SPÖ-Landtagspräsidentin Gerda Weichsler-Hauer und Klubvorsitzender Michael Lindner im Gespräch mit Verena Humer.
Verena Humer: Was waren die kulturpolitischen Erfolge der SPÖ der vergangenen sechs Jahre?
Gerda Weichsler-Hauer: Wir sind insbesondere unserer Aufgabe als Opposition nachgekommen. Themen waren die Förderung für die KTM Motohall oder die Rechnungshofberichte, die darauf aufmerksam gemacht haben, dass beim Museumsdepot einiges im Argen liegt. Die SPÖ hat massiv Druck gemacht, damit das aufgeklärt wird. Außerdem haben wir gefordert, das Kulturbudget für regionale und zeitgenössische Kulturinitiativen um 50 % zu erhöhen. Dafür haben sich aber ÖVP und FPÖ nicht erwärmen können.
Im Wahlprogramm der SPÖ wird ein breites Kulturangebot für Oberösterreich gefordert. Welche Visionen und konkreten Vorschläge haben Sie für die nächste Legislaturperiode?
Michael Lindner: Für die Zukunft ist es wichtig, dass man einen unabhängigen, emanzipativen Journalismus fördert. Da geht es auch um eine nachhaltige finanzielle Absicherung der freien Medien. Nur dann kann man unbeeinflusst kritisch berichten und über Themen diskutieren, die ansonsten in den klassischen Medien keinen Platz haben. Wie können sich vor allem junge Menschen aneignen, kritisch auf das zu blicken, was sich in den Medien abspielt. Gerade im Social Media haben wir sehr stark mit Fake News oder Hass im Netz zu kämpfen. Da geht es um kritische Medienerziehung und da spüre ich in Oberösterreich auf Landesebene noch sehr wenige Initiativen. In diesem Bereich könnten die freien Medien, vom Land gefördert, eine besondere Verantwortung übernehmen.
Gerda Weichsler-Hauer: Wir fordern außerdem eine Höherdotierung der Förderungen und Stipendien. Es gibt Berechnungen, dass das Durchschnittseinkommen von Künstler*innen bei 14.000 Euro liegt. Das führt viele in die Altersarmut.
Sie haben angedeutet, dass im Landtag gestellte Anträge oft wenig Wirkung haben. Ist das verlorene Liebesmüh?
Gerda Weichsler-Hauer: Die Anträge ermöglichen, dass sich alle Abgeordneten mit einem Thema auseinandersetzen müssen. Ohne dieses Mittel würden insbesondere die kleineren Parteien im Landtag kein Gehör finden. Dort, wo der Eindruck entsteht, dass etwas nicht ordnungsgemäß abgelaufen ist, können wir den Landesrechnungshof einschalten. Wir haben diese Instrumente in der vergangenen Periode genutzt – Stichwort KTM.
Die SPÖ will laut Programm ab 2022 die Basisfinanzierung auf 5 Mio. Euro erhöhen. Wie wollen Sie das erreichen?
Michael Lindner: Sie sprechen ein Demokratieproblem an: Eigentlich ist die Landesregierung die Vollziehung dessen, was die Abgeordneten im Landtag beschließen. Das Problem ist, dass den Abgeordneten wichtige Einsichts- oder Kontrollrechte fehlen. Es braucht also eine Stärkung des Landtages, damit man Themen wie eine Verdoppelung des Kulturbudgets durchsetzen kann. Bedeutend ist zusätzlich öffentliche Aufmerksamkeit, etwa als beim Kürzungsbudget 2017/18 die Zivilgesellschaft auf die Straße gegangen ist. Am wichtigsten werden die vier Wochen nach der Wahl sein. Da entscheidet sich, wer mit wem zusammenarbeitet. In den Verhandlungen werden wir unsere Vorschläge einbringen. Und wir werden uns beim Budget-Landtag im Dezember wieder ordentlich ins Zeug hauen.
Warum sollten Aktivist*innen der Freien Szene der SPÖ im Herbst ihre Stimme geben?
Gerda Weichsler-Hauer: Ich weiß durch ständigen Austausch mit der Freien Szene, wie prekär dort das Arbeiten ist. Es ist höchste Zeit, dass es Absicherung gibt und Arbeit entsprechend bezahlt wird. Außerdem braucht es Bürokratieabbau. Wir haben in Pandemiezeiten gesehen, wie schwierig es war, etwas aus den Töpfen herauszubekommen. Wichtig ist mir zudem, dass viel mehr Kunst und Kultur im dezentralen Raum stattfindet. Der Zugang muss am Land genauso einfach sein wie in der Stadt. Ich habe früher Aufführungen des Landestheaters in Steyr erleben dürfen, weil es eine Kooperation gegeben hat. Diese Schiene muss man auch für die Zukunft weiterdenken.
#KTMgate und Museumsdepot
Unter dem Stichwort #KTMgate deckte die KUPF im Sommer 2019 rechtswidrige Kulturförderungen an den Innviertler Motorradhersteller KTM zur Errichtung des „Museums“ KTM Motohall auf. Die Verstöße bei der Vergabe der Förderungen wurden später durch ein Rechtsgutachten und den Landesrechnungshof bestätigt.
Ebenfalls vom Landesrechnungshof stark kritisiert wurde die Kostenexplosion beim Umbau des Museumsdepots, eines Lagers für Kunstwerke des Landesmuseums. Der Anstieg des Investitionsvolumens von 1,7 auf 6,2 Millionen Euro und die verspätete Weitergabe der relevanten Informationen an Landeshauptmann Thomas Stelzer führte schließlich zum Rücktritt des zuständigen ehemaligen Kulturdirektors Reinhold Kräter.
Anlässlich der im Herbst anstehenden Wahlen lädt die KUPF OÖ gemeinsam mit Land der freien Medien, dem Verbund der vier freien Radios in Oberösterreich und DorfTV, die Kultur- und Mediensprecher*innen der im Landtag vertretenen Parteien zum Gespräch. Das Interview wurde für die KUPFzeitung gekürzt und kann vollständig auf DorfTV und im Archiv der freien Radios nachgesehen und -gehört werden.
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