Der Landesrechnungshof, das unbekannte Wesen! Ein Gespräch mit dessen Präsident führte Stefan Haslinger.
Im politischen Diskurs wird er zitiert, um Versäumnisse anderer zu veranschaulichen. Darüber hinaus zeigt dieses Gremium wenig Präsenz. Was zu bedauern ist! Stellt doch der Landesrechnungshof in seinen Prüfberichten Überlegungen z.B. zur Reform des Fördersystems an, die nachhaltige Auswirkungen auf die Kulturlandschaft haben könnten. Ein Gespräch mit dem Präsidenten des OÖ Landesrechnungshof Dr. Helmut Brückner über Zielvereinbarungen, Verwaltungsabbau und politische Einflussnahme führte Stefan Haslinger.
KUPF: Ist es für einen Präsidenten des Landesrechnungshof eigenartig, von einer NGO wie der KUPF interviewt zu werden?
Dr. Brückner: Das ist durchaus nicht eigenartig. Wir sehen unsere Aufgabe darin, einen Beitrag zu leisten, dass der Einsatz der öffentlichen Förderungsmittel möglichst effizient und effektiv erfolgt. Dazu sind alle Mittel an Information recht.
KUPF: Der Landesrechnungshof hat wiederholt, zuletzt bei einer Sonderprüfung 2008 1, darauf hingewiesen, dass der Förderbereich jener Bereich des Landesbudgets ist, wo gespart werden muss, wenn das Land auch künftig mit den Einnahmen der laufenden Gebarung den Aufwand decken will. Das würde in vielen Bereichen auch Einsparungen zu Lasten jener bedeuten, die ohnehin über wenig Eigenkapital verfügen, und darum auf Förderungen »angewiesen« sind.
Dr. Brückner: Wir leben in Zeiten knapper werdender Mittel und explodierender Haushalte. Es wird schwieriger, mit den laufenden Einnahmen die laufenden Ausgaben der öffentlichen Hand zu finanzieren. Die Erwartungen an die öffentliche Hand werden immer größer, und es gilt in allen Bereichen zu schauen, wo eingespart werden kann. Vor allem gilt es sich anzuschauen, wo Schwerpunkte und Prioritäten gesetzt werden. Es kann nicht alles im gleichen Ausmaß zur gleichen Zeit finanziert werden, und es ist die Aufgabe der Politik zu sagen, wo die Schwerpunkte liegen, wo gespart wird, und was auf später verschoben werden kann. Wichtig ist, dass der Förderbereich vom Nachdenken über das Einsparen und über das Prioritäten setzen nicht ausgeklammert wird, sondern Bestandteil dieser Überlegungen sein muss. Die Frage muss sein, ob ich weiter tun kann wie bisher.
KUPF: Das führt gleich zu den Zielvereinbarungen, die von Seiten des Landesrechnungshof immer wieder ins Treffen geführt werden. Schon im Prüfbericht 2004 zum Fördersystem des Landes 2 hat der Landesrechnungshof darauf hingewiesen, dass das Land bei Vereinsförderungen zum laufenden Aufwand mit den FörderempfängerInnen Ziele mit messbaren Kriterien vereinbaren soll. Wie soll der Prozess, in dem diese Ziele vereinbart werden, ablaufen? Sind das politische Ziele, die eingehalten werden müssen, oder werden diese Zielvereinbarung in einem Dialog entwickelt?
Dr. Brückner: Fördergelder sind Steuergelder, die für einen öffentlichen Zweck eingesetzt werden müssen, öffentliche Gelder, die im öffentlichen Interesse für bestimmte Zwecke zur Verfügung gestellt werden. Diese Ziele müssen definiert und vereinbart werden. Wenn dafür Fördergeld vergeben wird, muss auch Rechenschaft abgelegt werden, also die widmungsgemäße Verwendung nachgewiesen werden. Die Vorschläge für die Ziele müssen natürlich vorerst von den Vereinen kommen. Das ist als erster Schritt ganz ganz wichtig.
KUPF: Aus unserer Sicht müssen Kulturvereine im laufenden Betrieb hauptsächlich dafür Sorge tragen, dass ein kontinuierliches Kulturprogramm für breite Bevölkerungsschichten angeboten wird. Das vorrangige inhaltliche Ziel muss die Sicherung der Qualität sein. Was wären hier messbare Indikatoren oder Evaluierungskriterien für Zielvereinbarungen?
Dr. Brückner: Durchaus die Qualitätskriterien, von denen Sie sprechen. Wenn ich sage, ich will für bestimmte Kulturaktivitäten eine Förderung haben, nehmen wir eine Projektförderung her, dann ist das Projekt zu beschreiben: Worum geht es? Was soll damit erreicht werden? Welche Leistung soll erbracht werden? Das ist durch Qualitätskriterien auf Vorschlag des Subventionsempfängers zu beschreiben und mit dem Subventionsgeber so genau wie möglich auszuhandeln, um dann feststellen zu können, ob diese Ziele erreicht wurden.
