, die sich daraus entwickelten. Der Arbeitskreis findet in einem sechswöchigen, zirkulierenden Rhythmus in den Räumlichkeiten der beteiligten Institutionen statt.
Nähere Informationen zum Arbeitskreis „Sexismus in und um Kunst- und Kulturinitiativen“ erhält frau derzeit durch Anfrage an ulcus@qujochoe.org.
Pamela Ripota Oliva Schütz