Streiten statt Googeln

Die Situation kennen Sie bestimmt: Eine Runde sitzt beisammen, man unterhält sich. Egal, wie gern man sich hat, wie gut die Manieren sind, früher oder später kommt sie unweigerlich: die Uneinigkeit. Mal darüber, wie viel jede*r zahlen muss, wenn man die Restaurantrechnung durch vier dividiert. Ein andermal streitet man, was der Name der thailändischen Suppe Tom Yam Gung übersetzt genau bedeutet, oder wie viele Abgeordnete im kubanischen Parlament sitzen. Und bisweilen herrschen unterschiedliche Meinungen über die Busintervalle. Die Debatte wird hitzig, einige Gesichter zeigen erste Anzeichen des Schmollens. Jemand zückt ein Smartphone, und schon ist wieder Frieden.

Ein Tropfen Wehmut bleibt, nicht zuletzt, weil man das Rätselraten («Tom Yam Gung heißt bestimmt irgendwas mit Suppe») eigentlich um einiges unterhaltsamer fand als die Konversation über Haushaltsversicherungen. Andererseits ist man froh, weil die Situation nicht eskaliert. Wir sind hier ja nicht auf Twitter, sondern im echten Leben. Man dankt also jenem selbstlosen Friedensengel, der großzügig Handybatterie und Fingerspitzengefühl dem Dienste der Wahrheit geopfert hat. Tom bedeutet auf Thailändisch «Suppe», Yam so etwas wie «gemischt» und Gung ist die Garnele, damit das ein für allemal klar ist. Im kubanischen Parlament gibt es 605 Abgeordnete; frei gewählt sind sie natürlich nicht.

In Zukunft streiten wir also vielleicht immer weniger. Ist das eine gute Sache? Eine im Fachjournal Computers in Human Behavior veröffentlichte Studie gibt Anlass zum Zweifel. Die bezeichnet leidenschaftliche Smartphone-Benutzer*innen nämlich als «kognitive Geizhälse». Oje. Die Forscher*innen fanden nämlich heraus, dass jene Menschen, die ihr Smartphone viel benützen, bei analytischen Denkaufgaben schlechter abschneiden. Ihre Schlussfolgerung: Man spart Hirnschmalz, indem schwierige Fragen auf die Suchmaschine ausgelagert werden. Deshalb Geizhals.

Kann man im Umkehrschluss also behaupten, dass Streiten klug macht? Am besten, Sie googeln das gleich.