KUPF: Das ist im Projektbereich »leicht«. Aber im Feld der Kulturinitiativen geht es vor allem um Jahresprogramme und nicht um abgeschlossene Projekte.
Dr. Brückner: Hier könnte die Anzahl der Veranstaltungen ein Indikator sein, wie viele Besucher möchte ich erreichen, möchte ich meinen Level halten, möchte ich ausbauen, möchte ich Aktivitäten zurücknehmen, das müsste klar formuliert werden. Und das kann qualitativ überprüft werden. Wie schauen die Kritiken aus? Wie schauen die Rückmeldungen aus? Wie schaut es mit der Besucherzahl aus?
KUPF: Zielvereinbarungen schweben seit einiger Zeit als ein latentes Bedrohungsszenario über der Förderlandschaft. In Salzburg wurde 2002 ein Modell zur Kulturförderung durch Zielvereinbarung entwickelt. Dort wurde die Kritik formuliert, dass das Land Extrawünsche in die Zielvereinbarungen der AntragstellerInnen formulierte, und zum Teil inhaltliche Eingriffe versucht wurden. Kann es gewährleistet werden, dass aus einem politischen Steuerungsinstrument – was Förderungen nun einmal sind – nicht ein Instrument der Einflussnahme wird?
Dr. Brückner: Das sollte gewährleistet sein. Auf der anderen Seite muss der Fördergeber letztlich entscheiden, ob er fördern will oder nicht. Hier gibt es einen Graubereich, wo es wichtig ist, darauf zu achten, dass das nicht in eine parteipolitische Ecke gedrängt wird. Aber auch das gilt es in den Zielvereinbarungen genau auszuhandeln und darzulegen. Förderungen werden ja – je nach Höhe – von unterschiedlichen Gremien oder Zuständigen innerhalb der Landesverwaltung vergeben. Auch hier soll nach Möglichkeit sichergestellt werden, dass es nicht zu irgendwelchen nicht beabsichtigten Einflussnahmen kommt. Eigentlich glaube ich aber, dass es wichtiger ist, die Zielvorstellungen aus der Kreativität des Vereins kommen zu lassen. Dann muss der Fördergeber entscheiden, ob das stimmig ist oder nicht. Dadurch wäre eine Einflussnahme leicht nachvollziehbar, weil man sehen kann, ob die beabsichtigte Aktivität von der fördernden Stelle gewünscht wird, oder ob es ein Anliegen des Vereins ist. In diesem Zusammenhang würde ich die Gefahr nicht so groß sehen. Von uns kann überprüft werden, ob diese Förderungen nach objektiven Kriterien und nachvollziehbar vergeben werden. Wichtig ist es, dass es zu keiner einseitigen Bevorzugung oder Benachteiligung kommt.
KUPF: Zum Thema der politischen Einflussnahme wurden bei der Sonderprüfung 2008 vom Landesrechnungshof kritisiert, dass Vereine mit politischem Hintergrund eher gefördert werden und hier die Effizienz kaum geprüft wird. Wie realistisch ist es im Bereich der Ermessensausgaben, die sozusagen die politische Macht im Budget darstellen, die politische Einflussnahme zurückzuschrauben?
Dr. Brückner: Überall, wo Menschen am Werk sind, wir es auch menschliche Abgleitflächen geben. Wir können es durch unsere Systeme weitgehend sicherstellen, dass die Dinge transparent werden, um solche Einflussnahmen auszuschließen. Aber wir werden keine Garantie abgeben können, dass nicht da und dort solche Einflussnahmen passieren. Wenn wir bei einer Prüfung etwas feststellen, wird es auch ganz deutlich kritisiert.
KUPF: Das ist ja bei der Sonderprüfung passiert. In diesem Bericht hat Landeshauptmann Pühringer mitgeteilt, dass durch die parteipolitische Festlegung von Förderungen das Fördervolumen für parteinahe Vereine von mehr als 20 Mio. Euro auf jährlich ca. 15 Mio. Euro reduziert werden konnte. Diese Vorgangsweise steht im krassen Widerspruch zur ein- gemahnten Transparenz in der Förderpolitik. Kann es bewerkstelligt werden, die Transparenz immer weiter zu erhöhen?
Dr. Brückner: Weil es ein Widerspruch ist, wurde es von uns auch kritisiert. Die Erhöhung der Transparenz kann man schaffen. Dieses Thema ist Gegenstand der laufenden politischen Diskussion im Land. Ein erster Schritt in diese Richtung ist z.B. die Veröffentlichung des Förderberichts im Internet, was nur eine der Möglichkeiten darstellt, das System zu verbessern. Durch unsere Prüfungen werden wir alles tun, um Transparenz herzustellen, und auch auf die Systeme einwirken, dass es zu mehr Transparenz kommt. Denn es handelt sich um Steuergelder, und der Steuerzahler hat Anspruch darauf, dass ihm nachgewiesen wird, wie mit seinem Steuergeld umgegangen wird.
