Wochenblick, Alles roger?, Info-Direkt. Derartige Medien verorten sich selbst zwischen reiner Wahrheit und medialer Avantgarde. Sie fordern mediale und kulturelle Meinungshoheit für sich ein. Wie sehen ihre Inhalte aus? Wer sind ihre Autor*innen? Und welche Kommunikationsstrategien verfolgen sie? Joseph Maria Sedlacek und Judith Goetz über die Studie von Kathrin Quatember im Auftrag der KUPF OÖ.
Seit geraumer Zeit beklagen rechte und rechtsextreme Akteur_innen, von den sogenannten Mainstream-Medien entweder marginalisiert oder zu kritisch behandelt zu werden. Begriffe wie «Fake News» und «Lügenpresse» sind in den begleitenden Diskursen zu wirkmächtigen Chiffren geworden, mit denen sich unterschiedliche Protagonist_innen als Opfer der sogenannten «Systempresse» zu inszenieren versuchen, die angeblich «unliebsame Meinungen» nicht abdrucken wolle. Eine erfolgreiche Strategie, wie es scheint, denn nicht zuletzt aufgrund falsch verstandener Objektivitätsansprüche, aber auch Einschaltquoten, bekommen rechtsextreme Akteur_innen dadurch immer öfter Aufmerksamkeit und Redezeit in ebendiesen, ihnen so verhassten Medien. Auf der anderen Seite arbeiten rechtsextreme Akteur_innen aber auch seit längerem am Aufbau eines vermeintlich ‹alternativen› Mediennetzes zur Verbreitung ihres Gedankenguts. Genau damit befasst sich eine kürzlich abgeschlossene Studie, für die sich Kathrin Quatember drei Zeitschriften genauer angesehen hat.
In der Studie «Paralleluniversum: ‹Alternativmedien› in OÖ. Eine Analyse von ‹Wochenblick›, ‹Info-DIREKT› und ‹alles roger?›» rückt die Autorin vor allem Fragen nach den Etablierungsmöglichkeiten der Zeitschriften, der Akteur_innen, den angebotenen (Alternativ-)Erzählungen, der ideologischen/parteipolitischen Einordnung sowie den Kooperationen untereinander in den Mittelpunkt der Analyse. Quatember hat dafür einerseits die Printausgaben der jeweiligen Zeitschriften im Zeitraum von September 2017 bis Ende Februar 2018 sowie deren Onlineauftritte und Social-Media-Kommunikation betrachtet. Zur Untermauerung ihrer Forschungsergebnisse hat die Autorin andererseits auch auf Presseberichte, Veröffentlichungen von Forschungsstellen sowie Sekundärliteratur zurückgegriffen.
Einleitend versucht Quatember die Bedeutung des Kampfs um kulturelle Hegemonie seitens rechtsextremer Agitationen in den Vordergrund zu rücken und Rechtsextremismus näher zu bestimmen. Sie zeigt dabei auf, dass es sich gerade bei dem Begriff der ‹Kultur› um eine durchwegs veränderbare Konstruktionen handelt, einer grundlegenden Kritik unterzieht sie den Begriff jedoch nicht. Zurecht verwirft Quatember in weiterer Folge den verfassungspolitischen Ansatz der deutschen Extremismustheoretiker Jesse und Backes als Erklärungsmodell für die Studie, weil er das Einsickern von antidemokratischen Haltungen, gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und autoritären Tendenzen in die breite Gesellschaft nicht berücksichtigt. Dem entgegen stützt sie ihre Analyse auf den «Extremismus der Mitte» nach Lipset, die Konzeptualisierung des Rechtsextremismus nach Bötticher / Mareš und die Definition von Rechtsextremismus nach Willibald Holzer. In Anlehnung an die Vorarbeiten von Ingrid Brodnig zeigt Quatember zudem auf, dass Medien, die auf hohe Klickzahlen setzen, gern mit Empörung und Emotionen spielen.
