Sprich nur ein Wort

„Der Stau auf der A1 löst sich auf, die Unfallstelle wurde von den Feuerwehrmännern und -frauen geräumt.“ … Irritiert? Ehrlich gesagt, ich war es kurz. Dieser simple Verkehrsfunk verbannte mit einem Ruck ein Klischee-Bild aus meinem Hirn direkt in die Mülltonne. Es war eine befreiende Irritation. Und der Beweis, dass ‚mitgemeint‘ ein Mythos ist und nur einem überholten Archetypus ‚Mann‘ dient. Jegliche andere Vielfalt wird brutal übermalt. 

Wir wissen mittlerweile aus zahlreichen Studien, dass es zu eklatanten Verschiebungen in Zuversicht, Selbstbewusstsein und Leistung führen kann, wenn man Mädchen und Buben einredet, dass sich ihre Talente nach ihrem biologischen Geschlecht richten. (Studien, Kommentare, kritische Analysen und aufschlussreiche Interviews gibt es mittlerweile zahlreich und öffentlich abrufbar, beispielsweise unter SPIEGEL.de in der Kategorie „Thema Sprache“.)

Der DUDEN, die quasi moralische Überinstanz von sprachlicher Korrektheit, hat sich bis 2021 Zeit gelassen, um weiblichen Berufsbezeichnungen die gleiche Wertigkeit wie männlichen zu geben. Das heißt, erstere werden jetzt nicht mehr als Suffix der männlichen Bezeichnung erwähnt, sondern sind ein eigener Eintrag. Ein längst überfälliger Schritt! Warum sollten Frauen keines eigenen Eintrags wert sein? Weil es immer schon so war? Stimmt nicht! Nachzulesen beim Linguisten Anatol Stefanowitsch: Das generische Maskulinum gibt es erst seit dem 19. Jahrhundert. Davor hatten Frauen schlichtweg noch keine Rechte, was eine weibliche Form obsolet, das Argument jedoch nicht besser macht. 

Aber die Lesbarkeit! Auch längst widerlegt. Eine Studie von Jane Oakhill zeigt: Folgt auf die Verwendung des generischen Maskulinums ein Satz, in dem eine ‚mitgemeinte‘ Frau erwähnt wird, führt das zu Irritation und das Gehirn benötigt längere Zeit zur Verarbeitung. Das passiert mit gendergerechter Sprache nicht. Diskriminierung durch generisches Maskulinum schon.

Ich habe zu Beginn von meiner Irritation durch den Verkehrsfunk erzählt. Schließen möchte ich mit einer persönlichen Anekdote: Als Kind hatte ich Sorge um meine (berufliche) Zukunft. Meine Mutter sagte mir, dass ich was ganz Tolles werden könnte, zum Beispiel Pilotin. Pilotin? Echt? Ich? WOW! Bis zu diesem Tag gab es in meinem kleinen Gehirn nur Piloten. Und plötzlich gab es Pilotinnen. Und ich konnte eine davon werden! Also wurde ich Pilotin, erfolgreiche Pilotin meines Lebens. Wegen eines einzigen gendergerechten Wortes.

Zum Gendern:
Lange habe ich das Binnen-I verwendet. Ich fand es so stolz, wie die Fackel der Freiheitsstatue, die hoch in den Himmel ragt und weithin sichtbar ist. Mittlerweile lernte ich Mannigfaltigkeit von ‚Geschlecht‘ kennen und setze glänzende Sterne in Rahmen der Deutungsmuster.