KUPF: Ein weiterer Kritikpunkt in den Prüfberichten ist, dass die Bewirtschafter zumindest die Förderbeiträge wechselseitig abstimmen sollten, und es empfehlenswert wäre, die Förderungen soweit wie möglich bei einer Förderstellen zu konzentrieren. Würde das bedeuten, dass sich der Kompetenzenkatalog der Abteilungen ausweitet?
Dr. Brückner: Das ist nicht zwingend. Wichtig ist es, dass die linke Hand im Land weiß, was die Rechte fördert. Es muss organisatorisch sichergestellt sein, dass Förderungen bewusst passieren, und es nicht zu unbeabsichtigten Doppel- oder Mehrfachförderungen kommt. Bei den Beamten muss das Wissen vorhanden sein, was der jeweilige Förderempfänger sonst noch aus Kassen des Landes erhalten hat. Ganz vermeiden kann man es nicht, dass zwei Stellen Förderung auszahlen, aber wichtig dabei ist, dass die koordiniert vorgehen.
KUPF: Hierzu hat es ja im Prüfbericht 2004 die Idee einer Wissensplattform gegeben, die in den Prozess der wirkungsorientierten Verwaltungsführung 2015 (WOV 2015 3) inkludiert sein soll. Das wäre ja ein Instrument, um den Austausch zu gewährleisten.
Dr. Brückner: Das Konzept der WOV 2015, das in Implementierung ist, unterstützt genau das, was wir kritisch festgestellt und in weiterer Folge auch empfohlen haben. Dieses Konzept setzt voraus, dass in Zukunft Wirkungsziele für Förderungen festgelegt werden und zwar in jedem Fall und nicht nur ausnahmsweise. Das Konzept an sich ist ja eine wunderbare Grundlage, damit unsere Empfehlungen verhältnismäßig kurzfristig umgesetzt werden können.
KUPF: Generell empfiehlt der Landesrechnungshof, den Verwaltungsaufwand zu reduzieren. Als AntragstellerIn hat man hingegen oft den Eindruck, dass der bürokratische Aufwand, um Subventionen zu lukrieren bzw. abzurechnen, mehr wird, und die Ämter hauptsächlich daran arbeiten, sich selbst abzusichern.
Dr. Brückner: Ich kann Verwaltungsaufwand z.B. dadurch reduzieren wenn statt zwei Förderstellen nur eine zuständig ist. Was mit dem Abbau von Verwaltungsaufwand nicht gemeint ist, ist das gewisse Standards bei der Kontrolle eingehalten werden. Hier muss sich der Bewirtschafter innerhalb gewisser Grenzen entsprechend absichern. Dort wo Risiko drinnen liegt, muss auch verstärkt kontrolliert werden.
KUPF: Aber genau diese Risikoszenarien werden plötzlich geschaffen werden, Unsicherheiten werden produziert, und der Eindruck entsteht, dass die SubventionsnehmerInnen eine Gefahr darstellen. Dem ganzen durch eine Verdoppelung der »notwendigen« Formulare beizukommen, bringt keine Reduktion des Verwaltungsaufwandes mit sich.
Dr. Brückner: Wir sind wirklich für Vereinfachung und Entbürokratisierung wo es geht. Das heißt nicht, dass es nicht gewisse Mindeststandards geben muss. Der ganze bürokratische Aufwand könnte vermindert werden, wenn sichergestellt ist, dass die einzelnen Subventionsempfänger eine saubere Buchhaltung, eine klare Dokumentation haben. Je professioneller die Subventionsempfänger organisiert sind, desto weniger bürokratischer Kontrollaufwand wird seitens des Fördergebers notwendig sein. Dieser muss darauf reagieren, und sagen: Hier wird sauber gearbeitet, hier kann ich mir gewisse Kontrollmechanismen ersparen.
KUPF: Oft scheitert es daran, dass die Abteilungen ihre Kriterien, ihre Richtlinien nicht kommunizieren, und diese auch unterschiedlich sind.
Dr. Brückner: Das ist genau der Punkt, warum man versuchen sollte, möglichst wenig Förderstellen zu haben. Darum ist das auch Gegenstand unserer Kritik gewesen, und wir werden weiter darauf achten, dass seitens des Landes alles passiert, was zu passieren hat. Von den Empfehlungen her wüssten wir, wo es langgehen sollte, es dauert halt alles seine Zeit, bis das in menschlichen Organisationen auch wirklich passiert.
1 http://www.land-oberoesterreich.gv.at => Verwaltung => Verwaltungsreform 2 http://www.lrh-ooe.at/_files/downloads/berichte/2004/IP_Foerderungssystem_Bericht.pdf 3 http://www.lrh-ooe.at/_files/downloads/berichte/2008/SP_FoerdermittelGumpingerVereine_Bericht.pdf
Stefan Haslinger ist Teil der Geschäftsführung der KUPF, im Vorstand der IG Kultur Österreich und des KV waschaecht – Wels. http://keepthecat.at