Ich möchte Teil einer Jugendbewegung sein

Klemens Pilsl stieß auf einen historischen Irrtum seitens der SPÖ und trinkt Bier in der KAPU

 

Einer der herausragendsten Linzer Kulturvereine ist zweifelsohne die KAPU. Aus einer internationalen Perspektive ebenso wie aus einer regionalen und lokalen Perspektive. Herausragend was das hohe Niveau und die Aktualität der Veranstaltungen angeht, herausragend bezüglich der Funktion als freier, offener und interaktiver Kulturraum. Und all das soll jetzt vor die Hunde gehen, weil sich ein paar Politiker nicht mehr an die Versprechungen vergangener Jahre erinnern wollen und lieber der guten alten Parteipolitik frönen.

Seit vielen Jahren gilt die KAPU als die Linzer Veranstaltungslocation schlechthin, wenn es um innovative, zeitgenössische oder radikale Musik geht. Rock, Punk, HipHop, Reggae,… treffen sich in seltener Harmonie im Hause KAPU. Kaum eine unkommerzielle oberösterreichische Location verfügt international über einen derart (beinahe übertrieben) guten Ruf. Regionale und überregionale Größen wie die Attwenger, Seven Sioux oder Texta entstanden im fruchtbaren Dung des KAPU-Umfeldes. Das Festhalten an diy-Prinzipien und der Wille, sich selbst immer wieder neu zu definieren, machen das Haus KAPU zu einem Stück Linz. Der kulturelle Freiraum, den die KAPU bildet, ist ganz klar urbane Lebensqualität jenseits des Primats des Marktes und, manchmal scheint es mir so, eigentlich ein Klumpen Gold in einem Haufen Scheiße.

Seit 10 Jahren wurden die ohnehin mickrigen Jahresförderungen der KAPU seitens Stadt und Land nicht mehr erhöht. Das ist für einen Verein dieser Größenordnung schon mal ziemlich ungewöhnlich (verdächtig ungewöhnlich?). Noch ungewöhnlicher ist das, wenn man weiß, dass die KAPU seit 2001 ein ganzes Haus verwaltet. 2001 versprachen die Zuständigen und Verantwortlichen der Stadt und des Landes (noch im Rausch der Begeisterung über das Konzept ?KAPUneu?), den in Folge logischerweise enorm gestiegenen Finanzbedarf des Hauses durch jährliche zusätzliche Förderungen zu decken.

Nicht erst seit 2001 erweitert die KAPU ihr Programm in qualitativer und quantitativer Weise. Zu den früher beinahe ausschließlich musikalischen Veranstaltungen gesellen sich jetzt etwa Kinovorführungen (z.B. Mitarbeit beim crossing europe filmfestival), Lesungen und Ausstellungen. Die 2001 versprochenen Zusatzmittel vermögen nicht einmal die Mehrkosten der Übernahme eines ganzen Hauses decken, für zusätzliche Programmförderung bleibt da kein Cent. Von 2001 bis 2003 kam die KAPU mehr schlecht als recht über die Runden. Das heißt, dass die zwei fixen Angestellten für 650 Euro im Monat mindestens 50 Wochenstunden abarbeiten müssen und der Betrieb im ganzen Haus nur durch die beträchtliche Selbstausbeutung zahlreicher AktivistInnen am Laufen bleibt.

Heuer, 2004, hat sich die Situation überraschend verändert: Die 2001 versprochenen zusätzlichen Fördermittel wurden nicht ausbezahlt. Sowohl Land als auch Stadt drücken sich plötzlich einmütig um ihre Verantwortung gegenüber der jungen Kultur und Freien Szene, und der überaus erfolgreiche Kulturverein steuert plötzlich unvermittelt auf sein Aus zu. Ohne rationale Begründung scheint es seitens der politisch Verantwortlichen kein Interesse mehr zu geben, die kritische, lebendige, kunterbunte und auf die ganze Region ausstrahlende KAPU am Leben zu erhalten. Die Stadt Linz stellt sich momentan taub. Teilweise. Das Stadtoberhaupt vermag zwar kurzfristig zu intervenieren, sieht die langfristigen Anliegen der KAPU jedoch nicht in seinem Verantwortungsbereich. Der eigentlich Zuständige, der Kulturreferent der Stadt Linz, ist zwar über die prekäre Situation der KAPU informiert, ist aber bis jetzt trotz mehrmaliger Anfrage zu keinem Gesprächstermin (und damit zu einer gemeinsamen Suche nach einer dauerhaften Lösung) bereit. Über die Motive kann nur spekuliert werden…

Das Land OÖ hingegen argumentiert offen parteipolitisch: Die KAPU musste erstaunt und peinlich berührt zur Kenntnis nehmen, dass sie dort als SP-naher Verein geführt wird (wohl ein gewachsener historischer Irrtum aus vergangenen Zeiten, als sich KAPU und Jusos ein Haus teilten) und keinen Anspruch auf Unterstützung aus dem ?bisher zuständigen? Kulturressort habe. Sehr unangenehm, schließlich begreift die KAPU sich als politisch 100% unabhängig und keinesfalls irgendwie parteinahe. Und jetzt wird der Kampf ums Überleben durch den Umstand, dass der Verein ohne sein Wissen zwischen die parteipolitischen Fronten des rot-schwarzen Hick-Hacks geraten ist, erschwert, wenn nicht verunmöglicht.

Die KAPU selbst besitzt kein Einsparungspotential: die ohnehin superschlanken Strukturen fressen beinahe die ganze Programmförderung und sind am absoluten Limit. Da geht nichts mehr. Die (extrem erfolgreichen!) Veranstaltungen einzuschränken macht keinen Sinn, denn die funktionieren ja bestens und definieren die KAPU als dass, was es ist – ein Kulturraum für Menschen aus unterschiedlichsten Szenen und Subkulturen mit unterschiedlichsten kulturellen Zugängen. Die Verantwortlichkeit liegt also eindeutig und unabschiebbar auf den Schultern der zuständigen Politiker bei Stadt und Land. Und die Gehirne von Politikern erreicht man bekanntlich auf zwei Arten: entweder über ihren Hintern, durch den man auf diversen Empfängen, Vernissagen und Eröffnungen kriechen kann, um sich Wohlwollen und Förderungen auszumauscheln, oder doch mit einer gewissen Haltung: durch politische (Streit-)Gespräche und zähe Verhandlungen, aber auch Mobilisierung des öffentlichen und medialen Raums unter Ausschöpfung aller Ressourcen. Die KAPU versucht (selbstverständlich) zweiteres. Und verdient dabei jede Unterstützung die sie kriegen kann.

Sonst bleibt nämlich nur eines übrig: ein weiterer kritischer Verein in Österreich, der abgewürgt und zu Tode gespart wurde.

Klemens Pilsl