Politik funktioniert auf verschiedenen Ebenen. Es gibt den öffentlichen Diskurs und es gibt Hinterzimmergespräche. Es gibt den Fachdiskurs, es gibt die Sicht der BeamtInnen, es gibt Gerüchte, Vermutungen und Erwartungen. Wer, wie die KUPF, auf politische Entscheidungen Einfluss nehmen will, muss aus diesen vielen Ebenen herauslesen können, wohin die Reise geht. Nach dem letzten Jahr haben wir aber mehr offene Fragen, als uns lieb ist.
Egal, mit wem wir in den letzten Monaten gesprochen haben: Warum der neue Landeshauptmann und Kulturreferent einen Kahlschlag in Oberösterreichs Kulturwirtschaft vorantreibt, darauf hat niemand so recht eine Antwort. Während andere Landeshauptleute ihr Image mit Kunst und Kultur aufpolieren, beschädigt sich der neue Landeshauptmann mit dieser Kürzungsstrategie öffentlich selbst. Diejenigen, die am lautesten applaudieren, sind die rechten Regierungspartner in Form der FPÖ. Diese können sich entspannt zurücklehnen, während sich Stelzer die Finger dreckig und jener Szene den Garaus macht, aus deren Richtung die FPÖ den größten Widerstand spürt. In Kärnten haben die Freiheitlichen damals diese Drecksarbeit noch selbst machen müssen.
Ob es auch bei Stelzer eine Frage eines anderen Kulturbegriffs ist? Eher nicht. Rund um Presseauftritte beim Festival der Regionen oder auch im Kennenlerngespräch mit der KUPF hatten wir den Eindruck, dass seine Sympathien eher bei einem progressiven Kulturbegriff liegen. Unser Gespräch war so lange einvernehmlich, bis es um die Finanzen ging. Als wir, mit guten Argumenten und Zahlen unterfüttert, eine dringend notwendige Erhöhung der Förderungen forderten, war die Antwort des Finanz- und Kulturreferenten deutlich: Mehr gibt es sicher nicht, im besten Fall wird es nicht weniger.
Dieser beste Fall ist nun anscheinend nicht eingetreten. Im Gegenteil: Im Budgetentwurf 2018 ist nun die größte Kürzungswelle, seit die KUPF Aufzeichnungen führt, geplant. Und sie trifft vor allem den Förderbereich, und das in allen Sektoren. Von der Volkskultur bis zu den zeitgenössischen Kulturinitiativen, von der Blasmusik bis zu den EinzelkünstlerInnen – in Summe werden bei den Förderungen, vulgo Ermessensausgaben, 30 % gekürzt. Wohl schon Dank der #kulturlandretten Initiative der KUPF wird der Sektor der zeitgenössischen Kunst und Kultur «nur» um 18,4 % gekürzt. Bei den öffentlichen Einrichtungen ist das Bild diverser: Während auch das Landestheater oder die Bruckneruni Federn im einstelligen Prozentbereich lassen müssen, können sich das Landesmusikschulwerk und die Landesausstellung wieder über ein Plus freuen. In Summe bleibt ein Minus von 0,9 % bei den öffentlichen Einrichtungen übrig. Wie unsere Datenanalyse zeigt, liegt mit diesem Budgetentwurf der Wertverlust der zeitgenössischen Kulturförderung des Landes seit 2001 bei unvorstellbaren 68 %.
Was uns hier wichtig ist, zu betonen: Es geht nicht um das Ausspielen eines Teils der Kulturszene gegen einen anderen. Die großen Häuser haben ihren Platz, ihre Aufgaben und spielen auch als AuftraggeberInnen vor allem für die KünstlerInnen eine wichtige Rolle. Wie der Linzer Stadtkulturbeirat in einer Stellungnahme richtig geschrieben hat, müssen wir in der Kulturpolitik weg von der Kürzungsdiskussion kommen, hin zur Frage, wie wir kulturelle Angebote weiterentwickeln und verbessern können. Wie aber der neue Kulturreferent zu dieser Frage steht, ist uns ein Rätsel.
Herr Landeshauptmann, gestatten Sie daher ein paar Fragen: Wohin wollen Sie Oberösterreich kulturell führen? Ist es eine bewusste Entscheidung, die gemeinnützigen Kulturvereine im Stich zu lassen? Ist das Zeitalter der professionellen Kulturarbeit hierzulande wieder vorüber, wollen Sie abseits der großen Häuser nur noch Laientheater und ehrenamtliche Kulturarbeit in Oberösterreich? Reicht es, wenn sich nur noch in den großen Städten professionelle Kulturbetriebe halten können und der ländliche Raum kulturell verdunkelt? Warum verteilen Sie als Kulturreferent Gelder aus dem Kulturbereich in die Wirtschaftsförderung um? Warum wollen Sie Arbeitsplätze im Kulturbereich abbauen, warum sind diese weniger wert als Jobs im Straßenbau oder in der Breitbandindustrie?
Herr Landeshauptmann, ich glaube, Sie haben einfach die falschen BeraterInnen. ExpertInnen für Private Banking sind vielleicht bestens mit den Anliegen der Reichen und Reichsten vertraut. Von Volkswirtschaft oder Kulturpolitik haben sie aber wohl wenig Ahnung, wie diese fatalen politischen Entscheidungen zeigen. Herr Kulturreferent Stelzer, warum hören Sie nicht mal auf uns KulturexpertInnen? Und tun das Richtige für die Zukunft unseres Bundeslandes: Retten Sie mit uns das Kulturland Oberösterreich.