Jelena Gučanins Emanzenkolumne
Immer wieder frage ich mich, was es eigentlich ist, das meine Stellung in dieser Gesellschaft ausmacht. Ist es meine Herkunft, also die Tatsache, dass ich einfach einen anderen Nachnamen habe, eine andere Muttersprache als jene, die in diesem Land die Macht und das Geld haben? Oder ist es mein Geschlecht – und damit die Tatsache, dass auch das sich von jenem der Mächtigen unterscheidet? Oder ist es meine Identität als sogenanntes „Arbeiterkind“, das nie dort dabei sein wird, wo die großen Entscheidungen getroffen werden?
Sie alle aber – Klasse, Geschlecht, Herkunft – verweben sich zu einem großen Ganzen, das mal hier, mal da stärker aufscheint und wichtig wird. Und die feinen, für viele unsichtbaren Machtstrukturen fallen nun mal denen stärker auf, die davon ausgeschlossen sind. Denen, die einfach nicht dazugehören.
Und das sind leider noch immer: Frauen*. Sie verdienen weniger, sind stärker von Armut betroffen, öfter mit Gewalt konfrontiert, ihre „vorprogrammierte“ Stellung in dieser Gesellschaft ist einfach: schlechter. Schon oft waren all diese Dinge politisches Thema, doch nie wurde es so wirklich ernst genommen. Vor 20 Jahren, als das erste Frauenvolksbegehren von 650.000 Menschen unterschrieben wurde, zum Beispiel. Nur zwei der elf damaligen Forderungen wurden in die Tat umgesetzt.
Jetzt hat Österreich erneut eine Chance, zu zeigen, dass Frauen* keine lästige Nebensache sind. Das „Frauenvolksbegehren 2.0“ ist im April gestartet. Und es ist wichtiger denn je. Gratis Verhütung und Abtreibung, Mindestlohn, Quoten, kürzere Arbeitszeiten – all das sind Themen, die längst auf die politische Agenda gehören. Hätten-Werden-Sollen ist nicht mehr genug. Feministische Alibi-Bekundungen sind zwar „in“, aber auch die sind schlicht zu wenig.
Die Mächtigen müssen sich ihrer Macht bewusst werden. So bewusst wie jene es sind, die sie nicht haben. Denn oft frage ich mich auch: Was denken jene, denen alle Privilegien geschenkt wurden, über ihre Stellung in der Gesellschaft? Darüber, wo sie als Menschen stehen. Denn es sind leider genau die, die sich diese Frage nie stellen mussten, die dann darüber entscheiden, was normal ist und was nicht. Doch es wird Zeit, diese Strukturen aufzubrechen. Ganz nach dem Motto des neuen Frauenvolksbegehrens: Jetzt erst recht.