Kulturjournalismus war Thema der letzten KUPFzeitung. Durchaus kontroverse Rückmeldungen erreichten uns, Diskurs entstand. Wir bleiben dran und fragen vier MedienmacherInnen: Was macht Kulturjournalismus aus? Woran erkennt man guten Kulturjournalismus?
Bernhard Flieher
„Die Demolierung medialer Aufarbeitung von Kultur schreitet voran, wo Interesse an Neuem, Innovativem geweckt werden könnte, wo Phänomene der Alltagskultur und Gesellschaftspolitisches untersucht werden könnten. An Entdeckungslust und weitem Blick aber misst sich die Qualität von Kulturjournalismus. Dafür braucht es Zeit und Raum. Statt die einzufordern, passiert auf ohnehin nur mehr aus Gewohnheit „Kultur“ genannten Seiten der Massenmedien eine selbstmörderische Unterwerfung unter die News-Raserei. Kulturjournalismus wird getauscht gegen häppchenhaft PR-Arbeit, gegen Sternchenlisten. Es entstehen Klappentext-Kulturteile. Das befriedigt Veranstalter oder Verleger, es vertreibt aber jene, die mit Recht – und erst recht in Kulturteil oder Feuilleton – Anspruch auf Qualität erheben. Qualität wächst aus Tiefe, Zusammenhängen, Querverweisen – und einem unermüdlichen Kampf für Raum und Zeit.“
Maria Motter
„„Guten Morgen Kolumnistan!“, schreibt ein deutscher Autor regelmäßig auf Twitter. Genau daraus sollte Kulturjournalismus tatsächlich nicht bestehen: ausschließlich aus eigener Meinung. Kultur und Kunst zu verorten, Zitate zu erkennen und Referenzen einzubauen, das ist eine feine Sache. Ein mehr als ausreichendes Fachwissen und großes Interesse sollten selbstverständlich sein (als Leserin werde ich gerne klüger, aber Angeberei nervt). Statt eines wenig pointierten Verrisses schreibe ich lieber eine Empfehlung eines anderen Buches/Films/Bildes. Über Produktionsbedingungen, Budgets und Kulturpolitik informiert sein. Die Berichterstattung über Werke von FreundInnen anderen JournalistInnen überlassen und Naheverhältnisse explizit erwähnen. Etwas zu kritisieren bedeutet, dass man es ernst nimmt. Nicht zuletzt: Immer neugierig sein.“
Nicole Schöndorfer
„Über Kultur zu schreiben ist wunderbar. Im Gegensatz zu Politik und Wirtschaft geht es in der feuilletonistischen Berichterstattung gerne etwas lässiger, ausschweifender, lustiger zu. Man erzählt eine Geschichte. Eine Geschichte, in der man, wenn auch meist nicht explizit, oft selbst eine Rolle hat.
Wenn man über Kultur schreibt, ist es demnach stets verlockend, zu zeigen, was man alles weiß, sich ein bisschen wichtig zu machen. Es besteht die Gefahr, seine Geschichte plötzlich nur mehr sich selbst oder seiner eigenen kleinen Blase zu erzählen.
Gerade in der regionalen Kulturberichterstattung ist das problematisch. Warum sollte ein ohnehin limitierter Leserkreis einen Text lesen, der nicht für ihn geschrieben wurde? Auch wenn im Feuilleton viel erlaubt ist, sollte allen Freiheiten voran nicht vergessen werden, für wen geschrieben wird.“
Christoph Thorwartl
„Mein wichtigstes Credo, wenn es um Kulturjournalismus und dessen Qualität geht? Authentizität. Etwas, das auf den Kulturseiten diverser etablierter Medien nicht immer selbstverständlich und oft den „Nischenmedien“ vorbehalten ist. Worin, und das sollte auch mal bemerkt werden, auch die Stärke dieser Nischen liegt. Vor allem, weil hier Inhalte behandelt werden, die in etablierten Medien gerade im Kulturbereich wenig bis keine Aufmerksamkeit finden.
Was man von KulturjournalistInnen aber nicht erwarten soll: uneingeschränktes Lob. Ja, man muss es auch als Kulturschaffender aushalten, wenn das eigene Werk mal nicht über den sprichwörtlichen Klee gelobt wird. Ein Punkt, wo meiner Erfahrung nach auf beiden Seiten noch Nachholbedarf gegeben ist. Wenn Kulturschaffende kritisch sein sollen, müssten es KulturjournalistInnen umso mehr sein – auf lange Sicht würden beide profitieren!“