Lernen lernen? Keine Zeit!

Ich bin Vermittler*in. Ich arbeite mit Schüler*innen und habe verschiedene altersgerechte Programme drauf. Ich kann Erlebnisse bieten, die auf ganz spezielle Bedürfnisse maßgeschneidert sind. Ich kann auf geschichtliche Entwicklungen referenzieren, Diskriminierungsmechanismen erkennen, aufzeigen und enthebeln, Gruppendynamiken einordnen und auffangen, ich gestalte auch Diskursräume, rege zum Entwickeln von Fragestellungen an. Ich bin kein Roboter.

Ich arbeite in einer Zeit, in der ein Museumsbesuch Entertainment sein soll. Referenzpunkt für Qualität: Besucher*innenzahlen. Was aber wäre, wenn wir die Praxen des Lernens erforschen und weiterentwickeln? Was sind Qualitätsmerkmale eines guten Workshops? Was muss gelingen, damit etwas gelingt? Wie messen wir das? Wer sind Bündnispartner*innen? Die Kulturinstitution, in der ich arbeite, wäre gerne ein Lernort. Um die Entwicklung des Lernens wirklich kümmern kann sich dort aber niemand, dafür reichen Budget und Zeit nicht. Ich werde pro übernommener Vermittlung bezahlt, nicht für das Nachdenken, schon gar nicht hinterher. Da muss ich dann zum nächsten Job. Die Leitung der Abteilung dieser Institution wird dafür bezahlt, ein Programm zu machen, das viele mögen. Aber wenn das alles so gut funktioniert, warum befinden sich Kulturinstitutionen dann in der Krise? Wenn sie so zufrieden sind mit sich selbst, warum wollen sie unbedingt Lernorte sein? Wenn sie unbedingt Lernorte sein wollen, warum ist das Entwickeln von Lernprozessen so marginal? Einrichtungen der kulturellen Bildung wie Museen sollten darüber nachdenken. Sie sollten sich dafür zuständig fühlen. Prozesse, die in ihnen stattfinden (können), sind für alle wirklich wichtig. Fragestellungen können gemeinsam entwickelt werden. Sie betreffen unsere Gesellschaft. Individuelle und gemeinschaftliche Veränderung kann so in Gang gesetzt werden. Lernen kann passieren. Ob Ausstellung, Buch, Zine, Blog, Kommunikationsraum, Party, Spektakel, Kulturveranstaltung, Frühstück, Performance oder Intervention – wenn wir uns erst einmal verständigt haben was, warum und wie gelernt werden soll, kann Lernen viele Gesichter haben.