KulturX – der von der KUPFzeitung ausgeschriebene Wettbewerb um einen Ersatzbegriff für ‚Kulturschaffende‘ – ist zu Ende: And the winners are …
Die Ausgangslage
‹Kulturschaffende› ist ein auf ersten Blick inklusiver Begriff. Er scheint geschlechtsneutral und schließt verschiedene Professionen und Tätigkeiten im Kunst- und Kultursektor ein. Das ist hilfreich, wenn man etwa auf die prekären Zustände einer ganzen Szene hinweisen will. Sieht man sich aber seine Geschichte an, wird es problematisch: Der Begriff ‹Kulturschaffende› wurde von den Nazis erfunden und war tief in deren Ideologie verwurzelt.
Der Wettbewerb
Begleitet von Berichterstattung in KUPFzeitung, derStandard und Deutschlandfunk Kultur suchten wir von Mitte März bis Ende April 2021 also nach alternativen Begriffen. Dabei ging es nicht darum, jemandem den Mund zu verbieten. Vielmehr sollte die Auseinandersetzung mit dem Sprechen über Kunst und Kultur im Zentrum stehen. Neben der Findung und Etablierung von Alternativen ging es darum, eine Diskussion loszutreten und für die Macht von Sprache zu sensibilisieren.
Die Jury
Die unabhängige Fachjury bestand aus Stefan Sonntagbauer (Musiker, Schriftsteller), Adriana Torres Topaga (Künstlerin, maiz), Isolde Vogel (Historikerin und Yad Vashem-Projektmitarbeiterin) und Anne Wiederhold (Künstlerische Leitung Brunnenpassage Wien).
Die Fakten
Insgesamt wurden bis zum Ausschreibungsende 140 Begriffe (davon 102 unterschiedliche) von 116 Einreicher*innen gesammelt. Nach einer individuellen Vorreihung der anonymisierten Einreichungen durch die Jury wurden 22 Favoriten in einer 2-stündigen Sitzung im Detail besprochen. Als Preisgeld standen für zwei Anerkennungspreise je 250 Euro und für den Hauptpreis 1.000 Euro zur Verfügung.
Die ausgezeichneten Begriffe
Mit dem Hauptpreis – die drei voneinander unabhängigen Einreicher*innen erhalten auf Beschluss der Jury je 333,33 Euro – ausgezeichnet wird:
- ‚Kulturtätige‘, eingereicht von Kathrin Delhougne (Kunsttherapeutin & Bildende Künstlerin, Wien), Ronja Fábián (Bildende Künstlerin & Fotografin, Wien) und Egid Jöchl (Komponist, Innsbruck)1
Einen Anerkennungspreis erhalten:
- ‚Kultur-Engagierte‘, eingereicht von Sarah Kraushaar (Chefin vom Dienst, Redakteurin & Texterin, Salzburg)
- ‚Kulturaktive‘, eingereicht von Karl Zechenter (Künstler, Forscher/Lehrender, Interessenvertreter, Salzburg)
Die Begründung der Jury
Nach intensiver Diskussion entschied die Jury sich für drei Begriffe, die einladen sollen, sich darin selbst zu verorten. Dabei wurden offene und konventionelle Begriffe experimentelleren Wortschöpfungen vorgezogen, um die vielfältige Kulturlandschaft abzudecken und ihren Akteur*innen größtmögliches Identifikationspotential zu bieten. Den bereits etablierten Begriff der ‹Kulturarbeiter*innen› hält die Jury weiterhin für wirkkräftig und notwendig – aufgrund seiner Nennung im Ausschreibungstext, entschloss sie sich allerdings, ihn nicht zu prämieren.
Die drei Auszeichnungen eint ihre Eingängigkeit und Verständlichkeit und die damit verbundene Einschätzung der Jury, sie leicht in den Sprachgebrauch aufnehmen zu können. Während ‹Kultur-Engagierte› den Aspekt des «hohen persönlichen und ideellen Einsatz[es]» (Kraushaar) hervorhebt, betont ‹Kulturaktive› «noch stärker die Handlung» (Zechenter), ohne dabei das Feld auf aktivistische Zugänge zu beschränken. Der Favorit der Jury, ‹Kulturtätige›, überzeugt vor allem durch seine Praktikabilität und Neutralität. Er ist «kürzer» als die ‹Kulturschaffenden› und «leicht auszusprechen» (Fábián). Er enthält ‹die Tat›, ‹das Tun›, klammert gleichzeitig aber den ‹Zwang› produktiv zu sein aus. Und: Die «unterschiedlichsten Berufsfelder und Lebensrealitäten» (Delhougne) werden abgebildet – so umfasst er etwa auch «Vermittler*innen, Veranstalter*innen» (Jöchl). Damit schließt er auch gut an ‹Kulturarbeiter*innen› an, ohne jene auszuschließen, die ihre Tätigkeit nicht als Arbeit (oder als mehr als Arbeit) verstehen.
Wir gratulieren den nun ausgezeichneten Kultur-Engagierten, Kulturaktiven und Kulturtätigen – und bedanken uns bei den zahlreichen Einreicher*innen für die anregenden Diskussionsbeiträge und die vielen weiteren Alternativen!
1 Auch Karl Zechenter reichte den Begriff ein, wurde aber mit ‚Kulturaktive‘ bereits ausgezeichnet, weshalb die Jury gegen eine doppelte Auszeichnung entschied.