„Altersarmut“, „Frauenpensionen“, „Gender Pay Gap“, „ Selbstbestimmung“, „Quoten“, „Kinderbetreuung“, „ Gewalt“ … Sind Sie schon eingeschlafen?
Seit 100 Jahren dürfen Frauen in Österreich wählen, lange wurde dafür gekämpft. Aber wenn wir uns ansehen, wie wenige Frauen in Österreich Bürgermeisterin werden, ist klar: Irgendetwas stimmt hier immer noch nicht!
Frauenpolitik ist kein Dauerbrenner
Feminist/innen kämpfen schon lange und teilweise für dieselben Themen wie anno dazumal, weil die Probleme sich einfach nicht in Luft auflösen wollen, sondern maximal in neuer Form wiederkehren. Gerade weil die Themen ständig aktuell bleiben, empfinden wir sie als redundant. Sie werden uns lästig, wir resignieren. Ohne Neuigkeitswert wird Frauenpolitik kaum zum Thema in den Medien.
Deshalb werden Neuigkeiten geschaffen: Die Debatte um das Burkaverbot beispielsweise und die neu geplante Strafrechtsreform für Sexualstraftaten werden als frauenpolitische Themen verhandelt. Zwei Themen, die aber weder zu Chancengleichheit noch zu Gleichberechtigung führen. Es geht dabei weniger um Frauenpolitik als um Symbolpolitik – auf dem Rücken von Frauen.
Der * im Frauenvolksbegehren
Mit dem Frauenvolksbegehren gibt es eine neue Initiative. Sie bringt die Themen der Chancengleichheit und Gleichberechtigung in die öffentliche Diskussion. Doch spricht das Frauenvolksbegehren auch diejenigen an, die am stärksten unter Chancenungleichheit und Diskriminierung leiden? Gelingt es den Aktivist/ innen des Frauenvolksbegehrens, die Relevanz der Themen zu vermitteln? Immerhin haben die Probleme ja konkrete Auswirkungen auf alle Frauen in Österreich und auch auf viele Männer. Macht das Frauenvolksbegehren Frauenpolitik vom Randthema zum Kernthema?
Das Frauenvolksbegehren hat es geschafft, Themen zu setzen und sich ins Spiel zu bringen. Doch finden die Aktivist/innen des Frauenvolksbegehrens den Weg heraus aus ihrer Blase?
Werden Mütter zu Verfechterinnen der 30-StundenWoche? Wird die Supermarktkassiererin mit Argumenten zur Lohnungleichheiten und Forderungen zu deren Beseitigung versorgt? Oder stolpern sie über den Stern im F*VB – Frauen*volksbegehren? Die Initiative ist zwar inklusiv angelegt, vermag aber durch ihr Auftreten und ihre Sprache eventuell diejenigen nicht anzusprechen, die am meisten davon profitieren würden.
Schlechte Zeiten, guter Zeitpunkt?
Ein Frauenvolksbegehren ist kein Wunderwuzzi. Die Aktivist/innen schlagen sich gut. Das Sprachrohr der diskriminierten Frauen – und das sind fast alle Frauen in diesem Land – werden sie aber nicht werden. Dafür braucht es mehr: den Willen der Medien, die Relevanz frauenpolitischer Themen anzuerkennen und ihnen auch dementsprechend Platz einzuräumen. Neue Kommunikationskanäle und neue Kommunikationsformen für frauenpolitische Themen in den Parteien. Diese Handlungsempfehlungen gibt Maria Pernegger von Media Affairs in ihrer Jahresstudie 2017 „Frauen, Politik, Medien“, die Anfang März erschienen ist.
Die Vorzeichen verheißen nichts Gutes: Die aktuelle Legislaturperiode ÖVP-FPÖ-Koalition bringt für viele Frauen nachhaltige Verschlechterungen. Diese schlechten Zeiten sind aber ein guter Zeitpunkt, sich auf Frauenpolitik zu besinnen: Politiker/innen können einen Themenkomplex aufgreifen, der immerhin die Hälfte der Bevölkerung direkt und den Rest indirekt betrifft. Medien können sich auf die konkrete Lebenslage von hunderttausenden Frauen besinnen. Die Vorzeichen stehen gut: #metoo hat für Sensibilisierung gesorgt und den Weg an die Stamm- und Wickeltische gefunden. Das Frauenvolksbegehren ist ein solider Versuch, Frauenthemen ins Spiel zu bringen. Nach der Unterschrift für das Volksbegehren liegt es an uns allen, weiter zu diskutieren. Bleiben wir lästig!
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4 Fragen an … die Politik- und Medienexpertin Maria Pernegger zu Frauenpolitik und Feminismus
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