Deutschland. Unterhalten sich öffentlich, über die Medien, zwei ältere Männer über deren erwachsene Söhne. Der Grund: “Es ist, als hätte jemand den Stecker rausgezogen”. Diese “lost Generation” (man spricht von jungen Männern ohne Strom) hegt keine Ambition. Gut, sie treiben etwas Sport, aber nur, um letzten Endes doch auf die Couch und von dort in den Schlummer zu gleiten; oder vor dem Rechner zu landen.
M., ein bekannter Journalist, unterhält sich mit seinem unsichtbaren Mitstreiter, weil ebenso ratlosen Vater, was die Ursache dieses Phänomens sein kann. Die Logik der Verweigerung, die sie aus dem Nicht-Handeln besagter Twens verstehen wollen, macht die Fragenden fassungslos. Sie erörtern Möglichkeiten. Was verleitet die Söhne zu dieser unsäglichen Untätigkeit und warum dauert es acht Wochen, bis der Vorsatz, sich eine Badehose zu kaufen in die Tat umgesetzt wird? Die Mädchen aus der Abi-Klasse studieren inzwischen alle und “sind alle auf der Autobahn Richtung Topjuristin, Chefärztin oder Konzernvorstand”. Und “Nein, der Feminismus hat nicht schuld”, spricht es aus der Kolumne, obwohl es dieser Generation schwerfallen wird, eine Spitzenposition zu erobern. Ja, es geht gewissermaßen um eine scheiternde Räubergeschichte, in der die Eroberung der Welt eine Rolle spielt. Doch am Scheitern einer His-tory ist auch der Computer nicht schuld. Weil, mit Zizek lässt sich sagen, dass eine Antwort auf das Internet nur dort zu finden ist. Das Internet also, eine Ausrede. Eine Antwort verweigert sich der väterlichen Komplizenschaft. Indessen wird gemutmaßt, die Abschaffung der Wehrpflicht sei an allem schuld. Es fehlt: “Frühes Aufstehen, heftige Maloche, Hierarchie, Erwachsenenleben. Danach warst du eingenordet. Danach wusstest du Bescheid.” (Der Journalist bedauert sich selbst bei dem Gedanken.)
Nein. Der Feminismus hat nicht schuld. Da haben die Väter recht. Vielleicht haben die besagten Jungen, von denen wir nicht wissen, ob sie gar Feministen sind, vielleicht haben diese Jungs, mehr oder weniger bewusst und trotzdem sie vielleicht wohlstandsverwahrlost sind, die Erzählung vom American Dream als dumm und längst als einzige Enttäuschung entlarvt. Wen interessiert der CEO Stress und was soll das Gerede vom Top Job? Die Orientierung am Status ist fahl wie der Todeskuss. Die jungen Erfolgsstudentinnen in dieser Räubergeschichte mögen schlimmstenfalls Erfüllungsgehilfinnen sein, aber längst nicht frei. Es geht hier um Hegemonie, nicht um Freiheit. Und im Nu sind die Vereinzelten auch wieder ausgeknipst im System. Wie Hgich.T schon immer wussten:
„Das System ist das Problem, ja? Ja.
Das System hat keine Eier, ja? Ja.
Das System ist im System, ja? Ja.
Ich hab kein Problem, ja? Ja.“
In Frankreich sagen sie: “Das Leben ist das, was passiert, während man auf etwas anderes wartet”. Wer Lösungen will, soll zuhause bleiben. Gut gemacht, ihr Jungs, setzen!
Galathea Dunkel (32). Studienabrecherin, jobbte in diversen Bereichen, bevor sie sich der Fotografie zuwandte (verwendet die Leica M9). Derzeit arbeitet sie an einer Fotoserie zur “Lost Generation” in Krakau, Murcia und Sarajevo.