Der hörbare Unterschied.

Appell an Radioengagement von Sedjro Mensah

 

Der Anschein ist manchmal irreführend: ich bin Franzose mit einem dementsprechenden erkennbaren Akzent, nun bin ich etwas dunkel, was unvermeidlich zu der immer selben Frage führt: »Wo kommst du denn her?« Begleitet von seiner quasi obligatorischen Ergänzung : »Ja aber wo kommst du denn ursprünglich her?« Menschen vertrauen nicht dem was sie hören, sondern lieber dem was sie sehen. Sehen bedeutet beruhigendes Vertrauen des Sinnes, Gehör sowie die anderen Sinne sollen im besten Fall, als Bestätigung dienen.

Im Medienbereich kompensiert man den Verlust und die Verarmung einer unmittelbaren Wahrnehmung zugunsten eines breiteren Zugangs zum Rest der Welt: Man sieht nicht mehr zu, sondern man sieht fern. Es kommt häufig vor, um die verunsicherten Sinne von seinem Publikum zu beruhigen, dass die Massenmedien leicht interpretierbare Bilder der Öffentlichkeit anbieten. Im Fernsehen macht der Ton die Bilder noch glaubwürdiger. Die ursprüngliche Herrschaft des Sehens ist vom Fernsehen noch akzentuiert und alles wird so gemacht, dass es von dem Zuschauer unbemerkt bleibt: Ein Franzose muss weiß sein, und wenn nicht, wie im Sport, die französische Hymne laut und stolz singen. Gewinner sind diejenigen, die die Leichtigkeit des Sehens ansprechen. Die politische Slogans sind plakativ und leicht verdaulich, der stylische Adel zwinkert uns zu, das Armband ist eine klare Botschaft und die Wahlstimme fällt letztlich in die falschen Hände.

Migrant zu sein ist keine einfache Sache, Radiomachen ist es auch nicht: man findet eine Analogie zwischen der Minderheit des Gehörs und den Minderheiten in der Öffentlichkeit. Mit Radio ist unsere Wahrnehmung auf einen Sinn beschränkt und noch dazu auf einen, der nicht als König sitzt. Natürlich liefern kommerzielle Radios ein undifferenziertes aber eindringliches, meist englisches Musikprogramm. Eine Herausforderung steht jedoch in der Radiowelt zur Verfügung, um die Blendung des Sehens zu überwinden, neue Assoziationsgedanken zu erstellen. Die Stimme kann man und darf man, würde ich sagen, anders verwenden, wenn man kein Wahlrecht hat, und damit einen qualitativen hörbaren Unterschied anbieten. Die Strukturen, die solche Möglichkeiten anbieten, gibt es schon seit 10 Jahren in Österreich: Freie Radios verfügen über Medienkompetenz, Unabhängigkeit, Offenheit, und Infrastruktur. Sie machen sich zur Aufgabe, Sprachrohr für alle unterrepräsentierten Communities zu sein. Fehlt nur das Wesentliche: Programmmachende, die sich dafür engagieren. Meine Frage zum Schluss ist: Gehörst du dazu?

Sedjro Mensah ist Franzose und Beniner, derzeit Geschäftsführer vom Freien Linzer Radio FRO.