Mehr Demokratiepolitik wünscht sich der Grüne Kultursprecher Gunther Trübswasser von der KUPF. Ein Gespräch mit der KUPF, zusammengefasst von Stefan Haslinger.
In der letzten Ausgabe der KUPFzeitung wurde nicht mit Kritik am Politikverständnis der OÖ Grünen gespart. Anlass genug für die KUPF, mit Gunther Trübswasser, Kultursprecher der Grünen, über Möglichkeiten der Einflussnahme und die Probleme der Sichtbarkeit von Erfolgen ein Gespräch zu führen.
Andi Liebl (KUPF): Vor den Wahlen 2003 haben sich die Grünen mit einem 10 Punkte Programm kulturpolitisch positioniert. Jetzt scheint es, dass kulturpolitische Themen im Vergleich zu anderen Politikbereichen weniger wichtig sind.
Gunther Trübswasser: Kulturpolitik ist für die Grünen sehr wichtig, allerdings sind die Kompetenzen in der Kulturpolitik stark auf die Exekutive, also die Landesregierung zugeschnitten, und weniger auf den Landtag. Seit 2003 gibt es zwar einen Kulturausschuss im Landtag, aber um diesen emanzipieren zu können, muss es auch Handlungsmöglichkeiten geben.
Andrea Mayer-Edoloeyi (KUPF): Dadurch, dass die Grünen seit 2003 keine Oppositionspartei mehr sind, müsste eine grüne Handschrift in allen Politikbereichen zu sehen sein. Unser Eindruck ist, dass im Kulturbereich Projekte umgesetzt wurden, die die ÖVP sowieso umgesetzt hätte, wie Musiktheater oder Kulturhauptstadt, sich im Bereich initiativer Kulturarbeit essentiell aber nichts verändert hat.
G.T.: Es ist gelungen, die Absicherung der freien Radios zumindest für die nächsten 3 Jahre absolut zu sichern. Das Budget für die initiative Kulturarbeit wurde um grob geschätzt 50% erhöht. Jetzt alles auf das Musiktheater zu reduzieren, geht nicht. Es entsteht ja nicht nur das Musiktheater, es entstehen ja rund um und in Linz einige kulturelle Großprojekte. Die spannende Frage wird sein, wie sich in der Stadt Linz und im Land OÖ die Kulturförderungen neu verteilen lassen.
A.L.:Gibt es beim Kulturausschuss Themen, die vorangebracht wurden, oder ist es so, dass der Kulturausschuss noch immer kein echter Kulturausschuss ist?
G.T.: Es ist schon ein echter Kulturausschuss. Aber bei der Kulturpolitik geht es stark um den Verteilungskampf, darum, wie die Mittel verteilt werden. Das ist aber keine Aufgabe des Kulturausschusses. Grundsätzliche Dinge, wie die Gendergerechtigkeit im Landeskulturbeirat zum Beispiel, werden sehr wohl im Kulturausschuss besprochen. Auf Kultur trifft man in vielen Lebensbereichen. Ich kann nicht sagen, Kultur mach ich von 9-10, sondern Kulturpolitik ist 24 Stunden präsent. Die Tatsache, dass es einen eigenen Kulturausschuss gibt, mit PolitikerInnen, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen, ist ein Beginn, nur die Frage ist, wie können sich die Mitglieder des Kulturausschusses auch ein Stück Einfluss und Macht und Gestaltungskraft aneignen.
A.M-E.: Ein grundsätzliches Thema beim Kulturausschuss ist, dass die Sitzungen nicht öffentlich sind. Wenn man Reformen andenkt, müssen auch Fragen von Transparenz mitgedacht werden. Auf der allgemeinen, grundsätzlichen Ebene geht auch etwas weiter. Wenn man den Entwurf zum Kulturleitbild her nimmt, sieht man, dass auch dem initiativen Bereich viel Wertschätzung entgegengebracht wird. Die Frage, die sich dabei stellt, ist, wie weit diese Dinge auch konkret werden. Wie laufen Förderverfahren ab? Warum gibt es keine Begründung von Absagen? Das sind Fragen von Verfahrensstandards. In diesem Bereich, der für die Betroffenen sehr wichtig ist, verändert sich nichts. Als KUPF hätten wir konkrete Schritte in diese Richtung erwartet. Passiert ist leider wenig.
