Im „Land ohne Eigenschaften“, wie Robert Menasse schon vor Jahren einen Essay zur österreichischen Identität betitelte, hat sich 1986 als Zeitmarke tief eingeschrieben. 1986 putschte Jörg Haider die FPÖ auf rechtsextremen Kurs. 1986 wurde mit Kurt Waldheim das personifizierte Leugnen und Verdrängen der österreichischen NS-Vergangenheit zum Bundespräsidenten gewählt.
Dreißig Jahre später erreichen die Freiheitlichen in Umfragen bereits mehr als 30 %, während ihr deutsch-nationaler Kandidat für das höchste Amt der Republik gar schon auf den Zuspruch von knapp 50 % der Wahlberechtigten verweisen darf. Und damit gewinnt auch Menasses Eintrag ins Stammbuch der Kunst- und Kulturschaffenden noch mehr als zuvor an Aktualität: „Wenn von der Bevölkerung nicht verstanden wird, warum Künstler die Gesellschaft kritisieren, von der sie leben, dann kann man versuchen aufzuklären, oder man beginnt, deren Werke zu verbieten, zu verbrennen und am Ende auch die Künstler selbst zu liquidieren.“ Ab 3. Oktober, dem Tag nach der neuerlichen Stichwahl um die Präsidentschaft, wissen wir es schon ein bisschen genauer.