Fair Pay in der Praxis

Das Land Salzburg startet als erste österreichische Gebietskörperschaft eine Fair Pay-Offensive für Kulturarbeiter*innen. Susanne Lipinski und Veronika Zangl forschen nach, ob und wie Fair Pay ankommt.

Stadt, Land, Bund

Bis 2024 will das Land Salzburg eine Million Euro für angestellte Kulturarbeiter*innen investieren, damit diese nach den Empfehlungen von Fair Pay bezahlt werden. Der Bund ist nachgezogen und stellt nun 6,5 Millionen Euro zur Verfügung, um die von ihm geförderten Projekte und Institutionen fairer zu bezahlen. Die Stadt Salzburg will laut Kulturstadtrat Bernhard Auinger in den kommenden Jahren mit 900.000 Euro den Fair Pay Gap in der Kulturarbeit schließen. Das klingt nach viel Geld und großem Engagement – de facto gibt es aber Luft nach oben, denn das veranschlagte Budget ist wie erwartet zu gering. Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer bezieht sich auf eine Fair Pay Gap-Studie des Gallup Instituts, in der eine real benötigte Summe von 25 Millionen Euro für ganz Österreich erhoben wurde. In der Studie wurden jedoch nur rund 200 Institutionen befragt. Deswegen bezweifelt die IG Kultur, dass die Studie repräsentativ ist.[1]

Angepasste Löhne

Die IG Kultur hält seit Jahren ein Gehaltsschema bereit, wie Fair Pay im Kulturbereich aussehen müsste. Das Land Salzburg fördert seit heuer 50 Kulturbetriebe, damit sie ihren Angestellten Gehälter in der Höhe von 70% dieses Schemas zahlen können.[2] Das Geld muss, so die Bedingung, direkt in die Gehälter fließen. Kulturvereine wie Theater Bodi end Sole in Hallein, das Künstler*innenkollektiv gold extra in der Stadt Salzburg oder der Kulturverein Tauriska in Neukirchen am Großvenediger atmen auf. Dank der angepassten Löhne können sie sich erstmals auf ihre künstlerische Arbeit fokussieren und müssen keine Arbeitszeit mehr dafür aufbringen, zusätzliche Gelder „aufzustellen”. Kulturlandesrat Heinrich Schellhorn konnte für das Jahr 2022 ein Budget von 250.000 Euro aushandeln, womit heuer 70% Fair Pay bezahlt werden können. Eine weitere Besserung folgt: „2023 erhöht sich der Anteil auf 80% und 2024 werden 90% angepeilt, wobei dazu auch die Städte, Gemeinden und der Bund ihren Beitrag leisten sollten“, so Schellhorn.

Die Stadt Salzburg will den Gemeinden mit gutem Beispiel vorangehen, steigt aber erst 2023 in den Fair Pay-Prozess ein. „Die Kosten für Fair Pay, die auf kleinere Kommunen zukommen, sind geringer, aber dennoch zusätzliche Aufwendungen. Ich sehe die Stadt hier klar in einer Vorreiter*innenrolle, weil es in der Thematik Fair Pay auch ganz stark um Wertschätzung für die Kultureinrichtungen geht“, so Kulturstadtrat Bernhard Auinger. 

Kommt Fair Pay in den Salzburger Gemeinden an? 

Im Land Salzburg gibt es bereits eine Handvoll Kulturvereine, die ihre Angestellten fair entlohnen. Diese können vorerst nicht auf das Budget des Landes Salzburg zugreifen – sie bezahlen ihren Mitarbeiter*innen bereits mehr als 70% des Fair Pay-Gehalts. In Saalfelden haben Bund, Land und Stadtgemeinde schon vor längerer Zeit in Kulturarbeit und das Kulturzentrum Nexus investiert: in Anstellungen, in den Standort, in nachhaltige Kulturarbeit. Nexus-Intendant Mario Steidl: „Wir bezahlen unsere Mitarbeiter*innen selbstverständlich nach dem Fair Pay-Schema. Es ist auch nicht einzusehen, dass Menschen, die in der Arbeitszeit sehr flexibel sein und unzählige Stunden am Abend und an den Wochenenden arbeiten müssen, nicht einmal nach Kollektivlohn bezahlt werden sollen.“ Saalfelden hat sich mit dem seit 40 Jahren bestehenden internationalen Jazzfestival einen Namen gemacht. Abseits des Festivals programmiert das Nexus zeitgenössisches Kulturprogramm mit hoher Qualität in allen Sparten. 

Das Ende des Ehrenamts?

Nicht in allen Kulturvereinen sind Mitarbeiter*innen fix angestellt. Allerdings leistet gerade das ehrenamtliche Personal in den kleinen Vereinen wertvolle Arbeit: etwa beim Kulturverein Binoggl in der Pinzgauer Gemeinde Lofer, der die Region Saalachtal jährlich mit 50 zeitgenössischen Kulturveranstaltungen bespielt. Auf die Frage, ob der Verein von der Fair Pay-Offensive des Landes Salzburgs profitiere, sagt Leiterin Sabine Hauser: „Nicht direkt, denn es gibt keine Anstellung für Kulturarbeit im Saalachtal. Indirekt aber doch etwas, denn immerhin ‘wagen’ wir es, kleine Aufwandsentschädigungen für abgewickelte Veranstaltungen in Rechnung zu stellen.“ 

Dem Land Salzburg ist es durchaus bewusst, dass es problematisch ist, wenn zu viel Kulturarbeit ehrenamtlich getragen werden muss. Auch in anderen Bereichen, wie etwa der regionalen Bibliotheksarbeit oder im Sport, stellt das Ehrenamt eine wesentliche Stütze dar. Die Entwicklung vom Ehrenamt in die Professionalisierung ist komplex. „Einige Kulturvereine wurden mit viel Engagement in den 1980er Jahren gestartet, die Gründer*innengeneration ist aber jetzt gerade dabei ‘in Pension’ zu gehen und junges ehrenamtliches Personal ist sehr schwer zu finden“, stellt Elisabeth Schneider vom Kulturkreis Radstadt im Pongau fest. Die Aufgaben von regionaler Kulturarbeit übersteigen häufig die vorhandenen Ressourcen. Der Erhalt eines oft minimalen Betriebes beschäftigt die Engagierten. Die Grenzen zwischen Ehrenamt und Selbstausbeutung verschwimmen. 

Nicht alle Kulturinstitutionen profitieren von der Fair Pay-Offensive, die Gelder aber – da sind sich alle Salzburger Kulturakteur*innen einig – werden nachvollziehbar und transparent verteilt. Konsens herrscht auch darüber, dass es noch zu wenig Geld ist, den ersten Schritt hat das Land Salzburg gemacht, um die notorische Unterbezahlung für Kulturarbeiter*innen und Künstler*innen zu verbessern. Zusätzlich zu Fair Pay wäre es wünschenswert, Kulturarbeit im ganzen Land Salzburg weiter zu professionalisieren. Dazu müssen alle Gemeinden von der Stadt Salzburg bis ins Saalachtal mit ins Finanzierungsboot geholt werden.


[1] Förderpraxis bleibt unfair – intransparente Fair-Pay-Umsetzung bei Bundesförderungen | IG Kultur 

[2] Gehaltsschema für Kultur – Fair Pay für Kultur (fairpaykultur.at)