Stefan Haslinger zum Kulturpolitischen Forderungskatalog der KUPF, den zuMUTungen.
Wieder einmal die Frage nach der Relevanz, und was das Erheben von Forderungen eigentlich bringt.
Um mit Robert Löffler zu beginnen, ist es nun auch schon wieder 11 Jahre her, seit einige AktivistInnen der KUPF in das Landhaus eindrangen, und mit der »kämpferischen Absicht einer kulturpolitischen Inszenierung, die allerdings mehr an künstlerische Spontis als an Tradition und Brauchtum erinnerte« 1 die »zuMUTungen – Maßnahmen für einen zukunftsweisende Kulturpolitik« auf die Bürowand des Landeshauptmann und Kulturreferenten Pühringer nagelten.
In diesen 11 Jahren wurden die zuMUTungen einmal einer Überarbeitung unterzogen, um im Manifest der KUPFarbeit auch die aktuellen Strömungen und Forderungen zu berücksichtigen. Die Präsentation dieser Neuauflage 2003 war symptomatisch für die Ignoranz, die den Forderungen von unten seitens der Politik entgegengebracht wird. Die Mächtigen glänzten durch Abwesenheit, und schickten VertreterInnen aus der zweiten Reihe. Unter der Prämisse, sich nicht selbst angreifbar zu machen – ein dienliches Instrument, sich der kulturpolitischen Verantwortung und Diskussion zu entziehen. Diese Ignoranz fasste Andi Wahl rückblickend zusammen, und schrieb: »Das entscheidende Förderkriterium für künstlerische und kulturelle Tätigkeit in diesem Lande ist die Gunst des Landeshauptmannes. Wer sie hat, kann produzieren, wem sie fehlt, die/der muss sich wohl anderswo umsehen.« 2 Was haben aber – angesichts dieser Analyse – Forderungskataloge, und das Insistieren auf die Umsetzung überhaupt noch für eine Bedeutung. Selbst das Vorwort zu der zuMUTungen liest sich aus heutiger Sicht eher resignativ als kämpferisch, wenn davon die Rede ist »die Notwendigkeit der Absicherung freier Kulturarbeit erneut ins Gedächtnis zu rufen.« 3 Die KUPF macht es sich sicherlich zu leicht, wenn sie die zuMUTungen als Banner vor sich her trägt, und darauf hofft, dass die Forderungen erfüllt werden. Denn von der Vielzahl der erhobenen Forderungen ist nichts umgesetzt, bzw. wenn, dann verwässert und mehrheitstauglich umdefiniert worden. Aber warum sollte es verwundern, dass sich die (Kultur-)Politiker nicht mit den Forderungen auseinander setzten, angesichts der Tatsache, dass die Arbeit der freien Kulturinitiativen als hedonistische Freizeitbeschäftigung verstanden wird, und die politische Relevanz nicht beachtet wird. Wären sich die Mächtigen der politischen Komponente bewusst, wären sie auch gut beraten, die Forderungen zu ignorieren. Einem Feind die Waffen selbst zu schmieden ist nicht Usus.
Aber vom Feindbild freier Kulturarbeit kann gar nicht die Rede sein. Denn Feinde werden beachtet und beäugt. Kulturreferent Pühringer beachtet nicht, sondern ignoriert. In seiner Rede im Dezember zu Kulturbudget zählte er exemplarisch jene auf, die das Feld der Kultur bestellen, und die das Land unterstützen möchte. »Das sind die 10.000 Funktionäre in den volkskulturellen Bewegungen, in den Chören, im wissenschaftlichen Bereich, ich denke an die ganzen Büchereileiter, ich denke aber auch an die Organisten, an die Chorleiter, an die Kapellmeister, an die LeiterInnen der verschiedenen Brauchtumsgruppen, […] und viele andere sind hier zu nennen, die Tag für Tag ehrenamtlich die Arbeit für die Kultur leisten.« 4 Kulturarbeit ist Arbeit, und muss als solche anerkannt werden. Um diese gesellschaftliche / demokratiepolitische Relevanz freier Kulturarbeit verstärkt zu postulieren, läut gerade die Kampagne der KUPF Kulturarbeit ist Arbeit. Diese Kampagne ist eine politische Kampagne. Tritt sie doch an, sich gegen jene – nur dem Produkt verpflichteten, auf neoliberale Quantifizierung schielende – PolitikerInnen (und IntendantInnen) zu wehren, die auf das Sprechen über Prozesse und die Forderung nach struktureller Absicherung dadurch reagieren, dass sie über Qualität sprechen, ohne dass sie dafür Kriterien vorweisen. Und die Kampagne wehrt sich gegen die Abqualifizierung der Arbeit, die in den Kulturinitiativen passiert, und setzt Akzente, den Arbeitsbegriff zu hinterfragen. Auch Reflexionsarbeit ist Arbeit.
Die Kampagne wird das Herausfordern der politischen VertreterInnen auf kulturpolitischer Ebene nicht ersetzten. Nach wie vor werden die zuMUTungen mitgetragen und verhandelt. Aber der KUPF kann es gelingen, im Kontext der Kampagne dem Aufruf von Martin Wassermair ein Stück näher zu kommen: »Wer bloß mit den Füßen stampft, kommt nicht voran. Da muss man schon kräftig nach vorne treten! 5 Stefan Haslinger ist Teil der Geschäftsführung der KUPF, und im Vorstand der IG Kultur Österreich und des KV waschaecht Wels.
1 Martin Wassermair in »1986 – 2006: 20 Jahre KUPF« 2 Andi Wahl »Des mach ma, Fritz!« in KUPFzeitung 102/03 3 zuMUTungen Maßnahmen für eine zukunftsweisende Kulturpolitik, 2002 4 LH Dr. Pühringer Budgetlandtag am 6.12.2007 5 Martin Wassermair in »1986 – 2006: 20 Jahre KUPF«