So nicht! Fetisch Partizipation

Partizipation ist eine Plage. Sie sind neu in der Debatte? Partizipation ist das Wort, das die Bobos, die Studierten und die Kulturbeamt*innen benutzen, wenn sie wollen, dass ‚die Anderen’ auch mitmachen. Etwa ‚die Bürger*innen’, oft ‚die Migrant*innen’. Manchmal Frauen, Rollifahrer*innen, Kinder oder Nachbar*innen. Gute Kunst- und Kulturprojekte brauchen – da sind sich neuerdings alle einig – die Teilhabe der ‚Anderen’. Je mehr sichtbare Diskriminierungsfaktoren eine Person in sich vereint, desto eher wird sie zur Partizipation verdonnert. Publikum zählt dabei nicht, das schaut ja nur zu. 

In der Praxis lässt man ‚die Anderen’ dann zwar gerne ein bisschen mitspielen, aber bloß nicht zu viel! Frauenquote im Vorstand? Sicher – solange die informelle Macht im Herrenklüngel verbleibt. Bilder von ein paar dicken Menschen aufs Plakat? Sicher, solange der Rest der Kollektion slim fit bleibt. Ein paar Schwarze ins Advisory Board? Sicher – solange dieselben Weißen wie immer das Ruder führen. Das performative Betonen der eröffneten Partizipationsflächen durch akademische Sprachkünstler*innen in Uni-Seminaren, Kunstblogs und Jurybegründungen steht oft genug in krassem Widerspruch zu ökonomisch-politischer Teilhabe. ‚Die Anderen’ zu Partizipation zu verdonnern, betoniert einmal mehr deren Ausschluss – bei gleichzeitiger positiver Aufladung der Einfamilienhausbesitzer(!)-Kinder mit Uni-Abschluss.

Nur weil die Partizipation oft scheinheilig praktiziert wird, heißt es, solle man den Gedanken nicht verwerfen, sondern sich um eine kritische und tatsächliche Realisierung bemühen. Ja eh. Aus dem Partizipationsgewäsch spricht aber häufig eine kunstfeindliche Funktionalisierung der Kulturarbeit. Diese möge das Erreichen, was die Politik selbst nicht auf die Reihe kriegt: eine zeitgenössische Demokratie leben, das Völkische überwinden und Diversität ökonomisch abbilden. Macht Euch Euren Scheiß doch selbst!

Die Kritikkolumne wird, ebenso wie ihre Vorgängerin, die Gnackwatsch’n, anonym publiziert.