Warum David Guttner Lesewiderstände überwindet.
Die zuMUTungen sind so etwas wie der kulturpolitische Leitfaden der KUPF. Oder sollten es sein. Oder waren als solch einer gedacht. Oder was?
Ich muss zu meiner eigenen Schande gestehen, dass ich die zuMUTungen in halbwegs vollem Bewusstsein erst vor ca. einem halben Jahr gelesen habe. Also nicht durch- oder überblättert, sondern tatsächlich gelesen. Was ja an und für sich so schwierig nicht sein sollte: Auf 27 Seiten wurde 2003 der kleine Katechismus der kupfschen kulturpolitschen Kraftanstrengungen in überarbeiteter Form gedruckt. Die ersten »Maßnahmen für eine zukunftsweisende Kulturpolitik« brachte die KUPF 1997 heraus und an den Wänden des Landhauses an, um die kulturpolitisch Verantwortlichen – zumindst kurzfristig – zur Auseinandersetzung zu zwingen. Auch ich habe die zuMUTungen erst gelesen, als ich dazu angehalten wurde: Nämlich im Rahmen einer Arbeitsgruppe, welche die »alten « zuMUTungen überarbeiten und, auch in Hinblick auf die dräuenden Landtagswahlen im Herbst 2009, »fit« machen sollte. Vielleicht haben meine inneren Lesewiderstände auch an dem schönen, zukunftsträchtigen Orange gelegen, in welchem der Umschlag der zuMUTungen erstrahlte (Das allerdings erst nach den populistisch-politischen Klonexperimenten des Dr. H. auf längere Sicht verpatzt wurde.). Jedenfalls scheine ich mit meinem erschwerten Zugang zu den zuMUTungen nicht alleine gewesen zu sein.
Stellt sich die Frage: Warum?
Das, euphemistisch behauptet, etwas eigenwillige Layout und Format der damaligen zuMUTungen, kann wohl nur erschwerend hinzu gekommen sein. Auch inhaltlich gab es wenig auszusetzen, trotz zum Teil recht amtsschimmeliger Formulierungen (»Förderentscheidungen sind in jedem Fall den Ansuchenden gemäß den Zielsetzungen des oberösterreichischen Kulturförderungsgesetzes bzw. der Förderkriterien und nicht durch subjektive Kommentare oder Standardantworten zu begründen.«) und dem Versuch, alles und jedes mit hinein zu reklamieren, was nur irgendwie mit Kulturpolitik in OÖ in Verbindung gebracht werden könnte.
Vielleicht, so vermute ich, vielleicht hatteja die KUPF selbst ein Problem mit ihren zuMUTungen? Möglicherweise war man sich der aufgestellten Forderungen gar nicht so sicher, bzw. nicht im Klaren von WEM man nun eigentlich WAS WIE fordern SOLL oder KANN oder DARF oder MUSS? Diese und andere Fragen waren Thema bei der zuMUTungen-Überarbeitungsarbeitsgruppe. Nachdem eine überwiegende Mehrheit der mittlerweile zum Teil schon mehr als 12 Jahre alten Forderungen von politischer Seite noch immer nicht zur Kenntnis genommen, geschweige denn umgesetzt worden waren, wurde vor allem die Frage nach den AdressatInnen, denen die zuMUTungen-neu zugestellt werden sollten, zentral. War es vielleicht so, dass die zuMUTungen sich von der Formulierung her zwar an politische Verantwortliche von der kommunalen bis zur EU-Ebene richteten, in Wirklichkeit aber die KUPF und die von ihr vertretenen KI’s an die Existenz und Wichtigkeit ihrer eigenen kulturpolitischen Bedürfnisse gemahnen sollten?
Auch um das zu beantworten, musste vieles reinreklamiert, manches rausgebettelt, gekürzt, überarbeitet, aktualisiert, gegengelesen, korrigiert, neu durchdacht, wieder aufgerollt und frisch gegliedert werden. Mit dieser umfangreichen Überarbeitung haben sich die zuMUTungen zum Teil neu positioniert: So werden einerseits die AdressatInnen nun direkt angesprochen und mit Forderungen konfrontiert, an deren Stoßrichtung kein Zweifel entstehen sollte. Gleichzeitig bieten die zuMUTungen einen brauchbaren kulturpolitischen Leitfaden, der auch in der Praxis für die KUPF wie für ihre KI’s anwendbar scheint.
Der gestraffte Forderungskatalog umfasst nunmehr die sechs Schwerpunkte: RADIKALE TRANSPARENZ, MEHR GELD, MEHR ENTLASTUNG, GLEICHE TEILHABE, FREIE MEDIEN und KULTURARBEIT IST ARBEIT. Verbunden mit den jeweiligen Forderungen sind eine präzise Beschreibung der unterschiedlichen Gegebenheiten und sich daraus ableitende Zukunfsszenarien entstanden.
Ob die zuMUTungen aus ihrem Schattendasein auftauchen, und als flexibel einsetzbares Arbeitspapier taugen können, wird sich vermutlich schon bis zu den Landtagswahlen im Herbst zeigen. Bei dem heurigen Arbeitsschwerpunkt der KUPF »Kulturarbeit muss zumutbar sein«, dienen die zuMUTungen als inhaltliches Unterfutter. Bei der Anfang Juni startenden Kampagne werden (un-)bezahlte Kulturarbeit und Verteilungsdebatten ebenso thematisiert, wie Freie Medienpolitik und der nicht zu übersehende Rechtsruck – jeweils im Kontext zu den anstehenden Wahlen (www.zumutungen.at).
Eine kulturpolitische Haltung oder Meinung können die zuMUTungen klarerweise nicht ersetzen. Aber sie können Denkanstösse geben, Modelle aufzeigen und in kulturpolitische Räume vorstoßen, welche die überwiegende Mehrzahl der lokalen kulturpolitischen Verantwortlichen leider auch in 200 Jahre nicht erkannt haben werden. Somit, liebe KI’s, liegt der Ball auch bei euch – und die neuen zuMUTungen hoffentlich bald ebenso. Ich – für meinen Teil – kann zumindest eines behaupten: den kulturpolitischen Maßnahmenkatalog der KUPF mittlerweile fast auswendig zu kennen. Und das ist, nach eineinhalb Jahren Vorstandstätigkeit, immerhin auch schon was.
David Guttner lebt und arbeitet in Wien und ist im Vorstand der KUPF.