Christian Diabl im Gespräch mit dem neuen HOSI Geschäftsführer, Tiberius Binder.
Die HOSI Linz verlässt die Privatheit und Beengtheit ihrer alten Räumlichkeiten in der Schubertstraße und bezieht im kommenden Jahr ein eigens für sie errichtetes Gebäude. Neben einer Professionalisierung und Ausweitung des Beratungsangebotes, soll vor allem Platz für kulturelle Veranstaltungen sein. Hartnäckige Lobby-, erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit und die Gunst der Stunde machen die unverhoffte Entwicklung möglich.
Selten ereilen uns positive Nachrichten in Zusammenhang mit dem Kulturhauptstadtjahr 09, immer noch dominieren Bau- und Infrastrukturmaßnahmen den öffentlichen Diskurs. Inhalte scheinen zumindest sekundär, Nachhaltigkeit wird mit Zement verwechselt. Doch wo sich offensichtliche Notwendigkeit, städtische Imagepolitik und ein Faible für Prestigebauten treffen, ergeben sich manchmal auch Chancen.
Linz ist gerade dabei, den bislang letzten Imagewechsel abzuschließen und sich im internationalen Standortwettbewerb nach der Provinz-, Führer- und Industriestadt nun als Kulturstadt zu positionieren. Ein Vorzeigeprojekt wie das neue Zentrum passt gut ins Konzept einer weltoffenen, toleranten und bunten Gemeinde und mit Ausnahme der (blauen) Freiheitlichen tragen alle Parteien die Idee grundsätzlich mit. Die HOSI nimmt die Rolle als »Aushängeschild« an und unterstreicht in einer Presseaussendung, dass sich Linz »zu Recht als lesben- und schwulenfreundlichste Stadt Österreichs« bezeichnen kann. Abseits des politischen Kalküls ist der Spatenstich aber zweifellos auch längst überfällige Anerkennung für die jahrzehntelange ehrenamtliche Tätigkeit des Vereins.
Seit 1982 gibt es die drittälteste Lesben- und Schwulenorganisation Österreichs bereits, von den Anfängen im Wohnzimmer eines Mitstreiters und ersten halböffentlichen Treffen in Gasthäusern bis zum aktuellen Hausbau war es ein langer Weg. Hauptziel ist die volle gesellschaftliche Anerkennung und rechtliche Gleichstellung homosexueller Menschen, die Wege dahin sind vielfältig und reichen von aktionistischen Interventionsformen bis zu klassischer Interessensvertretung. In all den Jahren war die HOSI oft die einzige Anlaufstelle für ratsuchende Menschen, MitarbeiterInnen besuchen Schulen und Jugendzentren, organisierten Workshops, Seminare und Konferenzen. Seit 1984 gibt es im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen einen Gedenkstein für die homosexuellen Opfer des NS-Regimes, der von der HOSI Linz betreut wird. Mit der 1991 gegründeten Zeitschrift »Pride« verfügt der Verein außerdem über ein auflagenstarkes Informations- und Diskussionsorgan, das auch die ländlichen Regionen Oberösterreichs, Teile der Steiermark und Tirols erreicht.
Das neue Zentrum Ecke Fabrikstraße/Kaisergasse symbolisiert nicht nur den gestiegenen Stellenwert lesbisch-schwulen (Kultur)Lebens für Linz, es ermöglicht dem Verein auch einen großen Schritt in Richtung Zukunft, indem Strukturen und Angebote einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden können. Für HOSI- Geschäftsführer Tiberius Binder ist der Weg »ein komplett neuer, wir gehen quasi von einem privaten Verein, der für die Belange von Lesben/Schwulen/Transgender- Personen einsteht, in Richtung Öffentlichkeit. Wir sind dann wirklich präsent in einem neuen Haus.«
Neben adäquaten Büro- und Besprechungsräumen wird das Gebäude auch eine öffentlich zugängliche Bibliothek und eine Mediathek beherbergen. Das umfangreiche Beratungsangebot wird professionalisiert und weiter ausgebaut, im obersten Stockwerk vier Wohneinheiten – nach Wunsch des Vereins für lesbische und schwule SeniorInnen – geschaffen. Ein Tagescafé bietet künftig die Möglichkeit für Frühstück oder Mittag-essen und soll gerade auch heterosexuelle Menschen ansprechen. Kulturprogramm wird ein zentraler Aspekt des neuen Hauses sein. Ein eigener möglichst schalldichter Veranstaltungssaal, sowie ein Versammlungsraum, der auch als Kleinkunstbühne dienen kann, beenden die lange Zeit des Ausweichens und Einmietens in Gasthäusern oder befreundeten Kultureinrichtungen. Durch verstärkte Veranstaltungstätigkeit soll das HOSI-Zentrum ein »kultureller Motor in der Community, aber auch der Stadt werden«, lesbischschwulen Menschen die Möglichkeit bieten, am Kulturhauptstadtjahr teilzunehmen und »kulturelle und gesellschaftspolitische Impulse zu setzen.«
Da sich die Großzügigkeit von Stadt und Land auf das »nackte« Haus beschränkt, ist der Verein auf der Suche nach SponsorInnen und Spenden, um die Einrichtung finanzieren zu können. Eine Baustein-Aktion soll die nötigen Mittel einbringen. Wer die HOSI dabei unterstützen will, findet nähere Infos unter www.hosilinz.at/hosizentrum/index.html. Auf das Eröffnungsfest darf sich Linz schon jetzt freuen.