Seit Juni 2010 ist dorf tv auf Sendung. Ab 2004 wurde an der Idee gearbeitet. Dicke Bretter mussten erst gebohrt werden. Auch mit Erfolg. In diesen acht Jahren sind rund eine Million Euro in Entwicklung, Aufbau und Sendebetrieb geflossen. Der Beitrag des Landes OÖ war durchwegs bescheiden – und ist bescheiden geblieben.
Gerade einmal 3,5 % der Förderungen hat z.B. die Kulturabteilung bisher eingebracht. 2009, der Bund hatte sich gerade zu einer neuen Medienförderung entschlossen und damit ein „Window of Opportunity“ geöffnet, rieten Vertreter des Landes, das Projekt nochnicht zu starten – und meinten wohl nie.
In der Folge hat dorf tv allein seit Sendestart 2010 rund 618.000 € an Bundesmitteln „aus Wien abgeholt“, weitere 240.000 € kamen von der Stadt Linz. „Frisches“ und vor allem „zusätzliches“ Geld, das nicht zuletzt jenen Kunst- und Kulturschaffenden hierzulande zu Gute kommt, die medial ansonsten über weite Strecken ignoriert werden.
So ist zum Beispiel der ORF Oberösterreich nach eigenen Angaben zwar bemüht, “die kulturellen Highlights von den Bühnen dieses Landes“ zu präsentieren.[1] Das Freie kulturelle Schaffen wird jedoch weitgehend ausgeblendet.
Auch die kommerzielle Radio- und TV-Landschaft ist keine Alternative. „Gekaufte Beiträge“ bilden über weite Strecken das Programm. Die Finanzierung sogenannter „PR-Berichterstattung“ kommt für Freie Einrichtungen und Initiativen aus wirtschaftlichen und grundsätzlichen Überlegungen nicht in Frage. Pluralität bleibt dabei sowieso auf der Strecke. Eine kürzlich von der Rundfunk- und Telekomregulierung (RTR) präsentierte Studie stellt bei regionalen Sendern einmal mehr „generell wenig Meinungsvielfalt“ fest und „keinen Willen“ und „keine Kenntnis“, Programm und Werbung gesetzeskonform zu trennen.[2]
Ergebnis: Über die regionale Kunst- und Kulturproduktion wird kaum (mehr) berichtet.
Eine Entwicklung, die Landeshauptmann Pühringer (sein Ressort ist auch für die Presseförderung und die Öffentlichkeitsarbeit des Landes zuständig) sicherlich bekannt ist. Nicht zuletzt auch deswegen, weil schließlich auch das Land OÖ selbst und die Parteien um Medienpräsenz ihrer Einrichtungen, Themen und Akteurinnen buhlen.
Allerdings: Vom Werbebudget beispielsweise einer „Academia Superior“[3], dem „Think Tank“ der ÖVP OÖ, oder den diversen Großausstellungen des Landes sind die Freien Initiativen genauso weit entfernt wie vom Wettbewerbsvorteil der Hofberichterstattung.
Überlegungen und Erfahrungen wie diese haben zur Gründung von dorf tv beigetragen – als echte und zeitgemäße Alternative zu einer inhaltlich und quantitativ zunehmend verkümmernden Kulturberichterstattung in Oberösterreich.
Kulturelle und künstlerische Inhalte, Themen, Initiativen, Projekte und Akteurinnen und Akteure machen nicht umsonst einen besonderen Schwerpunkt im Programm von dorf tv aus. Immer mehr Initiativen, Film-, Medien- und Kulturschaffende nutzen den Sender als Plattform zur Dokumentation, Bewerbung und Vermittlung ihrer kulturellen und künstlerischen Arbeit. Auch das „etablierte“ und „institutionalisierte“ Kulturschaffen ist übrigens auf dorf tv präsent: Z.B. mit Liveübertragungen vom Jugendtheaterfestival Schäxpir, einem Studiogespräch mit dem Komponisten Balduin Sulzer oder Beiträgen zu Ausstellungen im OÖ Kulturquartier, usw. Vieles aber, das auf diese Weise auf dorf tv gezeigt und im Onlinearchiv nachhaltig dokumentiert wird, wird nirgendwo sonst gefeatured.
Trotzdem wird dorf tv von der Kulturförderung des Landes OÖ nicht wahrgenommen. Seit Jahren bemühen wir uns auf Landesebene um eine tragfähige Lösung – bisweilen ohne sichtbare Resonanz. Mehrere Schreiben und Terminanfragen blieben unbearbeitet. Durchaus wohlwollende und interessierte Gespräche, etwa mit dem Vorsitzenden des Kulturausschusses Thomas Stelzer im Vorfeld oder LR Doris Hummer verliefen ohne Ergebnis. Mit Ausnahme eines Sonderprojektes (2011) und eines im Rahmen des KUPF Innovationstopfs 2012 von einer unabhängigen Jury ausgewählten Projektes wurden sämtliche Förderanträge an die Abteilungen Kultur, Bildung und Frauen in den vergangenen Jahren abgelehnt.
Zuletzt erklärte sich die Direktion Kultur für nicht zuständig. „Im Rahmen der Kulturförderung“ gäbe es für dorf tv keine Förderbasis.
Landeshauptmann Pühringer hebt in seinen Eröffnungsansprachen und Pressekonferenzen gerne die Bedeutung der Kultur als „Kitt der Gesellschaft“ hervor.
Das Land OÖ betont in seinen kulturpolitischen Grundsätzen wie dem „Kulturfördergesetz“ und dem „Kulturleitbild“ ehrenwerte Ziele und Kriterien wie „Dialog“, „Vernetzung“ „Recht auf Partizipation“, „Selbstentfaltung“, „neue und innovative Formen der kulturellen Betätigung“. „Nur eine pluralistische Medienlandschaft spiegelt die unterschiedlichen Standpunkte und Meinungen aus dem Bereich Kultur wider„, steht etwa im Kulturleitbild.[4]
Aus den Erfahrungen von dorf tv müssen wir allerdings den Schluss ziehen, dass zwischen der kulturellen Offenheit, die das Land OÖ nach außen hin vertritt und der gelebten Praxis eine deutliche Diskrepanz besteht – eine Diskrepanz, die freilich (wie so vieles andere auch) in den traditionellen Medien kein Thema ist.
[1] http://ooe.orf.at/studio/stories/2501132/
[2] Zur Qualität im Privatrundfunk, Begleitforschung zum österreichischen Privatrundfunkfonds, Corinna Wenzel, Josef Trappel, Stefan Gadringer, im Auftrag der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH), Schriftenreihe der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, Band 2/2012. http://www.rtr.at/de/komp/SchriftenreiheNr22012
[3] http://www.academia-superior.at
[4] http://www1.land-oberoesterreich.gv.at/ltgbeilagen/blgtexte/20081630a.pdf