Leitartikel KUPFzeitung #150: Richard Schachinger über kulturelle Entwicklungsperspektiven.
Der Wandel vor Ort begünstigt Selbstorganisation und damit auch kulturelles Engagement. Kulturinitiativen erschließen – in der Tat – neue Betätigungsfelder und rücken ins Zentrum kommunaler Wahrnehmung vor. Unterdessen ist die kulturpolitische Lage weiterhin angespannt: Es braucht weitere, konkrete Schritte, diesem Segment eine tatsächliche Perspektive – raus aus der Planungsunsicherheit – einzuräumen.
Kulturinitiativen gestalten ihr Umfeld aktiv mit. Diese Kernthese der KUPF gewinnt zur Stunde in unterschiedlichsten Regionen Oberösterreichs an Relevanz und Vielfalt. Hintergrund für die aktuelle Präsenz sind die Regional- und Stadtteilentwicklungsprogramme, wie beispielsweise LEADER oder Agenda 21.
Deren Credo lautet: Förderung von Bürgerinnenbeteiligung und innovatives, interdisziplinäres Handeln sollen eine ganzheitliche Entwicklung vor Ort gewährleisten. Dass Kulturinitiativen auf diesem Gebiet aufzeigen können, überrascht freilich nicht. Für die KUPF steht fest: Das, was bei Regionalentwicklung gefragt ist, nimmt initiative Kulturarbeit per se mit. Und das, was als Informationsschwerpunkt im Zuge der neuen LEADER-Periode geplant war, hat sich inzwischen zu einer dezentralen Kampagne entwickelt: Kulturschaffende von Bad Ischl bis Ottensheim bringen ihre Ansätze und Ideen ein, tragen Kontroversen aus und treten lokale Kulturentwicklungsprozesse los.
Das, was ohnehin die Arbeit von Kulturinitiativen ausmacht, gewinnt in der Tat durch diese systematischen Face-to-Face-Interaktionen eine neue, praktische Qualität – und überregionale Bedeutung: Kulturinitiativen und ihr Engagement machen für die lokale Agenda schlicht einen Unterschied aus. Sie unterstreichen das, was auch in Leitbildern zu lesen steht: Partizipation und Auseinandersetzung mit Kunst sind ein zentraler Faktor für Lebensqualität. In diesem Zusammenhang ist es auch ganz in unserem Sinne, dass der Landeskulturbeirat und in weiterer Folge LH Pühringer unsere LEADER-Initiative aufgegriffen haben.
Freilich stellt sich die Frage, wie wir diese Entwicklung einordnen können. Einerseits handelt es sich um eine Momentaufnahme. Andererseits passiert dies wohl auch vor dem Hintergrund neuer Player und einer umfassenden Planungsunsicherheit, die sich aus dem akuten Budgetengpass in der Kulturförderung ergibt. Ein Budgetengpass, der durch eine komplexe Sparmechanik unterschiedlichster Verwaltungsebenen charakterisiert ist und Förderkürzungen sowie erhöhte Förderzurückhaltungen («Kreditsperren») mit sich bringt. Auf Bundesebene konnten sie bis dato vermieden werden, in Linz wurden sie kürzlich beschlossen. Auf Landesebene hat die schwarz-grüne Koalition für heuer – nach Bestrebungen unsererseits – von Kürzungen in vollem Umfang Abstand genommen. Allerdings werden bis dato 20 Prozent der Fördermittel durch eine Kreditsperre zurückgehalten, was einem Damoklesschwert gleichkommt.
Es versteht sich von selbst, dass wir als Interessensvertretung sämtliche Hebel in Bewegung setzen, um trotz dieser «finanztechnischen Zwänge der öffentlichen Hand» finanzielle Einbußen von freien Kulturinitiativen abzuwenden. Eine wesentliche Aufgabe hierbei besteht darin, ein möglichst umfassendes Bild von der Konstituierung freier Kulturarbeit zu erlangen: Es gilt, mit Fakten und Tatsachen die eigenen Argumente zu untermauern und die Auswirkungen von vermeintlich anonymen Kürzungen sichtbar zu machen. Und weil alle Verwaltungsebenen gefragt sind, haben wir im Vorjahr unsere bisherige «Bedarfserhebung» gemeinsam mit unseren Schwesternorganisationen zu einer bundesweiten «Basisdatenerhebung» weiterentwickelt. Diese zeigt beispielsweise, dass 39% der befragten KUPF-Mitglieder ihr Finanzjahr 2012 nicht positiv abschließen konnten. Ein Wert, der unterstreicht, dass weitere Kürzungen auf die Substanz der dezentralen, kulturellen Vielfalt gehen würden und die Herstellung von Planungssicherheit gefragter ist denn je.
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