Nach einer umfassenden Durchleuchtung der drei Zeitschriften, bei der sowohl die Spezifik des jeweiligen Organs sowie Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten der Zeitschriften herausgearbeitet werden, kommt Quatember zu dem Schluss, dass alle drei Medien sich insbesondere aufgrund der inhaltlichen Gestaltung, Themenwahl und ihrer Verbindungen ins ‹identitäre› Milieu als rechtsextrem, teils auch antidemokratisch qualifizieren lassen. Im Vordergrund steht dabei die Imaginierung einer Gefährdung der (völkisch und biologistisch determinierten) «österreichischen Kultur und Gemeinschaft» durch ausgemachte «Volksfeind_innen» wie beispielsweise Migrant_innen, bestimmte Politiker_innen und Journalist_innen, die unterlegt mit entsprechender (Bild-)Sprache als verabscheuungswürdig dargestellt werden. Personelle Verbindungen zu den ‹Identitären› zeigen sich wiederum vor allem am Beispiel des «Kongress Verteidiger Europas». Die Zeitschriften «Info-DIREKT» und «Wochenblick» stechen zudem durch die durchwegs positive Berichterstattung über die FPÖ bzw. den schwarz-blauen Regierungswechsel hervor. Die sich weitreichend überschneidende Themenwahl sowie das «Über-Kreuz-Schalten» von Inseraten legt enge Verbindungen zwischen den drei Medien nahe und verdeutlicht, dass die Betreiber_innen unabhängig von öffentlichen Geldern bleiben möchten und gleichzeitig am Aufbau einer rechtsextremen Medienlandschaft arbeiten. Nicht klären konnte die Studie hingegen die Finanzierungsstrukturen der drei Medien, die in höchstem Maße als intransparent eingestuft werden können. Gleiches gilt für die Auflage und Reichweite, denn auch diesbezüglich gibt es nur die eigenen Angaben der jeweiligen Medien. Ein weiterer zu erforschender Punkt wäre der tatsächliche Einfluss auf Berichterstattung und Meinungsbildung abseits ihrer (ohnehin schon überzeugten) Leser_innenschaft.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Quatember in ihrer Studie auf beeindruckende Art und Weise umfangreiches Material ausgewertet und dabei sowohl die Inhalte, als auch die Strukturen der jeweiligen Medien ins Zentrum ihrer Analyse gerückt hat. Sie bleibt dabei jedoch nicht bei der Erfassung Hunderter von Beiträgen stehen, sondern hat auch Hintergründe zu den Protagonist_innen, Autor_innen und inserierenden Unternehmen recherchiert sowie Querverbindungen zur FPÖ und den ‹Identitären› aufgezeigt. Die inhaltliche Analyse wird mit den von ihr einleitend erwähnten Ansätzen überzeugend abgerundet und der rechtsextreme und bisweilen antidemokratische Charakter von ‹alles roger?›, ‹Info-DIREKT› und ‹Wochenblick› aufgezeigt.
Die Verbindungen zwischen FPÖ und den drei Medien werden belegt und angesprochen – und laden dazu ein, die Rolle der FPÖ als rechtsextreme Regierungspartei in Oberösterreich und Österreich erneut zu diskutieren. Zwei der drei untersuchten Medien haben ihren Sitz in Oberösterreich. Das Bundesland spielt eine spezifische Rolle als organisatorischer Fixpunkt im österreichischen Rechtsextremismus. Welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, ist im Anschluss an die Studie zu diskutieren. Die Autorin hat mit der Studie insgesamt eine wichtige Arbeit vorgelegt, deren weitere Vertiefung wünschenswert wäre.
Studie Paralleldimension: „Alternativmedien“ in OÖ – Printversion
Beitragsbild: Ertleiche Brunnenthal. Von: Funke [CC BY-SA 3.0 at], from Wikimedia Commons