G.T.: Die derzeitige Geschäftsordnung des Landtags sieht vor, dass die Ausschusssitzungen nicht öffentlich sind. Zum Anderen: Eine Objektivierung der Förderpolitik im Sinne von Gerechtigkeit ist aus meiner Sicht eine Illusion. Gerechtigkeit stellt sich, aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, immer anders dar. Dass es eine Begründung für eine Zu- oder Absage geben muss, kann ich nachvollziehen. Ich spiel den Ball jetzt zurück. Der Landeskulturbeirat hat meiner Meinung nach in seinen Stellungnahmen zum Kulturleitbild viel zu sehr Interessenpolitik gemacht. Keiner der sechs Fachbeiräte hat sich Gedanken über allgemeine kulturpolitische Fragen gemacht. Das wäre auch mein Anliegen in Richtung KUPF, weniger Interessenpolitik, mehr Demokratiepolitik, mehr allgemeine Kulturpolitik. Ich wünsche mir, dass wir Kulturpolitik ein Stück weg bringen vom Verteilungskampf und uns Fragen, wie der Reform des Kulturfördergesetzes zuwenden.
A.M-E.: Gibt es eine Zeitperspektive für diese Reform? Das Kulturleitbild dauert noch ca. ein Jahr bis es fertig ist, und ein Gesetz braucht ja auch eine gewisse Zeit, bis es wird. Das heißt, wird landen schon 2009 und in einer neuen Legislaturperiode.
G.T: Wir machen hier Politik Step by Step. In der Kulturpolitik haben wir nicht die Regierungsverantwortung so wie in der Umweltpolitik. Vieles ist nur über Vereinbarungen mit dem Kulturreferenten möglich, da muss man in längerfristigen Perspektiven denken. In der OÖ Landesregierung ist es Realität, dass Revolutionen meistens ausbleiben, dort geht man eher einen evolutionären Weg.
A.L.: 4 Jahre Regierungsbeteiligung der Grünen. Hat sich das kulturpolitische Profil der Grünen verändert?
A.M-E.: In der Kulturpolitik ist nach wie vor die Dominanz der ÖVP spürbar. Sperrige Themen wie Transparenz, Verfahrensstandards wären wichtige Themen, die aber einer breiten Öffentlichkeit schwer kommunizierbar sind. Auch die Grünen scheinen sich stärker auf Themen zu konzentrieren, die leichter öffentlich kommunizierbar sind, vielleicht auch mit einem Blick auf 2009. Die schwierigeren Themen gehen in diesem Prozess verloren, ein Prozess, der für mich mit der Regierungsbeteiligung zusammenhängt.
G.T.: Die Kulturpolitik wird von Hypes dominiert, das kann man beklagen, aber es ist einmal so. Eine Landesausstellung, ein großes bauliches Projekt, das Musikschulwerk, das sind sichtbare Ereignisse, die in der Kulturauslage stehen. Aber wo kommen hier die Grünen vor? Ich sehe es als eine der wichtigsten Aufgaben, sich um die kleinen Initiativen kümmern. Ich denke, das ist den Grünen in den vergangenen 4 Jahren ganz gut gelungen. Aber es will gelernt sein, wie man in diesem routinierten Kulturbetrieb als Stachel sichtbar wird. Kultur ist ein Teil Widerspruch, ein Teil Gegenöffentlichkeit, ist Minderheitenprogramm. Die Frage ist, wie man wahrgenommen wird. Die Grünen müssen die Sachen, die sie unterstützen, das, was sie durchsetzen, gerade im initiativen Bereich noch sichtbarer machen. Meine Aufgabe liegt weniger darin, die Musikschulen zu unterstützen, sondern weniger beachtete Projekte zu stärken.
A.L.: Wie schaut es bei den Grünen mit widerspenstigen Kräften, die die Politik erneuern aus? Kräften, die neue Akzente in der Kulturpolitik setzen.
G.T: Wir haben eine ganze Reihe von Kulturinitiativen in OÖ, die mit den Jahren in die Jahre kommen. Auch die KUPF, wir alle müssen an der eigenen Erneuerung arbeiten. Die Hauptaufgabe der nächsten Jahre wird sein, zu sagen, welchen Weg die Kulturpolitik einschlagen wird. Wie können Erneuerungen zugelassen werden, die nur dann möglich sind, wenn klar ist, wo künftig Schwerpunkte gesetzt werden. Wenn ich etwas fördere, muss ich eine Entscheidung für etwas treffen, und das ist immer auch eine Entscheidung gegen etwas. Ich werde mich künftig entscheiden müssen, welche Kulturstätten ich brauche, welche Initiativen ich künftig fördern will. Die Politik muss klar sagen, wo Schwerpunkte gesetzt werden. Diese Ziele würde ich gerne gemeinschaftlich diskutieren, und auch die Verantwortung dafür übernehmen wollen.
Stefan Haslinger ist Geschäftsführer der KUPF – Kulturplattform OÖ und im Vorstand der IG Kultur Österreich.