Umverteilung im Großen wie im Kleinen

Die Zeiten werden nicht leichter, prophezeit Andrea Mayer-Edoloeyi.

 

Im Internet habe ich ein Video entdeckt, das das gute alte Gesellschaftsspiel »Monopoly« neu definiert: Bei »Bankenkrise« (abrufbar unter http://andreame.at/bankenkrise) lernen wir, dass Geld schnell verzockt ist, aber damit kein Risiko verbunden ist, weil der/die SpielerIn sowieso bald wieder am »Staatfeld« landet und damit das Geld zurückbekommt. Konklusio: Das Geld kommt von den Eltern der kleinen SpielerInnen, es sind Steuergelder. So ist es auch im realen Leben: Auf 2.000.000.000.000 $ wird der Finanzbedarf amerikanischer und europäischer Banken geschätzt. Allein Österreich hat ein 100 Milliarden Euro Hilfspaket für die Banken geschnürt. Die ZockerInnen an der Börse gehen ungestraft von dannen, die Zeche der undurchsichtigen Finanzwirtschaft zahlen wir alle. Das ist Umverteilung von unten nach oben.

Umverteilung in Richtung der Banken passiert auch woanders: Kulturinitiativen oder andere Non-Profit-Organisationen erhalten für ihre Tätigkeit öffentliche Förderungen. Immer mehr reisst in den letzten Jahren dabei ein, dass diese Förderungen verspätet oder manchmal sogar erst nach Abschluss eines Projekts ausbezahlt werden. Gerade kleinere Organisationen sind mit dieser Praxis gezwungen, akute Finanzlücken über Banken zwischenzufinanzieren. Da kann schon mal ein erkleckliches Sümmchen zusammenkommen, das der Kultur oder anderen Non- Profit-Organisationen dann fehlt. Finanzierungskosten sind übrigens nicht förderbare Kosten, die Organisation muss selbst schauen, woher sonst sie das Geld für die Kreditzinsen bekommt – bei nicht-kommerziell ausgerichteten Aktivitäten oft nicht einfach. Budgetsperren in öffentlichen Haushalten und fehlende praktikable Verfahrensstandards in Förderverfahren sind verantwortlich für diese Situation. Die Spielregel in diesem kleinen Monopoly wird dann so definiert: Nimm das Geld von den Kleinen, die sowieso schon wenig haben. Das ist Umverteilung im Kleinen.

Nun wird uns eine ökonomische Rezession prognostiziert, und ich möchte wetten, dass diese die Schere zwischen Reich und Arm noch weiter auseinandertreibt – anstatt Anlass zu sein, die Verteilung von Reichtum und Armut komplett neu zu überdenken. Es ist zu befürchten, dass durch die Rezession die öffentliche Hand weniger Geld hat und dass sich damit der Staat auch im Rahmen der öffentlichen Aufgabe Kultur noch zurückhaltender zeigen wird, als er es jetzt ohnehin schon tut – gerade bei den Kleinen. Beliebt ist in solchen Zeiten dann der Verweis der Kultur auf den Markt oder aufs Sponsoring. Da beisst sich aber die Katze in den Schwanz: Wenn es auch Privatpersonen und kleinen Unternehmen nicht gut geht, werden sie kein Geld in nicht unmittelbar rentables Kunstund Kultursponsoring stecken.

Erneut gilt es, die gesellschaftliche Relevanz von kritischer Kunst, von gesellschaftlich sich verantwortender Kulturarbeit auf die Agenda zu setzen. Die Zeiten werden nicht leichter. Einzufordern ist Umverteilung in die richtige Richtung: von Reich zu Arm, von Rüstungsausgaben und Strassenbau zu Sozialem, Ökologie und Kultur, von den Großen zu den Kleinen. Im gesellschaftlichen Monopoly braucht es dringend eine Gerechtigkeitskarte, die dafür sorgt, dass die Karten neu gemischt werden und Chancen gleich verteilt werden. Die Gerechtigkeitskarte wird nicht einfach so im Monopoly auftauchen, sondern es kommt auf uns an, diese zu schaffen. Kunst und Kultur leisten beim Neudesign des gesellschaftlichen Spiels einen wesentlichen Beitrag!