Die Ausschreibung zum aktuellen „Innovationstopf“ läuft bis 17. April. Zur Anregung für interessierte EinreicherInnen haben wir drei IT-ProjektträgerInnen der letzten Jahre um ihre Geschichten gebeten.
Ende Februar hat die KUPF wieder den „Innovationstopf“ ausgeschrieben. Bis zum 17. April können Kulturinitiativen Projektideen zum Thema „Grenzen“ einreichen. Der Innovationstopf („IT“) ist eine Herzensangelegenheit der KUPF. Die themenbezogenen Ausschreibungen sollen sowohl Kulturschaffende als auch den Finanzier, das Land Oö, herausfordern und inhaltliche Neuerungen anregen. Intendiert ist die themenspezifische Entwicklung von initiativen Projekten, die im „normalen“ Kultur-& Subventionsbetrieb wohl wenig Chancen auf Realisierung hätten: Die organisatorische Abwicklung des IT liegt zur Gänze bei der KUPF, die Auswahl der Projekte trifft eine unabhängige Jury in einer öffentlichen (!) Sitzung. Das hat zur Folge, dass auch recht experimentierfreudige Projekte zum Zug kommen, die die Option des Scheiterns in sich tragen dürfen.
Zur Anregung für interessierte EinreicherInnen haben wir drei IT-ProjektträgerInnen der letzten Jahre um ihre Geschichten gebeten.
IT2009: Die Glöcklerinnen
Dass nur Männer am traditionellen Ebenseer Glöcklerlauf teilnehmen dürfen, war bis 2009 ungeschriebenes Gesetz. Bis der Innovationstopf, mit dem Ausschreibungsthema «Abseits» den Weg des Frauenforums Salzkammergut kreuzte. Die Gründung einer «Glöcklerinnen-Passe» wurde von unserem Verein als Projekt eingereicht und von der Jury mit den Worten «Super Projekt, total passend zur Intention des Innovationstopfes; Brauchtum wird ernst genommen und trotzdem verändert» prämiert.
Daraufhin geriet Ebensee in einen zwölfmonatigen Ausnahmezustand, der es als Nachricht bis in die ZIB2 schaffte. Die Fronten gingen durch die gesamte Bevölkerung. Frauen und Männer waren auf beiden Seiten zu finden. Es war ein hart erkämpfter Schritt heraus aus dem ABSEITS hinein in die Mitte des Brauchtums, aber das Ziel, Strukturen zu verändern, die Frauen systematisch ausschließen und / oder behindern, wurde erreicht. Die ganze Region wurde durch unser Projekt in den «Gender-Gap-Sog» gezogen und im Fasching 2010 waren Herren-Goldhauben-Gruppen genauso wie Vögelfängerinnen zu beobachten. Am 5. Jänner 2016 lief die Frauenglöcklerpasse übrigens schon zum siebten Mal mit; als wäre sie schon immer dabei gewesen. Dass innovative Projekte, die radikal an Strukturen nagen, nur schwer in die regulären Förderschemata der öffentlichen Hand passen, haben wir alle schon erlebt und genau hier liegt die (Spreng-)Kraft des KUPF Innovationstopfes. Es ist grandios, dass das Land Oö die Einrichtung dieses Topfes ermöglicht.
IT2012: Bäuerin.Macht.Image
Unser Projekt Bäuerin.Macht.Image beschäftigt sich mit den Rollenbildern in der österreichischen Landwirtschaft. Unser Ziel war es, einen Diskussionsprozess über die Verteilung und Bewertung der Arbeit von Bauern und Bäuerinnen in Gang zu setzen. Das schafften wir vor allem durch Filmgespräche, Radiosendungen und unsere Webseite www.baeuerin-macht-image.at. Die Dokumentation mit dem gleichnamigen Titel führte bei den im Anschluss an den Film geführten Diskussionen mit dem Publikum zu regem Austausch und Rückmeldungen. Die Thematik der Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern wurde dabei durchaus kontrovers diskutiert.
Eine Erkenntnis des Projekts ist, dass es «die Bäuerin» nicht gibt, sondern eine Vielzahl an individuellen Herangehensweisen, die aber nur selten offen und unvoreingenommen entstanden sind. Darüber hinaus trat deutlich hervor, dass in vielen Köpfen ein Bild der «richtigen Landwirtschaft» existiert, das aufgrund seiner Widersprüchlichkeit unerreichbar ist: schöne große moderne Betriebe mit hohem Ertrag, die gleichzeitig klein strukturiert sind, Landschaftspflege betreiben und biologische Lebensmittel mit höchster Qualität ausschließlich regional erzeugen.
Eigentlich hat uns erst die Ausschreibung des Innovationstopfes 2012 zum Thema «Der gläserne Boden» dazu animiert, das Thema der Rollenverteilung in der Landwirtschaft näher zu beleuchten. Die Auseinandersetzung über ein Kulturprojekt hat uns die Freiheit gegeben, kritisch an das Thema heranzugehen und abseits von bäuerlichen Interessenvertretungen eine Position zu bekleiden.
IT2007: Platz!
Damals privatisierte die Stadt Linz die Litfaßsäulen im Stadtzentrum, um die «Wildplakatiererei» abzudrehen. Kurz darauf schrieb die KUPF den Innovationstopf aus und wir entwickelten eine Idee, mit der wir nicht nur auf diese problemhafte Privatisierung des öffentlichen Raums hinweisen, sondern auch die uneinsichtigen Politfritzen vom Magistrat ärgern wollten: wir planten, der symbolträchtigen privatisierten Litfaßsäule am Linzer Hauptplatz eine eigene Säule aus Holz überzustülpen, versehen mit Infos zur Problematik und Plakaten freier Initiativen. «Wir sind uns der potentiellen Kriminalisierung unseres Projektes bewusst, sehen dieses aber als notwendige Kunst- und Politaktion, um ein gesamtgesellschaftlich relevantes Problem zu thematisieren», schrieb ich damals großspurig und kalkulierte die zu erwartenden Strafen sowie Anwaltskosten sorgsam ins Projektbudget ein.
Die Aktion setzten wir dann bald nach der Jurierung wie geplant um, bastelten ein Video und Pressetexte, feierten einen kleinen medialen Erfolg und ernteten unerwarteten Fame. Irgendein Wiener Journalist interviewte uns, die Arena und das EKH solidarisierten sich, die freien Radios und Indymedia sprangen auf. Der Vize-Bürgermeister hat sich zu unserem Gaudium tatsächlich recht geärgert, aber mitgeteilt, dass er «uns nicht die Freude mache, uns dafür auch noch anzuzeigen». Nach ein paar Tagen entfernen Magistrats-Hackler die Säule und wir haben nie wieder etwas davon gehört.
Dass dieses juvenile Projekt von der Jury ausgesucht und vom Land ohne Murren finanziert wurde, erstaunt mich bis heute und spricht für die Einzigartigkeit des IT. Dass ich ihn heute selbst mitbetreue, gehört zu den lustigen Zufällen im Leben und wäre mir damals unvorstellbar gewesen.»
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Ausschreibung und Details zum KUPF Innovationstopf 2016:
→ innovationstopf.at