Über das Risiko, Haltung zu beweisen. Eine Gnackwatsch’n
Schafhausen geht also. Der Leiter der Kunsthalle Wien hat keine Lust auf die schwarzblauen Regierungsmitglieder und kehrt Österreich deshalb den Rücken.
Einerseits verständlich, denn einem Kickl oder gar Gudenus berufsbedingt die Hand schütteln zu müssen, ist wahrlich eine Zumutung. Andererseits riecht Schafhausens Erklärung stark nach «Fahnenflucht», denn von einer Einschränkung seines künstlerischen Handlungsspielraumes kann (noch) keine Rede sein.
Im Interview mit der Süddeutschen wird Schafhausen dann richtig peinlich, denn dort beschwert sich ein First-Class-Bobo wehleidig über die schlechte Welt, die ihn umgibt, die FPÖ und ihre Steigbügelhalter, den neuen Nationalismus und den rauen Umgangston in Wien-Favoriten. Dieser Habitus verrät einiges darüber, warum die großen Kulturinstitutionen so viel an Kraft verloren und dem politischen Sittenverfall nichts entgegenzusetzen haben. Denn Schafhausen versucht es nicht einmal, sondern verlässt das Schlachtfeld, bevor der erste Schuss gefallen ist. Mutig und richtig wäre es, hier zu bleiben und Widerstand zu leisten. Gegen die alltägliche Relativierung von allem und jedem, gegen die Rückabwicklung gesellschaftlicher Errungenschaften, gegen Nationalismus und Sündenbockpolitik.
Gerade jetzt wären Menschen wie Schafhausen wichtig, denn ein Schafhausen riskiert nicht viel, wenn er Haltung beweist und dieser Entwicklung die Stirn bietet, ganz im Gegenteil: Rückgrat und Kampfgeist würden seinen internationalen Marktwert eher steigern, als Karriere und Existenz gefährden. Ganz anders geht es den tausenden freien und damit prekären Kulturschaffenden in Österreich. Während es noch vor ein paar Jahren – auch unter der Schüssel-Regierung – zum guten Ton gehört hat, öffentliche Auftritte für Gesellschafts- und Regierungskritik zu nutzen, laufen unbequeme Initiativen heute Gefahr, existenziell gekürzt zu werden. Wie schnell das gehen kann, zeigen die Förderstreichungen bei Frauenvereinen in der schwarzblauen Testregion Oberösterreich. Die Machtverhältnisse haben sich auf allen Ebenen spürbar verschoben, fast überall regiert derselbe kulturpolitische Geist, wenn auch oft getarnt als Sparpolitik. Wer sich jetzt noch traut, verbale Gnackwatschn zu verteilen, ist mutig und verdient Unterstützung von denen, die sich nicht trauen. Anders als Schafhausen, der sich vom Acker macht und anders als diese Kolumne, die wohlweislich anonym verfasst wird.