Was dem Land Oberösterreich seine Landesausstellungen sind, ist der Freien Szene ihr Festival der Regionen (FdR). Zuletzt haben sich beide Formate neu aufgestellt. Thomas Diesenreiter mit einer Einordnung der jüngsten Veränderungen.
communale OÖ
Das Land Oberösterreich hat im Frühjahr angekündigt, seine Landesausstellungen zukünftig als „communale OÖ“ und als „OÖ KulturEXPO“ neu auszurichten. Den Auftakt macht dabei die communale Eferding, die heuer von 1. Juli bis 15. November stattfinden wird. Schon bei der Präsentation des neuen Konzepts drängte sich manchen die Frage auf, ob sich das Land dabei vom Festival der Regionen inspirieren ließ. Denn das neue Format setzt künftig deutlich stärker auf zeitgenössische Kunst und Kultur als bisher. Die ersten veröffentlichten Programmdetails zeigen viele bekannte Namen der oberösterreichischen Szene, auch der Wille zur verstärkten Kooperation mit den regionalen Initiativen und Künstler*innen wurde betont. In einem communale CAMPUS soll weiters ein temporärer Ort für Austausch und Debatte geschaffen werden. Auch das ist eher ungewohntes Terrain für Landesausstellungen. Die Kuratierung der communale OÖ ruht auf einem mehrköpfigen Team unter Leitung von Verena Karner aus der Landeskulturdirektion.
Festival der Regionen
Der Vorstand des FdR hat anlässlich seines 30. Geburtstags einen breiten Diskussionsprozess über seine Strukturen und Ziele initiiert. Über ein Jahr lang wurden Kulturtätige und Stakeholder*innen eingeladen, über ihre Sicht auf und Erwartungen an das FdR zu diskutieren. Dieser Organisationsprozess wurde im Frühjahr vorerst abgeschlossen und hat viel Neues gebracht. Die beiden Vorstandsmitglieder Fina Esslinger und Anna Rieder fassen die wichtigsten Ergebnisse wie folgt zusammen:
“Wir sind von einem Intendanzprinzip – im Sinne von ‚back to the roots’ – umgestiegen auf ein kollektives Kuratieren. Dafür haben wir fünf Personen gesucht, die das Festival 2023 programmieren werden. Der Vorstand wurde ebenfalls neu besetzt. Darüber hinaus haben wir ein neues operatives Team, einen neuen Vereinsbeirat und einen Regionalbeirat. Die Beiräte und das Programmboard werden für die jeweiligen Ausgaben neu gewählt. Es ging darum, unterschiedliche Netzwerke einzubinden – und das für jedes Festival neu.
Das Ziel selbst habe sich dabei laut Rieder und Esslinger nicht verändert. Noch immer wolle das Festival mit Kunst im dezentralen Raum dazu beitragen, die vorhandenen Strukturen in den Regionen zu stärken und durch einen Blick von außen sowie durch internationalen Austausch nachhaltig positiv zu prägen. Damit das Festival wieder stärker die Funktion als Resonanzboden spezifischer regionaler Problemlagen wahrnehmen könne, sei eine stärkere Vernetzung mit freien Szene und der KUPF OÖ angesagt, wie die beiden Vorstandsmitglieder ausführen. So wolle das FdR wieder relevanter für die Entwicklung der Oberösterreichischen Kunstlandschaft werden. Die nächste Festivalausgabe 2023 widmet sich unter dem Thema „Höchste Eisenbahn“ der Region entlang der Summerauer Bahn, die von Linz über das Mühlviertel bis an die tschechische Grenze verkehrt. Während die communale OÖ keinen Call for Participation ausgeschrieben hat, lädt das FdR wie in den Vorjahren über eine Ausschreibung breit zur Mitarbeit ein.
Ähnlichkeiten und Unterschiede
Communale und FdR haben eines gemeinsam: Beide „Leuchtturmprojekte“ werden von ihren jeweiligen Träger*innen als wichtige Werkzeuge gesehen, um kulturpolitische Entwicklungen anzustoßen und voranzutreiben. Während der communale jedoch ein Projektbudget exklusive Overheadkosten von 2 Mio Euro zur Verfügung steht, muss das FdR mit einem Gesamtbudget von 1,2 bis 1,4 Mio Euro sein Auslangen finden. Der Finanzierungsbeitrag des Landes OÖ zum FdR in Höhe von 600.000 Euro blieb dabei seit der ersten Ausgabe im Jahr 1993 unverändert. Verhandlungen, die öffentliche Förderung aufzustocken, waren trotz positiver Signale zu Druckschluss noch nicht abgeschlossen.
Trotz mancher Ähnlichkeiten werden sich beide Formate auch aufgrund der Träger*innenschaft – die communale als Landesprojekt und das Festival der Regionen als Szeneinitiative – gut voneinander abgrenzen und im besten Fall ergänzen können. Klare Gewinnerin der Neuausrichtungen ist jedenfalls die zeitgenössische Kunst- und Kulturszene Oberösterreichs, die von beiden Entwicklungen profitieren wird.
Eine Langversion des Interviews mit den Vorstandsmitgleidern Fina Esslinger, Lorena Höllriegl und Anna Rieder, geführt von FdR-Gründungsmitglied Rainer Zendron, ist hier nachlesbar.