Neins begegnen uns öfter, als uns das lieb ist. Förderanträge finden keine Zustimmung, Budgets werden gekürzt, Bewerbungen abgelehnt, Kunst- und Kulturvereine müssen ihre Arbeit einstellen. Vieles davon ist gleichbedeutend mit einem Nein zu demokratischen, transparenten und inklusiven Beteiligungsprozessen, zu autonomer Kunst und Kultur, zu Fair Pay, zu mutiger, moderner Kulturpolitik, zu kultureller Vielfalt. Andererseits setzen wir häufig zu wenige Grenzen, sagen viel zu selten Nein (z. B. zu mehr Arbeit für weniger Geld), oder haben Angst, mit einem Nein vor den Kopf zu stoßen. Die Kultur oder Kunst des Neinsagens ist eine, die gelernt werden will. Hinzu kommt: Widerstand im weitesten Sinn ist eine Kulturtechnik ohne starke österreichische Tradition.
Die vorliegende Ausgabe reflektiert also über die erfahrenen wie auszusprechenden Neins: Allen voran im Leitartikel, der die Notwendigkeit des Neins zu prekären Arbeitsverhältnissen erläutert (Veronika Bohrn Mena, S. 5) und in der Gnackwatsch’n, die ihre eigene Existenz verteidigt (das globale G’schissensein hört ja auch nicht auf, S. 34). Andere Texte gehen der Frage nach, wie das Ich mit dem Nein zusammenhängt (Elisabeth Burchhardt, S. 25), erläutern, dass es Räume für das Nein braucht (Michaela Hainzl, S. 26) – und Möglichkeiten (vgl. unsere neue Sozialkolumnistin Maria Dietrich, S. 8).
Auch die KUPF OÖ hat das neue Jahr mit einem lauten Nein begonnen: Nein zu rechtswidrigen Kulturförderungen an milliardenschwere Unternehmen auf Kosten der Freien Szene! Wir informieren über das von der KUPF OÖ beauftragte und crowdfinanzierte Rechtsgutachten sowie nächste Schritte (vgl. S. 10).
In zwei Antrittsinterviews werden die neue Staatssekretärin für Kunst und Kultur und der designierte
Direktor des Oberösterreichischen Landesmuseums zu ihren geplanten Jas und Neins befragt: Wie wird das Ja zu Fair Pay aussehen (Ulrike Lunacek, S. 6)? Was hat es mit dem Nein zu den Sammlungsdepots auf sich? (Alfred Weidinger, S. 12). Eva Blimlinger und Wilfried Haslauer argumentieren zudem das Für und Wider eines Fotomuseums in Salzburg (S. 16).
Bei all dem versinkt die KUPFzeitung nicht in Larmoyanz, sagt nicht nur «Nein», sondern beschwert sich über derartige Szene-Reflexe (Otto Tremetzberger, S. 33) und etabliert ein «Nein, sondern» oder «Nein, aber» (vgl. die Sexkolumne, S. 24), bietet Alternativen an. So versucht sie zu ergründen, wie Subversion bzw. Streik für Kulturarbeiter*innen aussieht (Barbara Eder, S. 8; Friederike Sigler, S. 14), was man vom feministischen Aufstand aus der Küche mitnehmen muss (Nicole Schöndorfer, S. 28) und ob eine akzelerationistische Kulturpraxis die Kulturszene retten kann (Thomas Diesenreiter, S. 20). Barbara Eppensteiner sagt überhaupt «Jein» und erkundet damit die (Un-) Möglichkeiten von Ambiguitätstoleranz am Beispiel der neuen türkis-grünen Regierung (S. 7).
Zu unserer langjährigen Kolumnistin Dorothea Dorfbauer sagen wir zum Schluss jedenfalls «Ja, danke!» für ihre sensiblen und anregenden Gedankenanstöße in der Sozialkolumne. Dass Kultur- und Sozialbereich eng verschwistert sind und es weitaus mehr Schulterschlüsse braucht, hat sie eindrücklich gezeigt. In diesem Sinn solidarisiert sich die KUPFredaktion und sagt gemeinsam mit den Streikenden für Arbeitszeitverkürzung Nein zu prekären und ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen.
Katharina Serles für die Redaktion