Über das Veranstalten vor und mit Corona. Von Lena Heinmüller, Miriam Mayer und Nina Schönacher.
Der Salzburg-Teil in der KUPFzeitung ist eine Kooperation von der KUPF OÖ und dem Dachverband Salzburger Kulturstätten. In den Ausgaben #182 und #183 unter redaktioneller Leitung von Thomas Neuhold (Uni Salzburg).
Nach mehr als zwei Jahren ohne Veranstaltungen war und ist das Verlangen nach Kulturveranstaltungen groß. Vor allem in den Sommermonaten gibt es jede Woche eine große Palette an Events verschiedener Sparten. Bedingt durch die Lockdowns und Beschränkungen der letzten beiden Jahre stehen die Veranstalter*innen nun vor der Situation, dass Verschobenes nachgeholt wird. Und das ist nach fast zwei Jahren Pause gar nicht so wenig. Gleichzeitig seien aber auch wieder neue Produktionen entstanden, erläutert Dagmar Aigner, Abteilungsleiterin von Kultur, Bildung und Wissen der Stadt Salzburg. Sie würde dies jedoch nicht als „Kulturflut“ bezeichnen, da eine Flut etwas Katastrophenartiges an sich habe und es verständlich sei, dass sie Kultur nicht als Katastrophe empfinden könne. Vielmehr sei es ein sehr kräftiges Lebenszeichen der Kulturszene. Da es des Öfteren vorkommt, dass mehrere Feste und Feiern auf einen Tag fallen, steht man nun als Kulturliebhaber*in vor der sprichwörtlichen Qual der Wahl.
Gab es einen Umschwung von der Kulturebbe der Coronazeit zur Kulturflut? Spüren Veranstalter*innen zunehmenden Konkurrenzdruck im Vergleich zu vor Corona?
Auf die Frage, ob es mehr Veranstaltungen gibt als vor Corona, meinte Wolfgang Descho, der Geschäftsführer des Rockhouse Salzburg, dass es auch vor der Pandemie viele Veranstaltungen gegeben habe. Der Unterschied bestehe darin, dass manche Veranstaltungen so oft verschoben wurden, dass sie mit anderen auf einen Tag fallen. Ab und zu gebe es dann eben Kollisionen, so Descho. Die Salzburger Organisator*innen würden sich jedoch absprechen und aufeinander Rücksicht nehmen.
Laut Gerd Pardeller, Geschäftsführer und künstlerischer Leiter des Verein MARK für kulturelle und soziale Arbeit, verzeichne das offene Kulturhaus einen Rückgang der Besucher*innen von ca. 15 Prozent. Dies schreibe er aber eher der Angst vor der Pandemie und der Inflation zu als dem Zuwachs an Veranstaltungen in und rund um Salzburg.
Auch Birgit Weszelka, die für die Kommunikation und Produktmanagement des 5020 Festivals, ein lokales Jugendkulturfestival, verantwortlich ist, bestätigt, dass das Verschieben und Absagen von Veranstaltungen dazu führe, dass sich dann manche Termine zeitlich überschneiden. Sie betont, dass der Anstieg des Angebots zudem mit den Bedürfnissen des Publikums zusammenhänge. Den Nachholbedarf nach Corona würde man über alle Altersschichten hinweg merken und darauf müsse man als Veranstalter*in reagieren. Den Konkurrenzdruck hätte sie beim 5020 Festival nicht so sehr wahrgenommen, da sich die Veranstalter*innen bewusst in einer noch nicht besetzten Nische in Salzburg positioniert hatten. Klemens Schuster von der SZENE in Salzburg sieht ebenfalls keine gesteigerte Aktivität und äußert, dass sich die Frequenz der Veranstaltungen im Durchschnitt bewege.
Dagmar Aigner schildert ebenfalls, dass diese hohe Veranstaltungsdichte nicht unbedingt etwas Neues für sie sei, da diese für die Stadt Salzburg gemessen an der Größe generell sehr hoch sei. Gemäß ihrer Kulturstatistik waren es in Vorcoronazeiten an die 5.000 entgeltliche Veranstaltungen pro Jahr, die von über 900.000 Menschen besucht wurden (an rund 90 verschiedenen Orten). Es sei also ersichtlich, dass ein dichtes Programm zu Salzburg dazu gehöre, auch mit den anfangs angesprochenen Überschneidungen.
Endlich wieder nach außen gehen können mit dem, was an kreativem Potential und Fertigkeiten da ist, mit dem, was die Künstler*innen innerlich beobachten, bearbeiten und was sie antreibt – das sieht Dagmar Aigner grundsätzlich positiv. Und auch aufgrund der ungewissen Herbst-/Wintersaison versteht sie, dass gezeigt werde, was gezeigt werden kann.
Dagmar Aigner sieht derzeit auch noch keine „Filettierung“ des Publikumsmarktes oder eine Übersättigung. Wohl aber sei es natürlich so, dass der*die Besucher*in sich entscheiden könne und müsse, welches Programm in Anspruch genommen wird.
In den Gesprächen mit Salzburger Veranstalter*innen wird deutlich, dass der Begriff „Kulturflut“ reichlich unpassend ist. Flut hat ja doch ein Katastrophen-Framing. Zudem ist die Veranstaltungsdichte im Vergleich zu „Vor-Corona“ nicht überdurchschnittlich. Und alle hoffen eines: Auch wenn es keine „Flut“ gebe, eine erneute „Ebbe“ möge ausbleiben.
Lena Heinmüller studiert Kommunikationswissenschaften an der Universität Salzburg und hat die Stadt ohne sozial-kulturelle Veranstaltungen kennen und mit lieben gelernt.
Nina Schönacher studiert ab Herbst im fünften Semester Kommunikationswissenschaften in Salzburg und zog in einer Zeit der vollkommenen Kulturebbe nach Salzburg. Gerade deshalb sind die vielen Veranstaltungen gerade umso schöner.
Miriam Mayer studiert ebenfalls ab Herbst im fünften Semester Kommunikationswissenschaften in Salzburg, wo sie die Liebe zur Kultur und ihrer Vielfältigkeit entdeckte.
Geneigtes Publikum,
hier eine Win-Win-Situation: Die vier Salzburg-Seiten in der aktuellen Ausgabe der KUPFzeitung sind Ergebnis einer Lehrveranstaltung an der Uni Salzburg/Kommunikationswissenschaften. Für die Student*innen eine gute Gelegenheit, in die weite Welt des Kulturjournalismus hinein zu schnuppern. Für den Dachverband Salzburger Kulturstätten eine Chance, angehende Journalist*innen für seine Arbeit zu interessieren und zur Mitarbeit zu animieren.
Thomas Neuhold (Lehrveranstaltungsleiter)