Bewilligungskultur oder Pauschalvergütung?

Netzkolumne von Leonhard Dobusch

Eine der größten Gefahren neuer Technologien ist, dass Dinge getan werden, einfach, weil sie möglich sind. Im Digitalbereich lässt sich das gerade in den unstillbaren Wünschen nach immer mehr und immer umfassenderem Zugang zu Daten für Ermittlungsbehörden beobachten: Was erfasst und auswertbar ist, soll demnach auch ausgewertet werden dürfen.

Aber auch im Kulturbereich lässt sich ähnliches beobachten. Während es vor dem Internet aus rein praktischen Gründen völlig aussichtslos war, Nutzung, Kopieren oder Weitergabe von Büchern, CDs und Videos nachzuverfolgen oder zu verhindern, mussten andere Wege des Interessenausgleichs gefunden werden. Das Mittel der Wahl war eine Kombination von Erlauben und (pauschaler) Vergütung. Deshalb konnten Videotheken genauso alle Filme anbieten, wie Bibliotheken alle Bücher und Radios alle Lieder spielen, die sie wollten.

Im digitalen Zeitalter werden aber zunehmend nur noch Lizenzen erworben, keine Trägermedien. Und anstatt pauschaler Vergütungen zählen dabei die im Einzelfall erteilten oder eben verweigerten Bewilligungen. Mehr noch, Verlage wollen mit digitalem Rechtemanagement nicht nur Kopieren und Weitergeben verhindern, sondern tracken auch die individuellen Nutzungsweisen. Im Ergebnis gibt es im Internet zwar keine begrenzten Lagerkapazitäten mehr, das Sortiment der einzelnen Anbieter von Amazon über Netflix bis hin zu Mediatheken ist aber unvollständiger als es jenes einer gut sortierten Videothek war. Bibliotheken kämpfen damit, dass sie E­-Books nicht verleihen oder sie nur im Paket erwerben dürfen, Rechte für Lesen, Speichern und Ausdrucken müssen bisweilen separat erworben werden. Ganz zu schweigen von den neuen digitalen Möglichkeiten, kulturelle Inhalte nicht nur zu konsumieren, sondern sie zu verändern, sie sich als Remix, Mashup oder Meme zu eigen und wieder öffentlich zugänglich zu machen. Hier stoßen die technologischen Potentiale dann doch schnell wieder an Grenzen rechtlicher Praktikabilität.

Letztlich wäre auch im digitalen Raum die alte Kombination aus Erlauben und pauschal Vergüten sinnvoll. Anstatt über immer aufwändigere technische Verfahren, wie die gerade im EU­-Parlament diskutierten Upload­-Filter, eine Zensurinfrastruktur aufzubauen, von der Kreative ohnehin wenig haben, sollten Plattformen wie YouTube und Facebook pauschal vergüten. Im Gegenzug könnten die Nutzerinnen und Nutzer deren Potentiale für das Teilen und kreative Verändern von Inhalten ausschöpfen. In diese Richtung gehen auch die Vorschläge der Initiative → rechtaufremix.org.