#WTF Kulturdirektion


Die KUPFredaktion stellt Fragen und James Lüpke gibt Antworten.

Was ist eigentlich eine Kulturdirektion?

Im wesentlichen ist das eine bürokratische Untereinheit einer Körperschaft, etwa eines Bundeslandes. Heißt anderswo auch Kulturamt, Kulturabteilung oder dergleichen. Die Aufgabe ist zumeist die Verwaltung, Steuerung und Entwicklung der Kulturagenden der Körperschaft. Dabei geht es um eigene Einrichtungen wie etwa Landesmuseen, um Personalagenden, um Veranstaltungen und nicht zuletzt um das Förderwesen. Als Faustregel gilt: Die Politik bestimmt den Weg, die Direktion setzt ihn um.

Und was macht ein*e Kulturdirektor*in so?

Das ist stark abhängig von der Körperschaft und reicht von blanker Direktionsleitung und Umsetzung politischer Vorgaben bis zum Selbstverständnis, „Bindeglied zwischen der Stadt und ihren KünstlerInnen zu sein“ (Linz). Jedenfalls ist die Kulturdirektor*in die höchstrangige Kulturbeamt*in im Lande.

Warum steht die Kulturdirektion OÖ unter Kritik?

Seit dem schwarz-blauen Regierungsantritt, speziell seit Antritt von Kulturlandesreferent LH Thomas Stelzer und seinem Kulturdirektor Reinhold Kräter, hat sich die Kulturdirektion stark gewandelt. Interne Machtkämpfe, fehlerhafte Administration, Männerbündelei und strittige Finanzen haben die Außenwirkung geprägt. Für die Freie Szene (und auch für die Brauchtumskultur) ist die Ära Stelzer vor allem geprägt durch starke Förderkürzungen, immer wieder gibt es auch Berichte über die Verschleppung von Förderanträge sowie starkes Misstrauen gegenüber Kunst- und Kulturschaffenden.

Wieso musste der bisherige Kulturdirektor Kräter gehen?

Stelzer hielt seinem bisherigen Kulturdirektor Kräter fünf Jahre lang die Stange – weder die öffentliche noch die interne Kritik konnten dem Kulturdirektor etwas anhaben. Erst der unrühmliche Umgang mit der KTM-Affäre (#KTMgate) und der medial kolportierte Verschleierungsversuch einer millionenschweren Budgetüberschreitung beim Bau des neuen Museumsdepots führten zu Konsequenzen.

Wie geht’s weiter?

Mit Herbst 2020 startet die Kulturdirektion neu. Neben einem bürokratischen Umbau im Hintergrund gibt es auch eine neue Leitung: Die Juristin Margot Nazzal wird neue Kulturdirektorin. Nazzal verfügt über keinen kulturpolitischen Hintergrund, genießt aber Stelzers Vertrauen und ist laut Landespressedienst „kulturaffin“, sie habe eine „Affinität für traditionelles, künstlerisches Handwerk sowie für Reisefotografie und südamerikanische Literatur.“ Nazzal gilt als Diplomatin und Managerin.

Welche Erwartungen an die neue Kulturdirektorin gibt es?

Erwartungen gibt es viele – auch widersprüchliche. Intern gilt es wohl, die Kulturdirektion aus dem Beschuss der Öffentlichkeit sowie des Rechnungshofes zu nehmen und nach professionellen Maßstäben neu aufzustellen. Dazu zählt die administrative Stabilisierung des Amtes, Klärung des Verhältnisses zur neu geschaffenen Landes-Kultur GmbH, Neuausrichtung der Landesausstellungen und Kittung des zerrütteten Verhältnisses zu Künstler*innen, Kulturbeirat, Volkskultur und anderen Playern. Auch eine Überführung der Landesmusikschulen zum Bildungsressort wird wieder angedacht. Aus Sicht der Freien Szene gilt es hingegen, die Rücknahme der brutalen Budgetkürzungen durchzusetzen, Inflationsanpassungen zu implementieren und ein transparentes, niederschwelliges und agiles Förderwesen zu entwickeln. Über allem schwebt natürlich derzeit auch das Thema Corona: Wie geht es weiter mit Veranstaltungen?

Welche Rolle spielt die KUPF OÖ in dem Ganzen?

Die KUPF OÖ war zuletzt der sprichwörtliche ‚pain in the ass‘ der Landeskulturdirektion: Seit Jahren beobachtet, analysiert und kommentiert die KUPF OÖ deren Arbeit und kampagnisiert gegen Förderkürzungen. Sie veröffentlicht Budgetzahlen und hat nicht zuletzt den Skandal um die strittigen Kulturförderungen für den KTM-Showroom ins Rollen gebracht. Kurz gesagt: Nicht zuletzt wegen der KUPF OÖ musste sich Kulturreferent LH Stelzer regelmäßig für seine Kulturpolitik und für die Kulturdirektion zu rechtfertigen. Die Neuaufstellung der Kulturdirektion gilt auch als Chance, das Verhältnis zwischen dem Kulturreferenten und der Freien Szene zu verbessern.

Im oö. Kulturbudget wird zwischen gebundenen Pflichtausgaben (an öffentliche, landeseigene Einrichtungen) und Ermessensausgaben (für zeitgenössische Kultur, Volkskultur u. a.) unterschieden. Seit Jahren steigen die Pflichtausgaben deutlich über der Inflationsrate, während die Ermessensausgaben dramatisch eingebrochen sind.

Quelle: Offizielle Budgetzahlen des Landes OÖ. Rechnungsabschlüsse (2001—2003, 2009—2019) und Voranschläge (2004—2008, 2020—2021)