Und die Welt schaut auf das Spiegelei. Von Eugenie Kain.
Das Jahr hat gut angefangen. Linz ist europäische Kulturhauptstadt. Spiegelei um Spiegelei tastet sich die Stadt vor zu dem Bewusstsein, jetzt ein Jahr lang nicht zwischen Salzburg und Wien zu liegen, sondern im kulturellen Mittelpunkt EU – Europas. Die Welt schaut auf Vilnius und unseren Eidotter. Was kommt? Was ist? Ist was?
In den oberösterreichischen und damit auch in den Linzer Kindergärten müssen Kreuze aufgehängt werden, aber nicht die mit dem gekreuzigten Frosch von Martin Kippenberger, denn sonst kommt auch noch die Polizei in den Kindergarten. Linz hätte fast einen neuen Weihbischof, den niemand vorgeschlagen hat, nach dem keine Nachfrage bestanden hat, aber in Rom sitzt ein alter Mann und der ist unfehlbar. Er ist nach Beratung mit seinen Brüdern auf den Pfarrer von Windischgarsten gekommen. Dieser hält Homosexualität für eine Krankheit und Tsunamis und Überschwemmungen für eine Strafe Gottes. Das engagierte katholische Kirchenvolk rauft sich die Haare. Allen anderen könnte es egal sein, wäre es nicht ein Zeichen dafür, dass auch das (katholische) Kirchenschiff nach rechts in den Sumpf abdriftet und wären nicht alle Objektive auf die Kulturhauptstadt 09 gerichtet. Da leuchtet das AEC- Gebäudes jeden Abend so schön in bunten Farben und kann doch die Irrlichter, die vom rechten Rand in die Stadt und das Land züngeln, nicht überstrahlen. Heuer ist aber nicht nur Kulturhauptstadtjahr Linz 09 sondern auch Darwin-Jahr. In den USA glauben noch immer mehr Menschen an den Teufel als an die Evolutionstheorie und in Österreich hält Kardinal Schönborn von dieser Theorie gar nichts, weil er naturgemäß ein Verfechter des göttlichen Schöpfungsplanes ist. Für diesen Kardinal gehören zu den drei Hauptsünden des 20 Jahrhunderts die Homosexualität, die Fristenlösung und die Pille. Jessas Maria!
Gott sei dank geben sich die Eremiten in der Turmstube des Mariendoms wöchentlich die Klinke in die Hand. Blieben sie länger da oben, würden sie sich bei ihrer Rückkehr in den Alltag die Augen reiben. Die FPÖ Linz rechnet auf ihrer Homepage schon vor, wie viele Millionen der Umbau und die neue Fassade für das Lichterspiel des AEC kostete. Das BZÖ OÖ fordert vom Land, das Kulturbudget zu senken. »Allein das Musiktheater kostet 200 Millionen Euro«…sagt einer der Theater-im-Berg-Verhinderer. Wahlkampf im Kulturhauptstadtjahr. Das Ausländerthema allein zieht anscheinend nicht so, deshalb werden auch Lentos, Musikuniversität etc., etc., etc. zu Sozialschmarotzern. Alles schon gehabt. Und die Welt schaut auf das Spiegelei.
Eugenie Kain ist Autorin, lebt und arbeitet in Linz